Mittwoch, 27. Dezember 2017

Kaum Verbesserungen für die Mütter von Sternenkindern - wo das neue Mutterschutzgesetz (seit dem 1. 1. 2018 gültig) noch Lücken aufweist - Anerkennung für die Trauer und Hilfe für Mütter in einer schwierigen Situation

Osnabrück - Am 1. 1. 2018 ist ein neues Mutterschutzgesetz in Kraft getreten. Und obwohl es in dieser neuen Fassung - die in Teilen bereits im Mai 2017 gültig geworden ist - durchaus Verbesserungen für den Kündigungsschutz gibt, haben die Mütter von Sternenkinder noch immer nicht das bekommen, was sie sich erhofft haben: Wer ein totes Kind auf die Welt bringen muss, hat nach wie vor keinen Anspruch auf Mutterschutz. Darin sehen viele Aktive wie z. B. die "Initiative Regenbogen" eine Ungerechtigkeit.

"Vollkommen unverständlich" - "Man kann doch nicht so tun, als wenn nichts passiert wäre" - So lauteten Kommentare, die Facebook-Nutzerinnen unter einen entsprechenden Artikel der Neuen OZ stellte (Siehe hier: "Kein Mutterschutz bei Sternenkindern"). Denn bereits im Dezember hatte ich dort einen Artikel über dieses Thema veröffentlicht - passend zum dann stattfindenden "World Wide Candlelighting", dem Gedenktag für gestorbene Kinder. Der Text hatte vielerlei Reaktionen hervorgerufen. "Gleich wieder arbeiten müssen, das ist wirklich hart", schrieb beispielsweise ein Twitter-User als Kommentar. Er war nicht der Einzige.



Wer sein Kind verloren hat, möchte gerne angemessen trauern dürfen.    (Pixabay.de-Symbolfoto/CC-0-Lizenz)

Denn auch viele andere, vor allem die sich als Mütter von Sternenkinder zeigenden Kommentiererinnen, waren der Meinung, dass das Gesetz an dieser Stelle eine eklatante Schwachstelle aufweist. Denn wer sich statt des Mutterschutzes - und psychologisch gesehen sicher vollkommen berechtigt - krankschreiben lässt, der läuft Gefahr, bei seinem Arbeitgeber und auch sonst merkwürdig angesehen zu werden. Sich krankschreiben lassen ob einer seelischen Verletzung - und nichts anderes ist ein solcher harter Einschnitt des Lebens -, das hat in Deutschland 2018 immer noch ein "Geschmäckle". Ein weiterer Aspekt, der mich in meiner Recherche zu dem Thema beschäftigt hat, war die Frage nach der Nachsorge der Mütter. 


Rückbildungskurse & Spezial-Hebammen für Sternenkindmamas?


Thema Rückbildungskurse - gibt es welche, die speziell für Sternenkindmütter funktionieren? Müsste es doch eigentlich geben, oder? Denn wer ein Kind zur Welt gebracht hat, egal, ob lebend oder leider gestorben, der sollte natürlich die üblichen Maßnahmen ergreifen können, um seinen Körper wieder in einen guten Zustand bringen zu können. Allerdings dürfte ein normaler Rückbildungskurs voller frischer Mamis mit lebenden Kindern daheim und all den Themen, die dann eine Rolle spielen, für Sternenkind-Mamas eine zusätzliche - seelische - Qual darstellen. Wie Melanie Trimborn von der Initiative Regenbogen mir sagte, gibt es zwar entsprechende Kurse, aber "leider nur sehr vereinzelt". Und sie bekräftigte meine Vermutung: "In der Phase der tiefen Trauer um das eigene Baby ist es allerdings so, dass viele Frauen sich gar nicht vorstellen können, in einen Rückbildungskurs mit lauter glücklichen Müttern oder gar mit Müttern mit Babys zu gehen."



Die Eltern hatten es gefordert, der Bundestag hatte abgelehnt


Tatsächlich hatte es übrigens bereits 2014 einen Versuch zu geben, durch eine Online-Petition den Mutterschutz auch für Sternenkindmamas durchzusetzen. Diese Petition war dann immerhin auch im Petitionsausschuss des deutschen Bundestags beraten worden. "Leider war die Petition nicht erfolgreich", sagt dazu Anika Müller von der Initiative Regenbogen, "interessant ist aber trotzdem der Beschluss des Petitionsausschusses dazu, der einige wichtige Aspekte beleuchtet, z. B. die Voraussetzung für die Mutterschutzfristen; in dem Zusammenhang hat der Begriff ,Entbindung' eine zentrale Bedeutung." Ob es ggf. noch einmal zu einer weiteren Petition kommen wird, schließt Anika Müller aber nicht aus: "Die Initaitive Regenbogen sammelt Berichte zum Thema Mutterschutz, um die Ungerechtigkeiten aufzeigen zu können", sagt sie. "Ob wir daraus eine Petition machen, wissen wir noch nicht. Die juristische Fragestellung ist nach meiner Meinung nicht so einfach zu beantworten, man müsste sich dafür nochmal genau die Hintergründe des Mutterschutzgesetzes ansehen."

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Was einem helfen kann - Fotoaktion: Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt

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Und im Kultur-Blog des Autors: Wie man als Autor vom Schreiben leben kann - Tipps für Hobbyautoren von einem echten Profi (und ein Plädoyer fürs Selfpublishing)

Männertrauergruppe in der Region Osnabrück mit neuem Fokus: Für verwaiste Väter - Offene und überkonfessionelle Gruppe, geeignet für Männer aus Stadt und Landkreis Osnabrück - alle Termine 2018 im Überblick

Osnabrück - Die Männertrauergruppe für die Region Osnabrück hat sich einen neuen Fokus gegeben: Sie ist jetzt für alle verwaisten Väter offen. Eine relativ neue und offene Trauergruppe nur für Männer, bei der ein Einstieg jederzeit möglich ist und die sich an Männer aus der ganzen Region und Stadt Osnabrück richtet.  

Immer am zweiten Mittwoch des Monats trifft sich um 19.30 Uhr diese neue Trauergruppe, überkonfessionell ausgerichtet und für Interessierte aus der gesamten Region Osnabrück offen ist. - „Männer trauern anders“ – lautet die eine Erfahrung.... „Der Tod kennt kein Alter“  ist die andere Erkenntnis... ---   beidem wollen die die Gruppe leitenden Trauerbegleiter versuchen, gerecht zu werden in einer Trauergruppe, die nur für Männer - und zwar Männer jeden Alters – angeboten wird. Die Gruppe wird als offenes Angebot geführt, ein Einstieg ist jederzeit möglich. Geleitet wird die Gruppe von Thomas Achenbach, zertifiziertem Trauerbegleiter nach den Standards des Bundesverbands Trauerbegleitung (BvT) und der Wallenhorster Pastoralreferentin Regina Holzinger-Püschel (Zertifikate der Internationalen Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand, ISGL, und der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie, GwG). 


Der Weg, den Männer in ihrer ganz eigenen Trauer vor sich haben, kann steinig sein.   (T.Achenbach-Symbolfoto) 

Die Gruppe trifft sich im Pfarrheim der Kirchengemeinde St. Alexander, Wallenhorst, Kirchplatz 7. Anmeldungen und Infos unter Tel. 0 15 75/3 73 65 18  oder holzinger-pueschel@pg-wallenhorst.de. Die weiteren Termine im Jahr 2018 sind Mittwoch, 13. Juni; Mittwoch, 11, Juli; Mittwoch, 8. August; Mittwoch, 12. September; Mittwoch, 10. Oktober; Mittwoch, 14. November; Mittwoch, 12. Dezember.


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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

Ebenfalls auf diesem Blog: Vorgestellt - drei neue Bücher rund um Trauer und Verlust: Wenn die Eltern sterben, wenn Du Dir mit Schreiben hilfst, wenn Kollegen trauern

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Und im Kultur-Blog des Autors: Warum die "Live-im-Kino"-Ereignisse ein großer Wachstumsmarkt, was die Branche noch Spannendes plant und warum sie medial gesehen zwischen allen Stühlen sitzt - ein Interview rund um Rock'n'Roll & Oper im Kino

Dienstag, 5. Dezember 2017

Komm, wir podcasten und reden einfach über den Tod - so funktioniert das neue Podcast-Projekt "Endlich" - und wer dahintersteckt und warum eigentlich

Berlin/Osnabrück - Trauer wird jetzt auch hörbar. Das Trauerradio ist bereits gestartet, dazu bald mehr hier. Und den "Endlich"-Podcast gibt es jetzt monatlich - dahinter stecken Susann Brückner und Caroline Kraft, die ab jetzt immer monatlich eine Sendung online stellen. Darin geht es immer eine knappe Stunde über den Tod und alles ihm Verwandte, Trauer, Sterben, you name it. In der zweiten Hälfte der Sendung immer mit einem Gast. Ihr Credo: Es hilft viel über das Thema zu sprechen und das muss mehr getan werden, auch in der Öffentlichkeit. Aber wie funktioniert das Ganze? Und wie wird es weitergehen, was ist alles noch geplant? Wo gibt es den Podcast? Und wer sind die Macherinnen eigentlich? Fragen über Fragen... 

Am besten stellen wir sie einem Menschen, der sie am besten beantworten können: Carolin von Endlich. In einem E-Mail-Interview habe ich all die Fragen loswerden können, die mich beschäftigt haben. Und ich habe viele spannende Antworten und wertvolle Zeilen von ihr zurückerhalten, die ich sehr gerne hier teilen möchte. 


Was noch vor wenigen Jahren nur per Cassette möglich war, ist heute durch Internet und I-Pods zum einfach verfügbaren Medium geworden: Eigene Sendungen verbreiten. So wie es "die Endlichs" tun...  (Thomas-Achenbach-Foto)

Caro, Ihr sagt, dass ebenfalls die ermutigende Erfahrung gemacht habt, dass das Reden über Trauer und Tod und Sterben etwas durchaus Gutes sein kann - wobei auch Euer Weg mit Schicksalsschlägen begonnen hat. Mögt Ihr ein wenig darüber erzählen? 

Caroline: Wir haben beide Menschen durch Suizid verloren. Susann hat diese Erfahrung gleich zweimal gemacht, und zwar im Abstand von fast 20 Jahren, einmal mit 19 und dann nochmal vor anderthalb Jahren. Bei mir ist es knapp drei Jahre her - wir arbeiteten zu der Zeit in derselben Firma und Susann war eine der ersten Personen, die sich bei mir meldeten. Ich weiß noch genau, was in der Email stand: „Ich habe ähnliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht wie Du. Wenn Du mit jemandem darüber reden möchtest, die dich nicht betroffen anschaut, sag mir Bescheid.“ Ich fand das so toll: offen und mutig und ganz anders als bei vielen Leuten, die einfach total überfordert waren von der Situation. Wir haben dann angefangen, genau das zu tun: uns abends zum Bier zu treffen und über unsere Erfahrungen zu sprechen. Für mich war das wahnsinnig wichtig. Und wir haben gemerkt, dass das Thema Tod und Trauer fast unerschöpflich ist - und spannend, nicht nur auf einer persönlichen Ebene. Wir glauben, dass es einen anderen gesellschaftlichen Umgang damit braucht und würden uns mehr Unerschrockenheit und mehr Neugier wünschen. Aber das ist eben nur möglich, wenn man sich selbst schon mal mit dem Thema beschäftigt hat.

Nun also ein Podcast über Tod, Trauer und Sterben. Und immer mit Gästen. Wieso habt Ihr Euch für das Format Podcast entschieden? Kommt Ihr aus der Radiobranche?

Caroline: Nein, aber wir kommen aus der Kultur- und Medienbranche. Wir haben uns in einem Verlag kennengelernt. Susann arbeitet dort immer noch, ich habe mich mittlerweile selbständig gemacht. Susann ist ein riesiger Podcast-Fan und wollte das gerne immer mal selbst ausprobieren. Ich komme eher aus der schreibenden Richtung. Der Gedanke war aber naheliegend, irgendwann dachten wir abends beim Bier: Eigentlich müsste man nur ein Mikro neben uns aufstellen, dann hätten wir fast schon einen Podcast. Wir wollen aber vor allem auch mit anderen darüber sprechen, und finden es wahnsinnig spannend, Gäste einzuladen und ihre Meinung zu dem Thema zu hören.

Wie kommt Ihr denn an Eure Gäste ran? Und habt Ihr keine Angst, dass Euch nach zwei Jahren Gäste und Ideen ausgehen könnten?

Caroline: Im Moment vor allem durch ein großes Netzwerk aus Freunden, Kollegen und Menschen, mit denen wir auf die ein oder andere Art mal zusammengearbeitet haben. Da hilft uns unser Job natürlich auch. Außerdem mache ich gerade eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin, wo mir viele interessante Menschen aus dem Umfeld der Hospizbewegung begegnen. Seit wir von dem Podcast erzählen, melden sich auch viele Leute bei uns. Da kommt so eine tolle Bandbreite zustande: Menschen, die selbst mit dem Thema konfrontiert waren, wie z.B. die Autorin und Radiomoderatorin Lea Streisand, die wir als ersten Gast eingeladen haben. Lea ist mit 30 an Krebs erkrankt und dem Tod sehr nahe gekommen. Oder Gäste, die irgendwie professionell mit dem Tod arbeiten - von der Bestatterin bis zum Ethnologen, der über den Umgang mit dem Tod in anderen Kulturen forscht. Kurz gesagt: Nein, wir haben im Gegenteil das Gefühl, wir könnten jede Woche eine Sendung machen, ohne dass es langweilig würde. 

Was wäre Eure Wunschvorstellung, was Euren Podcast angeht?

Caroline: Wir würden uns wünschen, dass wir einigen Leuten einen Anstoß geben, mal über den Tod nachzudenken. Wir haben ja gerade unsere erste Sendung veröffentlicht, und wir kriegen viele Rückmeldungen von Hörern, die sagen, dass das, worüber wir sprechen, sie berührt und zum Nachdenken anregt. Das ist genau das, was wir mit dem Podcast erreichen wollen: Wir wollen zeigen, dass die Beschäftigung mit dem Tod gut und spannend sein kann und nicht zwangsläufig schwer oder traurig sein muss. Außerdem geht es uns in erster Linie nicht darum, Antworten zu geben, sondern Fragen zu stellen. Wir verstehen unseren Podcast als eine Art Spurensuche zu einem Thema, zu dem jeder seine eigenen Antworten finden muss.

Wieso eigentlich endlich.cc ? Wie kommt es zu diesem cc - und wie macht man das, sich so eine Internetadresse anlegen zu können? Ich hatte ja beinahe erst vermutet, ihr würdet in Tschechien leben... Aber ihr lebt in Berlin, oder?


"Endlich" ist endlich online: Susann Brückner (links) und Caroline Kraft freuen sich über ihr Podcastprojekt.   (John-Facenfield-Foto, mit freundlicher Genehmigung)

Caroline: Unser Name - endlich - ist eigentlich ein Wortspiel. Endlich: Wie das Leben. Endlich. Aber auch: Wir sollten endlich mehr über den Tod reden. Und natürlich auch: Endlich gibt es unseren Podcast! :-) Unsere Domain-Endung .cc ist aus relativ praktischen Überlegungen entstanden - wir wollten eine kurze Adresse mit unserem Haupttitel, und endlich.de oder endlich.com waren bereits vergeben. Es gibt mittlerweile sehr viele unterschiedliche Endungen, die man ganz normal bei den üblichen Anbietern von Domains kaufen kann - .cc ist uns schon häufiger begegnet, weil es mittlerweile einige Startups gibt, die Ihre Website so enden lassen. Und es gefällt uns gut, weil es so schlicht und knackig ist. Und, ja, wir leben in Berlin. 

Wird das Angebot kostenlos sein oder wollt ihr es irgendwann, wie man heute im Wirtschaftsdeutsch so hübsch sagt, "monetarisieren"?

Caroline: Das Angebot ist kostenlos und das ist uns wichtig. Wir wollen die Schwelle zur Beschäftigung mit unserem Thema ja so klein wie möglich halten und auch denjenigen die Möglichkeit geben, die einfach nur mal neugierig sind und nicht so richtig wissen, ob der Tod das richtige Gesprächsthema für sie ist. Wir haben außerdem beide „richtige“ Jobs und machen "Endlich" als Hobby. Das ist toll, weil es uns eine riesige Freiheit gibt - diese Freiheit wollen wir auch unbedingt beibehalten.

Ja, das kann ich nachvollziehen... So geht es mir auf diesem Blog hier auch. Okay, nochmal eine technische Anleitung für Dummies: Wie kann ich einen Podcast anhören, selbst wenn ich heute zum ersten Mal davon lese, dass es sowas gibt?

Caroline: Du gehst auf unsere Seite, www.endlich.cc. Dort kannst Du den Podcast online anhören oder für später runterladen. Außerdem ist er bei iTunes und den gängigen Podcast-Plattformen verfügbar - dort kann man endlich. auch abonnieren. Dann werden Dir automatisch neue Folgen angezeigt und Du kannst sie jederzeit hören - online oder offline... 

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Männertrauergruppe in der Region Osnabrück: Offene Gruppe, Einstieg jederzeit möglich - alle Infos über die Gruppe gibt es hier

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Und NEU auf diesem Blog: Mehr als Spendenübergaben - Praxis.Tipps für eine gelingende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Hospiz-, Trauer & Palliativinitiativen

Und im Kultur-Blog des Autors: Wie man als Autor vom Schreiben leben kann - Tipps für Hobbyautoren von einem echten Profi (und ein Plädoyer fürs Selfpublishing)

Was kann ich Eltern sagen, die ein Sternenkind zur Welt bringen mussten? - Tipps zum Umgang mit Eltern nach der Geburt eines toten Kindes ("stille Geburt") - Und: Warum trauernde Eltern sich oft nicht zu trauern trauern

Osnabrück - Es ist eine sehr berührende Aktion, aber sie macht auch eindrucksvoll deutlich, was Menschen in Trauerkrisen so durchmachen müssen: Mitten im Dezember leuchtet ein Licht für all die Kinder, die zu früh von dieser Welt gehen mussten bzw. als totes Baby, also als Sternenkind, auf die Welt kamen. Für alle Eltern, die ein Kind auf diese Weise verlieren mussten, gibt es immer am 2. Sonntag im Dezember das "World Wide Candle Lighting". Leider ist der Verlust eines Babys vor oder während der Geburt immer noch eine der größten Formen von nicht anerkannter Trauer - "Du kannst ja noch so viele Kinder haben", bekommen die Eltern oft zu hören. Das ist ein Schlag in die Magengrube. Dass die eigene Trauer nicht gesehen oder nicht wahrgenommen wird, tut besonders weh. Aber was ist hilfreich? Was kann man Eltern sagen, die ein Sternenkind auf die Welt bringen mussten?

Wie die dpa (Deutsche Presse-Agentur) im Februar 2016 schrieb, gibt es Schätzungen zufolge bundesweit jährlich zwischen 100 000 und 200 000 Fehlgeburten. Aber noch viel wichtiger „Anders als bei Totgeburten – das sind Föten über 500 Gramm – besteht keine Meldepflicht. Die Anzahl der Kinder, die mit weniger als 500 Gramm lebend zur Welt kommen und dann sterben, ist nicht bekannt“, so schrieb es die dpa weiter. Tatsächlich gibt es eine große Dunkelziffer, weil sich Eltern von Sternenkindern auch selten in die Öffentlichkeit trauen. Was schade ist, denn ihr Leid ist oft groß. Was also kann helfen im Umgang mit Eltern, die ein Kind noch im Mutterbauch verlieren müssen? Oder während der Geburt - oder kurz danach? Denn all diese Dinge kommen vor... 


Das Schlimmste, was werdenden Eltern geschehen kann.... (Thomas-Achenbach-Foto)

Wichtig ist vor allem, sich zu verinnerlichen: Jedes gestorbene Kind, egal in welcher Phase, ist eine emotionale Katastrophe für die Eltern. Es ist dabei ganz egal, ob das Kind erst ein Embryo von acht Wochen war oder ein drei Jahre altes Kindergartenkind. Das Kind hatte einen Namen, soviel ist sicher. Es hatte ein Kinderzimmer, in dem es wohnen sollte (oder, später, gewohnt hat). Und so ist das Wichtigste im Umgang mit Eltern, die ein Kind verlieren mussten, ihnen das zu spiegeln: Dass es sich dabei immer um den Verlust von etwas Unersetzlichem handelt. Dass ihr Schmerz so tief sein darf, wie er sich anfühlt. Dass das dazugehört. Dass sie sich aber völlig zu Recht als Eltern fühlen dürfen, als Eltern eines Kindes, auch, wenn dieses leider nicht lange leben durfte. Was ebenfalls gut tun könnte: 


Jedes Kind hat einen Namen - also nennen wir ihn


Das Kind, wenn bekannt, bei seinem Namen nennen. Es ist eben nicht einfach nur "das Baby", sondern es war ein kleiner Mensch mit einem eigenen Namen. Bestimmt auch schon mit einem Zimmer, in dem er hätte wohnen sollen. Wem es gelingt, das Kind beim Namen zu nennen, der tut den Eltern von Sternenkinder vermutlich einen großen Gefallen. Denn darin schwingt die Anerkennung mit, dass eben ein "vollwertiger Mensch" leider viel zu früh wieder gehen musste. Und ansonsten gilt im Umgang mit trauernden Eltern genau das, was allgemein im Umgang mit Menschen in Trauer gilt... Nämlich: 


Wiederholungen aushalten - und die Stille auch


Keine Angst vor der Stille haben. Auch gemeinsames Schweigen kann hilfreich sein. Es ist wichtiger, bei den Trauernden zu sein, als vor der Stille zu flüchten oder sie mit allzu vielen Worten auszukleiden zu versuchen. Wenn etwas gesagt wird, kann es durchaus sein, dass es sich dabei oft um das Gleiche handelt. Vielleicht sogar wieder und wieder und wieder. Das ist normal und gehört dazu. Wiederholungen auszuhalten ist wichtig im Umgang mit Menschen in einer Verlustkrise. Denn das ist kein Zeichen von Stillstand, sondern im Gegenteil ein wichtiger Bestandteil des Prozesses. Denn es hilft den Menschen dabei, sich einem Begreifen anzunähern - einem Begreifen von etwas eigentlich ganz Unbegreifbarem. Und ein ganz wichtiger Tipp: 


So wird es am Sonntag. 8. 12. 2019, wieder in meinem Bürofenster aussehen: Eine Kerze leuchtet als Bestandteil des weltweiten Lichtbands am "World Wide Candle Lighting" - aus Solidarität mit allen, die betroffen sind.   (Thomas-Achenbach-Foto)

Es ist hilfreich Trauernden möglichst nicht die eigenen Erfahrungen mit Tod und Trauer mitteilen zu wollen oder gut gemeinte Tipps geben zu wollen, mag die Versuchung auch sehr, sehr groß sein (das ist sie durchaus, selbst mir geht das manchmal noch so, das ist ja nur menschlich!). Vorsicht gilt vor allem vor allen Killerphrasen: Die Zeit heilt alle Wunden. Oder: Da wirst Du schon noch drüber wegkommen. So gut gemeint all das auch ist, es hat doch den gegenteiligen Effekt: Es versucht die Gefühle abzuschwächen, die Trauer milder zu machen als sie ist. Aber Trauer darf wild sein und einen durchschütteln, sie darf einen zu Boden drücken und einen so wütend machen wie kaum etwas anderes. Das gehört alles dazu. Das ist okay so. Wenn Sie gar nichts zu sagen wissen, sprechen Sie das einfach an - "mich macht das so sprachlos" ist allemal besser als "Du kannst ja noch andere Kinder haben". Und als kleines Zeichen: Zünden Sie am Tag des "World Wide Candlelightings" eine Kerze an für die verstorbenen Kinder, stellen Sie sie in ihr Fenster (und schicken vielleicht den Eltern davon ein Handyfoto). Als kleines Zeichen des Mit-Gedenkens und Mit-Trauerns und des Mit-Gehens auf einem der schwierigsten Wege, die das Leben bieten kann


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Der Autor dieser Zeilen steht in Osnabrück und im Osnabrücker Land als Trauerbegleiter zur Verfügung. Thomas Achenbach ist zertifizierter Trauerbegleiter nach den Standards des BVT (Große Basisqualifikation). 

Thomas Achenbach ist der Autor dieser drei Bücher: 

-> "Das ABC der Trauer - 77 Rituale und Impulse" (Patmos-Verlag)
-> "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag)
-> "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut" (Patmos-Verlag)

Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Ist Trauerbegleitung ein echter Beruf? Kann man von Trauerbegleitung leben? Und wie werde ich überhaupt Trauerbegleiter?  

Ebenfalls auf diesem Blog: Macht es die Hinterbliebenen nicht noch trauriger, wenn wir sie auf ihren Verlust ansprechen? - Impulse bei großer Unsicherheit 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Formulierung "Mein Beileid" immer noch das Beste ist, was Du einem Menschen mit einem Verlust sagen kannst

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie lange darf Trauer dauern? Ist es normal, wenn es jahrelang weh tut? Und ab wann wird trauern krankhaft?

Ebenfalls auf diesem Blog: Trauer und Schuldgefühle gehören zusammen - warum sich so viele Trauernde nach dem Tod eines Menschen schuldig fühlen

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde alles so vermeintlich "Merkwürdiges" tun und warum das nicht peinlich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie uns die Trauer vor Aufgaben stellt und was das für den Trauerprozess bedeuten kann - über die "Aufgaben der Trauer"

Ebenfalls auf diesem Blog: Entrümpeln, Ausmisten und Aufräumen nach dem Tod eines Menschen - was mache ich damit und warum ist das so hart?

Ebenfalls auf diesem Blog: Professionelle Gesprächsführung mit Menschen in einer Krise - was wir von der Spiegeltechnik fürs Leben lernen können

Ebenfalls auf diesem Blog: Wir sind auf dem Weg in eine Sterbegesellschaft - Zahlen, Fakten und Daten darüber, wir eine gute Trauerkultur brauchen werden  

Ebenfalls auf diesem Blog: Wer ein Kind verloren hat, sollte nicht arbeiten gehen müssen - was wir von einer britischen Rechtsprechung lernen können 

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Sonntag, 26. November 2017

Öffentlichkeitsarbeit und Pressearbeit kann so viel mehr bieten als Spendenübergaben - Tipps für Hospizgruppen, Trauergruppen und alle anderen - Tipps für eine gelungene Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Teil 1)

Osnabrück - Dass ich neben meiner Tätigkeit als Trauerbegleiter auch noch einem Hauptberuf nachgehe - meinem Brötchenberuf, der das Geld einbringt -, ist hier selten Thema auf diesem Blog. Warum auch, es hat ja mit Trauer nichts zu tun. Es gibt jedoch manchmal Grenzbereiche, wo sich beides vermischt: Wenn ich in meiner Funktion als Redakteur und als Journalist mit Vereinen, Verbänden, aber vor allem mit Trauer- oder Hospizgruppen zu tun habe, werde ich manchmal gefragt: "Was müssen wir eigentlich tun, damit wir uns in der Presse wiederfinden?" Heute möchte ich, als kleinen Off-Topic-Beitrag, einmal dieser Frage nachgehen (auch wenn sich mein Blog eigentlich an Trauernde wendet oder an Menschen, die mit Trauernden sorgsam umgehen möchten). Hier also ein paar Tipps, heute einmal ausnahmsweise aus der Sicht des Medienmachers, nicht des Trauerbegleiters, heute ausnahmsweise mal zu einem anderen Thema.

Die Klage ist oft die gleiche: "Wir werden gar nicht wahrgenommen". Oder: "Immer sind nur die anderen in den Medien, aber niemals wir". Oder, auch das habe ich schon erlebt, gleich als spitzzüngiger Angriff formuliert: "Was habt Ihr eigentlich gegen uns...?" Meistens sind es zwei Probleme, die hier zum Tragen kommen. Das erste davon ist eine unterschiedliche Auffassung davon, was Medien tun sollten: Etwas würdigen, beispielsweise. So ist oft die Erwartungshaltung. Es geht aber bei dem, was Medien berichten, nicht um eine Form von Würdigung, nicht ums Gesehenwerden, sondern lediglich um Berichterstattung - und die folgt den immergleichen Mustern aus Nachricht, Aktualität und Faktenprinzip. Auch das zweite Problem ist schnell ausgemacht: Denn "die anderen" hatten der Redaktion von sich aus, ganz aktiv, eine eigene Pressemitteilung zugeschickt, die dann auch verarbeitet wurde. Und die sich beklagenden "wir", die "niemals reinkommen", hatten vielleicht im Stillen und im Verborgenen darauf gewartet, dass irgendwann einmal eine Redaktion bei ihnen anklopfen würde... Solche und ähnliche Erfahrungen habe ich mehrmals gemacht. Daraus lässt sich auch gleich die wichtigste Regel ableiten, die es gibt: Wer Öffentlichkeit haben will, muss sie selbst herstellen. Das gilt vor allem in unseren heutigen Zeiten, wo es überall an Ressourcen mangelt, wo in allen Redaktionen oft wenige Mitarbeiter sehr viel auf einmal leisten müssen. Da wird es immer wichtiger, dass all jene, die gerne wollen, dass über sie berichtet wird, möglichst gut aufgestellt sind im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Und das kostet - leider - etwas von den Dingen, von denen man ohnehin immer zu wenig hat: Zeit, Ressourcen, Nerven. Aber die Mühe lohnt sich, sehr sogar. Selbst aktiv zu werden ist das A und O der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Aber was genau heißt das eigentlich - selbst aktiv werden? Wie denn? Und womit denn? Okay, starten wir ganz am Anfang:


Wer Öffentlichkeit haben will, muss sie sich selbst herstellen - am besten durch einen Ansprechpartner für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.    (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

1.) Benennen Sie einen Ansprechpartner für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und formulieren Sie klar und eindeutig, was dieser tun soll... Das mag banal klingen, aber in der Praxis ist es oft schwieriger als gedacht. Weil nämlich allen Beteiligten, also beispielsweise auch Vereinsvorsitzenden oder anderen, klar sein muss: Die gesamte Kommunikation nach außen läuft ausschließlich über diese eine Person. Hat jemand von den Medien eine Nachfrage, ist der Presse- und Öffentlichkeitsverantwortliche der erste Ansprechpartner. Das macht es aber denjenigen, die diese Aufgabe übernehmen (sollen), nicht einfacher. Oftmals wird da jemand so ein bisschen in so ein Amt geschubst, ohne genau zu wissen, was er eigentlich machen soll, kann, darf (so ist es mir selbst in meinen Jugendjahren einmal gegangen - plötzlich war ich Öffentlichkeitsbeauftragter.... Tja, und nun? Was mache ich jetzt...? Großes Schulterzucken...). Je klarer das intern definiert ist, desto besser. Idealerweise gibt es eine Liste, die alle der hier im Folgenden behandelten Themen und Fragen auflistet. 

2.) Machen Sie sich klar, welche Medien Sie überhaupt nutzen/bedienen wollen. Welches Medium das richtige sein kann, ist sehr stark abhängig von der Frage, wen Sie eigentlich erreichen wollen. Das wiederum ist abhängig von dem jeweiligen Thema. Ein paar Beispiele. Wer eine Trauergruppe für Jugendliche und junge Erwachsene anbietet, ist gut beraten, wenn er moderne Medien wie soziale Netzwerke (Facebook, Twitter & Co.) oder vor allem Messengerdienste wie WhatsApp benutzt. Wer für sein Trauercafé eher die Zielgruppe "60 Plus" im Blick hat, darf sich auf klassische Printprodukte - Tageszeitung & Co. - beschränken. Wer eine gute Durchmischung aus allen Altersschichten erreichen möchte, sollte zusätzlich zu den klassischen Medien noch Internetseiten, also nachrichtliche und regionale Websites oder ggf. auch regionale Blogger mit einbeziehen. Und nicht vergessen: Es gibt auch eigene Terminkalender, online oder gedruckt, die als reine Terminkalender ohne redaktionelle Bestandteile funktionieren und die die Informationen, wann was und wo stattfindet, ebenfalls brauchen. Selbst in einer Region wie Osnabrück hat die Medienlandschaft inzwischen eine überraschende Vielfalt ausgebildet. Da gibt es die lokale Zeitung als den Platzhirschen und das dazugehörige Anzeigenblatt (meine Baustelle), da gibt es kleinere Ortsteil- oder Stadtteilblättchen, da gibt es nachrichtliche und regionale Websites, da gibt es mehrere Terminkalender, gedruckt oder online, regionale Radiosender, eine Menge lokaler Facebookgruppen, Blogger, Instagrammer, Twitternutzer, you name it,... Sich erstmal eine Übersicht zu verschaffen, ist ein hilfreicher erster Schritt. Und sich dann fragen: Welches Medium ist für uns und unsere Themen wirklich sinnvoll, welches nicht. Ach, und wo wir gerade dabei sind: Wie ist es denn eigentlich mit ihrer eigenen Website? Gibt es dort eine "Aktuelles"-Unterseite mit frischen Nachrichten und wird die auch regelmäßig gepflegt? Sind alle kommenden Termine dort aufgelistet? Oder wie ist es mit einem eigenen Facebookauftritt? Wie gesagt: erst prüfen, ob solche Medien überhaupt in Frage kommen. Und dann: Am besten selbermachen. Möglichst viel. Dazu gehört auch die folgende wichtige Vorarbeit....:


Von einer gelungenen Öffentlichkeitsarbeit profitieren alle - auch die eigenen Mitarbeiter, weil Öffentlichkeitsarbeit auch nach innen in die eigene Unternehmung gerichtet sein sollte.   (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

3.) Machen Sie sich klar, wie viele und welche Anlässe zur Berichterstattung Sie anbieten können. Natürlich ist es toll, wenn Sie eine Spende übergeben bekommen. Zumal es überall an Geld mangelt, na klar. Natürlich ist das der perfekte Anlass dafür, einen selbst verfassten kurzen Bericht und ein Foto an die Redaktionen einzusenden (auch wenn man sich in den meisten Redaktionen vor lauter Spendenübergaben kaum noch retten kann, vor allem gegen Ende des Jahres). Aber es gibt gewiss noch mehr in ihrer Institution, was eine Berichterstattung oder zumindest eine Pressenotiz oder einen Eintrag im Terminkalender wert ist. Wetten, dass? Ein paar Beispiele: In zweieinhalb Wochen steht das nächste Treffen der monatlichen offenen Trauergruppe an - ein guter Zeitpunkt, um eine Pressemitteilung zu verschicken, die auf den nächsten Termin hinweisen kann. Und das jeden Monat aufs Neue, na klar. Eine Ihrer Ehrenamtlichen ist bald schon 25 Jahre dabei und bekommt einen Blumenstrauß dafür - was die Person alles an Geschichten aus ihrer Dienstzeit erzählen könnte, dürfte einen spannenden Artikel locker füllen, jedenfalls ist es den Versuch wert, die Ehrenamtliche mit der Presse zu vernetzen. Überhaupt, was es alles an Erfahrungswerten und Wissen in ihren Institutionen gibt, ist für Journalisten auch sonst interessant: Bieten Sie ihre Gruppenleiter, Trauerbegleiter oder Ausbildungskräfte als Experten an, die kleine und serviceorientierte Tipps geben können. Das ist vor allem dann spannend, wenn die typischen Anlässe für die Berichterstattung anstehen: Der Welthospiztag, die Trauertage im November (Totensonntag/Volkstrauertag), Weihnachten... Ihre Trauergruppe kann bald das zehnjährige Bestehen begehen? So ein Geburtstag ist auch ein guter Anlass für einen selbst verfassten Bericht in Form einer Pressemitteilung. Und auch die allgemeinen Jahrestage können gute Anlässe dafür sein, einmal die andere Seite der Medaille zu betrachten: Am Muttertag darf auch mal über die Sternenkindergruppe berichtet werden nach dem Motto "Wie geht es denen, die nicht soviel Glück haben durften an so einem Tag"? Am Weltkindertag dürfen auch die Kinder im Mittelpunkt stehen, die in Trauer sind - was hilft ihnen, was gibt es für Angebote? Als Presse- und Öffentlichkeitsverantwortlicher dürfen Sie solche Themen gerne anbieten, dürfen auch kreativ sein. Oder am besten gleich selbst einen Text fertigstellen...

4.) Suchen Sie sich die für Sie passenden Ansprechpartner - aktualisieren Sie jährlich diese Listen und nehmen Sie sich etwas Zeit für die Recherche. Natürlich gibt es die allseits bekannten Sammeladressen für E-Mails. Die heißen meistens Redaktion(at) oder Info(at) oder ähnliches. Aber machen Sie sich immer klar: Hier läuft nun wirklich alles auf, alles, ständig. Meistens ist eine solche Adresse nur der Erstanläufer, von dem aus dann alles nochmal umverteilt wird. Jede Mail wird dann händisch angefasst und an den richtigen Ansprechpartner weitergeschickt, sobald Zeit dafür da ist (jedenfalls in größeren Redaktionen ab mehreren Mitarbeitern ist das so). Hier sind allerdings mehrere Unschärfen drin: Sammelpostfächer laufen schnell über, Mails gehen verloren, nicht immer wird der richtige Ansprechpartner erreicht. Das geht alles schneller und effizienter: Machen Sie sich gleich selbst auf die Suche nach dem richtigen Ansprechpartner. Meistens ist das schon mehr als die halbe Miete für eine gelungene Arbeit. Wissen, wer für was zuständig ist und wen man ansprechen muss. Wenn die Redaktion dann auf ein anderes Sammelpostfach verweist, wie wir es tun (es heißt lokales (at) osnabruecker-nachrichten.de...), können Sie getrost davon ausgehen, dass es das wirklich Richtige ist. Wenn die Redaktion auf einen bestimmten Redakteur verweist, ist er derjenige, an den alles gehen sollte. Achtung, wichtig: Es sollte bitte grundsätzlich ein festangesteller Redakteur sein, einer der so genannten Sitzredakteure, die also im Büro sitzen, und nicht ein Freier Mitarbeiter. Weil Freie Mitarbeiter eben (ich bitte alle Freien, die das jetzt lesen, herzlich um Nachsicht) eher weiter unten in der Hierarchiekette stehen und die Entscheidungen, ob etwas veröffentlicht wird und wenn ja, wie, eben immer schon vorher und an anderer Stelle getroffen werden. Also beim Sitzredakteur. Hier ist das Allerwichtigste, was man wissen muss: Medien arbeiten immer nach dem "Tatortprinzip". Findet eine Trauergruppe also in dem Örtchen Pusemuckel aus dem Landkreis Großmuckelhausen statt, muss der für Pusemuckel zuständige Redakteur ermittelt werden. Nicht der für den Landkreis zuständige. Deswegen sind die Ortsmarken in Pressetexten so wichtig, dazu kommen wir aber später noch. Und weil es leider so ist, dass die Personalkonstellationen heutzutage relativ schnell wieder wechseln, kann es sein, dass sich Ansprechpartner binnen eines Jahres wieder ändern. Das bedeutet also: Einmal im Jahr alle Medien durchtelefonieren, sich freundlich vorstellen, freundlich nach dem passenden Ansprechpartner fragen, Klinken putzen. Und nicht vergessen: Es kann wichtiger sein den richtigen Adressaten zu wissen als eine noch gut gemachte Pressemitteilung zu verschicken. Was es jetzt noch braucht, ist das Folgende...:


Wichtig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Immer in Zielgruppen denken. Wer junge Menschen ansprechen möchte, muss sie auf den Kanälen abholen, auf denen sie sich tummeln. Das ist eher nicht die Tageszeitung.  (Thomas-Achenbach-Symbolfoto) 

5.1) Gestalten Sie ihre Pressemitteilungen immer gleich wie einen fertigen Artikel mit allem Drum und Dran - also inklusive der Ortsmarke (siehe: Tatortprinzip), eines Vorspanns und aller sechs W's (Was, wann, wo, wie, warum, mit wem/wer). Ganz wichtig: Die Nachricht muss immer nach vorne, also das Neue, das Aktuelle. Bitte erzählen Sie ihre Geschichte niemals chronologisch. Wenn Journalisten eine Pressemitteilung bekommen, die losgeht mit den Sätzen "Vor 33 Jahren gründete sich der Verein Soundso und hat seiter vieles erlebt...." (und am Ende heißt es dann: jetzt trifft sich der Verein wieder zur Jahreshauptversammlung...), dann erhöht sich der Nervfaktor. Und der Finger schwebt immer über der Löschtaste. Denn das müssen Sie sich immer klarmachen: Jede Redaktion schwimmt in E-Mails, manche gehen darin regelrecht unter. Soll heißen: Um einen Redakteur (oder am Ende auch einen Leser) mit dem zu erreichen, was Ihnen wichtig ist, haben SIe nur wenige Sekunden Aufmerksamkeit, die schnell genutzt sein wollen. Dennoch sind auch die chronologischen Faktoren durchaus wertvolle Informationen, die nicht fehlen dürfen, die Frage ist bloß, an welcher Stelle sie richtig angebracht sind. Denn es gilt andererseits: Gehen Sie immer davon aus, dass die Medienvertreter ihre Einrichtung noch nicht kennen. Es ist ganz egal, wie lange es ihre Institution schon gibt, es ist ganz egal, wieviele Presseaussendungen Sie schon verschickt haben - stellen Sie an das Ende Ihres Artikels, jedes Artikels, immer einen kleinen "Infokasten" oder "Zur Sache"-Kasten, der alle wesentlichen Informationen über Ihre Einrichtung enthält. "Über uns" könnte das zum Beispiel heißen. Da muss dann sowas rein wie: Uns gibt es seit XX Jahren, wir haben uns gegründet weil...., wir haben in den vergangenen Jahren schon dies und jenes erledigt....  Also, nochmal zusammengefasst: Erst die Nachricht mit allen W-Fragen, am besten im Vorspann nach der Ortsmarke. Dann ein bisschen was Aktuelles. Und am Ende die Hintergründe. Genauso wichtig: 

5.2) Geben Sie den Redaktionen die Möglichkeit, mit ihnen in Kontakt treten zu können. Dafür braucht es: Ansprechpartner, Telefonnummern, E-Mail-Adressen. Die müssen in jede Pressemitteilung sichtbar platziert werden, am besten wie in so einem Briefkopf oder einer E-Mail-Signatur als immer wieder mitgeschicktes Grundrauschen. Aber wichtiges Grundrauschen. Denn erstens brauchen die Medienvertreter eine Möglichkeit, Kontakt aufnehmen zu können, zweitens ist es auch für die Leser und Nutzer von Medien wichtig, an wen Sie sich ggf. wenden können ("Infos und Nachfragen zur Trauergruppe bitte an Telefonnummer....", etc.). Ach, noch ein Zusatztipp: Was die Überschrift Ihrer Pressemitteilung angeht, so brauchen Sie dafür nicht ganz so viel Gehirnschmalz aufzuwenden. Sie können davon ausgehen, dass alles das, was Sie als Überschrift vorschlagen, sowieso nicht passen wird - weil das Zeilenraster der Zeitung nur eine bestimmte Menge an Buchstaben zulässt im Überschriftenbereich, beispielsweise, oder weil die Onlineredaktion ihre Überschriften immer ganz streng nach Kriterien der Verwertbarkeit für Suchmaschinen texten muss... Jedoch: Je besser und journalistischer der weitere Text der Pressemitteilung verfasst ist, desto höher die Chance, dass er eins zu eins übernommen wird. 

Hier geht es zum zweiten Teil der Miniserie zum Thema "Presse- & Öffentlichkeitsarbeit"

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Der Trick mit der Selbstwirksamkeit - wie wir uns selbst gut in seelischen Krisen helfen können: psychologische Tipps

Ebenfalls auf diesem Blog: 27 gute Rituale für eine Trauerfeier - wie sich eine Gedenkfeier so gestalten lässt, das sie den Angehörigen/Trauenden gut tun kann

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich Trauernde förmlich zerrissen fühlen  - eine Einführung in das "Duale Prozessmodell der Trauer" und seine Fallstricke

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich ein Suizid viel öfter verhindern ließe als wir das glauben und warum es so wichtig ist, immer wieder darüber zu reden

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und Trauer - was Menschen in einer Verlustkrise hilft, was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Was muss ich machen, wenn ich wegen Trauer krankgeschrieben werden möchte? Geht das überhaupt und wenn ja, wie denn?

Der Podcast von Thomas Achenbach: "Trauergeschichten - Menschgeschichten", Gespräche über Leben, Tod und Sterben, jetzt online

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Mittwoch, 15. November 2017

Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt, ihre Trauer zu durchleben und als normal zu akzeptieren und warum die Wurzeln dafür schon in der Kindheit gelegt werden

Osnabrück - Wagen wir eine steile These - und es ist noch nicht einmal meine eigene These: Dass unsere moderne Gesellschaft zu wenig Verständnis für Trauer aufbringt, liegt daran, dass uns das schon in frühesten Kinderzeiten ausgetrieben wird. Da heißt es immer: "Ist gar nicht so schlimm!". Oder: "Ein Indianer kennt keinen Schmerz!" Und dann stirbt plötzlich jemand - und man weiß mit den Gefühlen und ihrer Heftigkeit so gar nicht richtig umzugehen. Hilflosigkeit und Überforderung sind die Folge. Die Bestatterin Barbara Rolf aus Stuttgart nennt das: Den "Flucht der Tapferkeit". Sie ist nicht die Einzige, die das so sieht (inzwischen ist selbst der als Erziehungs-Papst gefeierte Pädagoge Jan Uwe Rogge auf diesen Zug aufgesprungen, wie der Business Insider berichtete).

Ich erinnere mich noch genau: Wir waren mit Freunden im Urlaub und hatten alle unsere Kinder dabei. Kleinkinder, erste Kindergartenphase, also noch in dem Alter, wo ein simples Zu-Fuß-Gehen als superlangweilig erlebt wird und sich nur zwei Alternativen anbieten: Sie entweder die ganze Zeit auf dem Arm herumtragen - oder sie mit dem Laufrad herumgurken lassen. Als wir einen Ausflug in eine große Stadt machten, stürzte eines der Kinder mit seinem Laufrad - die Eltern stürzten prompt hinzu. Und noch während sie das taten, riefen sie, beide, wie ganz automatisch: "Ist nicht so schlimm." - "Tut nicht weh." - Natürlich war das als Beruhigung gemeint, als Trost, als etwas eigentlich Liebevolles. Aber es kam mir auch wie eine Abwehr vor. So nach dem Motto: 


Mit dem Fahrrad umgefallen - ist das wirklich der Tränen wert? Klare Antwort: Na klar. Alleine schon der Empörung wegen, dass so etwas überhaupt geschehen kann. Das muss ja auch irgendwo bleiben.  (Pixabay.de-Foto, Creative-Commons-0-Lizenz)

Jetzt aber nicht heulen, hörst Du!? Und ich weiß noch genau, wie ich mich gefragt habe: Woher wollt Ihr das eigentlich so genau wissen, ob es wehtut und wie sehr? Ihr habt ja kaum nachgesehen. Genau so beginnt es, sagte auch die Trauer- und Familienbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper in einem Vortrag auf der Messe "Leben und Tod 2017", die bereits im Mai in Bremen stattfand (und hier auf diesem Blog seither sukzessive weiter aufgearbeitet wird). Ihre These: "Man sagt uns von klein an: sei doch nicht so traurig. Dabei sind wir mit dem Talent traurig zu sein geboren worden. Und dann geht es schnell los, dass wir sagen: Tut doch gar nicht so weh. Ist doch gar nicht so schlimm." Was Mechthild Schroeter-Rupieper stattdessen empfiehlt: 

Das eigentlich Kleine ist in Wahrheit etwas sehr, sehr Großes


"Wenn das Knie aufgeschürft ist und das Kind sagt: Mama, das tut so weh, dann sagen: Ja, das glaube ich Dir, dasss das weh tut." Ein Trostpflaster draufmachen. Die Gefühle respektieren. Was hier im Kleinen beginnt, ist in Wahrheit etwas ganz Großes - und von einer existenziellen Wichtigkeit. Oder wie Mechthild Schroeter-Rupieper es sagt: "Wir Eltern müssen so leben, dass wir jeden Tag sterben könnten – Erziehung heißt Kinder zu stärken, nicht ihnen alles abzunehmen." Also: Auch nicht den Schmerz kleinreden. Das genau ist es ja, was vielen Trauernden in einer Verlustkrise besonders wehtut. Dass es dann auch heißt, von Freunden, Kollegen oder Verwandten: Das geht wieder vorbei. Reiß dich mal zusammen. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Aber wenn es nun einmal wehtut wie Hölle - warum soll es das nicht dürfen? Und: Ist das nicht ganz normal?


Wer traurig ist, darf Krone tragen: Ein König ist, wer fühlen darf


Die Bestatterin Barbara Rolf hat die Erfahrung gemacht, dass das keine Seltenheit ist: "Der Fluch der Tapferkeit ist leider sehr weit verbreitet, schon Kinder sind betroffen", sagt sie. Das Ergebnis ist jedoch eine Gesellschaft, "die wenig Verständnis hat für Trauer". Mechthild Schroeter-Rupieper will Seminare anbieten, in denen sie ihren Teilnehmer Kronen aufsetzen möchten, damit sie spüren: Ich bin ein Trauerkönig. Ich darf stolz darauf sein, dass ich traurig sein kann. So erzählte es die Familienbegleiterin beim Vortrag in Bremen - und sie berichtete von einer solchen Erfahrung mit einem prominenten Besuch. Denn einmal war Manuel Neuer zu Gast bei einem Trauertreff mit Jugendlichen. Und auf die Frage, ob er denn auch mal richtig heulen würde, sagte er: 


Lädt auch mal Fußballstars wie Manuel Neuer in Trauergruppen ein: Die Familienbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper bei ihrem Vortrag auf der Messe "Leben und Tod 2017".  (Thomas-Achenbach-Foto)

Beim Fußball eher nicht so. Aber wenn mal sein Opa stürbe, würde er Rotz und Wasser heulen. Sowas ist wichtig, sagt Mechthild Schroeter-Rupieper: Kindern zu zeigen, es ist okay, dass es weh tut, dass das Schmerzen verursacht. Aber wer bei seinen Kleinen auch schon die kleineren Wehwehchen lieber im Keim erstickt, muss sich nicht wundern, wenn sie das am Ende auch bei den ganz großen Schmerzen versuchen. Auch Trauerbegleiter werden oft gefragt: Ist das denn normal? Dass ich "immer noch" so traurig bin, auch nach einem Jahr noch? Darf das sein? Und dann erleben sie es als wohltuend, wenn sie erfahren dürfen: Klar darf das sein. Klar ist das normal. Darum geht es: Dass es wehtut, dass es einen leermacht, dass es einen zerreibt. Das alles nennt sich Trauer und gehört zum Leben. Oder wie Mechthild Schroeter-Rupieper es auf der Messe "Leben und Tod" ganz sichtbar machte: Da nahm sie ein riesiges Herz - und riss es auseinander. Um dann beide Hälften einmal umzudrehen. Siehe da: So sind es zwei Tränen. Aber: Das Herz wächst auch wieder zusammen. Irgendwann, irgendwie. Also pfeifen wir auf die Tapferkeit. Und setzen unsere Krone auf. Als Trauerkönig


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Der Autor dieser Zeilen steht in Osnabrück und im Osnabrücker Land als Trauerbegleiter zur Verfügung. Thomas Achenbach ist zertifizierter Trauerbegleiter nach den Standards des BVT (Große Basisqualifikation). 

Thomas Achenbach ist der Autor dieser drei Bücher: 

-> "Das ABC der Trauer - 77 Rituale und Impulse" (Patmos-Verlag)
-> "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag)
-> "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut" (Patmos-Verlag)

Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Ist Trauerbegleitung ein echter Beruf? Kann man von Trauerbegleitung leben? Und wie werde ich überhaupt Trauerbegleiter?  

Ebenfalls auf diesem Blog: Macht es die Hinterbliebenen nicht noch trauriger, wenn wir sie auf ihren Verlust ansprechen? - Impulse bei großer Unsicherheit 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Formulierung "Mein Beileid" immer noch das Beste ist, was Du einem Menschen mit einem Verlust sagen kannst

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie lange darf Trauer dauern? Ist es normal, wenn es jahrelang weh tut? Und ab wann wird trauern krankhaft?

Ebenfalls auf diesem Blog: Trauer und Schuldgefühle gehören zusammen - warum sich so viele Trauernde nach dem Tod eines Menschen schuldig fühlen

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde alles so vermeintlich "Merkwürdiges" tun und warum das nicht peinlich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie uns die Trauer vor Aufgaben stellt und was das für den Trauerprozess bedeuten kann - über die "Aufgaben der Trauer"

Ebenfalls auf diesem Blog: Entrümpeln, Ausmisten und Aufräumen nach dem Tod eines Menschen - was mache ich damit und warum ist das so hart?

Ebenfalls auf diesem Blog: Professionelle Gesprächsführung mit Menschen in einer Krise - was wir von der Spiegeltechnik fürs Leben lernen können

Ebenfalls auf diesem Blog: Wir sind auf dem Weg in eine Sterbegesellschaft - Zahlen, Fakten und Daten darüber, wir eine gute Trauerkultur brauchen werden  

Ebenfalls auf diesem Blog: Wer ein Kind verloren hat, sollte nicht arbeiten gehen müssen - was wir von einer britischen Rechtsprechung lernen können 

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Mittwoch, 8. November 2017

"Die Bitten der Trauernden..." # Extended - Wertvolle Tipps zum Umgang mit Trauernden - was Menschen in einer Verlustkrise wirklich hilft (meine Ergänzungen)

Osnabrück - "Die Bitten eines Trauernden..." Auf diese wertvolle Liste, die die Dresdner Trauertherapeutin Diana Mirtschink zusammengestellt hat, weise ich in meinen Vorträgen besonders gerne hin. Denn was die Spezialistin für Verlustkrisen da geschaffen hat, ist selten und gekonnt: So zugespitzt, so treffend und so einleuchtend sind die Belange von Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise selten zusammengefasst worden. Alles, was es an Tipps für den Umgang mit Trauernden zu sagen gibt, steckt dort drin. Das lädt zur Auseinandersetzung ein. Es lädt dazu ein, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Und so habe ich die Liste für mich noch um ein paar weitere Bitten ergänzt. Als Verneigung vor der Form, sozusagen. 

"Redet meine Nöte nicht weg". Mit diesem Eintrag beginnt Diana Mirtschinks Liste. Das Geniale an dieser Präsentation als Liste ist ja genau das: Dass sich jeder einzelne Punkt darauf eigentlich von selbst erklärt, dass es aber zu jedem einzelnen Punkt wieder so viel zu sagen und zu ergänzen gäbe, dass es jeweils einen eigenen Blogbeitrag wert wäre. „Hört mir zu, auch wenn ich mich wiederhole“, beispielsweise, ist so eine der Bitten, auf die es wirklich ankommt. Oder auch diese: "Haltet mich aus." - "Redet meine Nöte nicht weg." -"Seid sprachlos mit mir, wo es keine Worte gibt." - Schmälert nicht das Geschehen." - Alles wertvoll, wichtig, alles wesentlich. Und jetzt kommen drei Ergänzungen, die von mir selbst stammen, die ich aber nach meinen Erfahrungen und meinen Gesprächen mit Trauernden ganz wichtig finde. 


Trauernde sind auf steinigen Wegen unterwegs - und das Glanzlicht des Lebens scheint weit entfernt und eine wuchtige Sache zu sein....   (Thomas-Achenbach-Symbolfoto) 

Erstens: "Trau Dich, mit mir über meine Toten zu sprechen…" - aus der Angst heraus, etwas falsch zu machen, trauen sich die Menschen oft nicht, im Kontakt mit Trauernden über die Gestorbenen zu sprechen. Meistens entsteht diese falsche Vorsicht aus der Angst heraus, man könnte die Trauer in den Menschen wieder wachrufen. Also eigentlich aus guten Beweggründen. Nach dem Motto: Ich erwähne die Toten mal lieber nicht, denn am Ende wecke ich damit womöglich neues Leiden. Aber wer einmal einen Menschen verloren hat, der weiß, dass das nicht stimmt. Natürlich tut es weh. Aber es tut sowieso alles weh, immer, fast immer. Also ist das in gewisser Weise normal. Was indes noch schlimmer ist: Das Gefühl haben zu müssen, dass keiner mehr über die gestorbenen Menschen sprechen mag. Wie es ein Vater einmal formulierte: "Dass sich keiner jemals traut, mit mir über meine tote Tochter zu sprechen, ist für uns so, als würde sie wieder und wieder sterben." 

Zweitens: "Nenn die Toten beim Namen, sie sind immer noch da"… Folgenden Dialog habe ich einmal erlebt. Da frage ich eine Mutter, deren Sohn sich suizidiert hatte. Wie heißt denn Ihr Sohn? Worauf eine daneben sitzende Bekannte in aufwallender Empörung sagte: "Er heißt gar nicht mehr, er hat sich umgebracht!" - Aber natürlich heißt er noch immer so, wie er als lebender Mensch geheißen hat, auch noch als gestorbener Mensch. Sagen wir, er hieß Philipp. Und jetzt, wo er tot ist, heißt er immer noch Philipp. Nur halt, der tote Philipp. Aber eben - Philipp. So steht es ja auch auf dem Grabstein. Es kann für viele Trauernde eine Entlastung sein, wenn der Name der Toten im Gespräch genannt wird. 

Und drittens: "Sie nicht verunsichert, wenn ich auch als Trauernder lache und am Leben ganz teilzunehmen zu scheine (und wenn das nicht der Dauerzustand bleibt)".... Auch das habe ich immer mal wieder erlebt: Dass Menschen, die eigentlich in einem Krisenzustand sein sollten, weil vielleicht ein Verlust erst kürzlich stattgefunden hat, so ganz unberührt zu sein scheinen. Ganz hautnah am Leben teilnehmen. Was dann Freunde und Bekannte und andere auch wieder irritiert. Auf einmal stehen Fragen im Raum wie "Sollte der nicht trauriger sein?" oder "Darf das so sein?" - auch hier gilt, was ich im Kontext von Trauer und Verlust immer sage: Es darf sein. Alles sein. Weil kein Mensch weiß, wie es wirklich aussieht. Weil sich Trauer oft erst noch ihre Wege bahnen muss. Manchmal ist es auch und gerade das im Leiden neu erwachte Wissen um die eigene Vergänglichkeit, das Menschen wieder ganz eng an das Leben heranführt. Warum sollten wir diese Menschen dann vom Leben abhalten wollen?

Linktipp: Hier geht es zur kompletten Liste "Die Bitten eines Trauernden".


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Der Autor dieser Zeilen steht in Osnabrück und im Osnabrücker Land als Trauerbegleiter zur Verfügung. Thomas Achenbach ist zertifizierter Trauerbegleiter nach den Standards des BVT (Große Basisqualifikation). 

Thomas Achenbach ist der Autor dieser drei Bücher: 

-> "Das ABC der Trauer - 77 Rituale und Impulse" (Patmos-Verlag)
-> "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag)
-> "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut" (Patmos-Verlag)

Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Ist Trauerbegleitung ein echter Beruf? Kann man von Trauerbegleitung leben? Und wie werde ich überhaupt Trauerbegleiter?  

Ebenfalls auf diesem Blog: Macht es die Hinterbliebenen nicht noch trauriger, wenn wir sie auf ihren Verlust ansprechen? - Impulse bei großer Unsicherheit 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Formulierung "Mein Beileid" immer noch das Beste ist, was Du einem Menschen mit einem Verlust sagen kannst

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie lange darf Trauer dauern? Ist es normal, wenn es jahrelang weh tut? Und ab wann wird trauern krankhaft?

Ebenfalls auf diesem Blog: Trauer und Schuldgefühle gehören zusammen - warum sich so viele Trauernde nach dem Tod eines Menschen schuldig fühlen

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde alles so vermeintlich "Merkwürdiges" tun und warum das nicht peinlich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie uns die Trauer vor Aufgaben stellt und was das für den Trauerprozess bedeuten kann - über die "Aufgaben der Trauer"

Ebenfalls auf diesem Blog: Entrümpeln, Ausmisten und Aufräumen nach dem Tod eines Menschen - was mache ich damit und warum ist das so hart?

Ebenfalls auf diesem Blog: Professionelle Gesprächsführung mit Menschen in einer Krise - was wir von der Spiegeltechnik fürs Leben lernen können

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