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Donnerstag, 14. November 2019

Ein Film über Trauer, der helfen soll, die Prozesse trauernder Eltern beim Verlust eines Kindes besser zu verstehen - FH-Student dreht Animationsfilm zum Thema Trauerarbeit und sucht noch Unterstützung - Intensive Recherche & hochprofessionelle Technik in Kombination / Hilfe für Sternenkind-Eltern

Aachen/Osnabrück - Einen Animationsfilm zu drehen, der seinen Zuschauern nachfühlbar das Thema Trauer vermitteln soll - das ist ein spannendes studentisches Abschlussprojekt, das gerade an der Fachhochschule Aachen umgesetzt wird. Der Animationsfilm „The Last Sketch“ soll 23 Minuten lang sein und soll im Sommer 2020 als fertiger Film vorliegen. Dabei scheut "The Last Sketch" nicht vor einer sehr ernsten Thematik zurück: Das eigene Kind liegt im Sterben. Für die Eltern geht es jetzt darum, alles richtig zu machen, richtig für ihr Kind. Doch Mia und Teo, die beiden Eltern im Film, haben ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, was das Wort „richtig“ bedeutet.

Die Fäden in der Hand hält der Student Edgar Huebert (27), dessen Masterarbeit der Film am Ende sein wird. Seine Filmcrew besteht aus Kommilitoninnen und Kommilitonen. Doch wer die Dreharbeiten besucht, der kommt sich einer Pressemitteilung der FH Aachen zufolge vor wie in einem professionellen Hollywood-Trickfilmstudio. So trägt der Schauspieler Marvin beispielsweise einen so genannten Motion-Capture-Suit, einen Anzug also, der seine Bewegungen genau erfasst und aufzeichnet, wie es in der Pressemitteilung weiter heißt. Um zu testen, ob das angeschlossene Computersystem Marvins Bewegungen korrekt erfasst, führt er abwechselnd erst seine linke, dann seine rechte Hand zum Fuß. Ein 3-D-System verarbeitet diese Bewegungsdaten weiter – am PC sehen die Betrachter jetzt eine Figur, die sich so bewegt wie Marvin. Zwei dieser High-Tech-Anzüge hat die FH Aachen extra für dieses Filmprojekt angeschafft, aber natürlich sollen sie auch in späteren Filmarbeiten noch eingesetzt werden.


Dreharbeiten mit Motion-Capture-Suit... (Alle Fotos: Aline Papenheim)


Mit der Technik scheint alles zu funktionieren: Jetzt wird die geplante Szene gedreht. Der Schauspieler Marvin wird zur Computerfigur, die Edgar Huebert später am PC in den animierten Hauptcharakter „Teo“ verwandelt. Damit Teos Emotionen im Film möglichst authentisch wirken, erfasst Edgar außerdem Marvins Mimik – jede noch so kleine Regung im Gesicht soll festgehalten werden.  Zur Vorbereitung auf seinen Film hat Edgar intensive Gespräche mit Therapeuten geführt, aber auch mit Eltern, die tatsächlich ein Kind verloren haben. „Ich hatte Angst davor, die Realität nicht angemessen abzubilden und den Hinterbliebenen nicht gerecht zu werden.“ 




Was er erfahren hat ist das, was in diesem Blog und in meiner Arbeit auch immer wieder die wichtigste Rolle spielt und was einfach nicht oft genug betont werden kann: Trauer ist ein ganz individueller Prozess. „Alles, was den Betroffenen hilft und ihnen guttut, ist richtig“, wird Edgar Huebert in der Pressemitteilung zitiert. Und in seiner Filmbeschreibung sagt der Student dazu: "Dies betrifft jegliches Zeigen und auch Verbergen der Emotionen, lachen, schreien, gegen die Wand treten, die Sachen des verstorbenen Kindes behalten oder auch wegwerfen, E-Mail-Konten der Kinder weiterführen etc... Jeder muss für sich selbst seinen eigenen Umgang mit dem Tod finden. Leider fehlt hier noch das Verständnis der Öffentlichkeit."




Denn oft reagierten Außenstehende mit Unverständnis auf die jeweiligen Prozesse der Trauerbewältigung, wenn diese nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Es geht also um Kommunikation, um Gefühle und besonders die kleinen, manchmal kaum wahrnehmbaren, Feinheiten im Umgang miteinander. „Im Film sollten Mimik und Gestik der animierten Charaktere möglichst nah an der Realität dargestellt werden.“ Deshalb habe sich Edgar Huebert dafür entschieden, mit realen Menschen und der Motion-Capturing-Technik zu arbeiten. „So können die gewünschten Emotionen aus der Realität am besten in die Animation transportiert werden.“ 


Das Filmemachen ist für ihn übrigens nichts Neues. Bereits im Wintersemester 2016/17 hat Edgar Huebert einen Animationsfilm mit dem Titel „Der Abgrund“ an der FH Aachen produziert. Der Film wurde gleich mehrmals prämiert: beim AS Filmfestival in Rom mit dem Sonderpreis und bei den European Cinematography Awards in den Kategorien „Best Sounddesign“ und „Best Animation Short“.


Spender gesucht


Jetzt gilt es, den Film fertigzustellen, aber dabei gibt es noch ein Problem: Das Geld: „Das Equipment, das ich ab jetzt benötige, kann ich mir privat nicht leisten. Es kommen außerdem Ausgaben für Synchronsprecher und Tonstudios hinzu.“ Deshalb hat er nun eine Crowd-Funding-Kampagne gestartet; Menschen, Unternehmen und Organisationen, die vom Konzept seines Films überzeugt sind, können ihn finanziell dabei unterstützen, sein Projekt abzuschließen. Zwar wird Edgar Huebert beispielsweise vom "Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V.", dem VEID,  sowie vom Deutschen Bundesverband für Trauerbegleitung unterstützt, doch geht es dabei mehr um eine Unterstützung in Sachen Hintergrund und Promotion, nicht aber in finanzieller Hinsicht (wer den Film mitfinanzieren möchte, kann das unter diesem Link hier tun). 

Wer einen Blick hinter die Dreh-Kulissen zu „The Last Sketch“ bekommen möchte, kann sich auf der Video-Plattform vimeo einen kleinen Film dazu ansehen, unter diesem Link: fhac.de/TheLastSketch.

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.

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Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde in einer Verlustkrise alles so tun und warum einem das nicht peinlich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Donnerstag, 22. November 2018

Eine Ermutigung für Trauernde, bevor wir in die Adventszeit und Weihnachtszeit starten.... Tipps für Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise im Advent - wenn Weihnachten besonders weh tut

Osnabrück - Für Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise ist die Weihnachtszeit oft besonders hart. Vor allem, wenn der Verlust noch recht frisch ist und es sich bei diesem Weihnachtsfest um eines dieser "ersten Male" handeln sollte, von denen das erste Jahr nach dem Trauerfall ja so voll ist. Manchmal steht die Frage im Raum: Wie sollen wir das bloß aushalten und überstehen? Im Laufe der Jahre habe ich hier auf diesem Blog bereits verschiedene Beiträge zu diesem Thema veröffentlicht - und weil es nun wieder so weit ist und die Adventszeit wieder vor der Tür steht, möchte ich diese hier gerne noch einmal zusammenfassen und erneut darauf aufmerksam machen - für neue Leser oder zum Nochmal-lesen oder einfach so:

1.) Eine Ermutigung: Unter dem Motto "Fünf kleine Tipps für Trauernde" habe ich ein paar Anregungen und Ideen gesammelt, wie sich die Symbole und Rituale der Weihnachtszeit auch umdeuten und anders bewerten lassen...

Hier geht es zu diesem Text:  "Versuch einer Ermutigung in der Adventszeit, fünf kleine Tipps für Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise".


Hilfe, muss das sein? Für Trauernde ist die Vorweihnachtszeit oft keine besonders schöne Zeit. All das Leuchten und freudige Erwarten um einen herum kann etwas Überforderndes haben.   (Thomas-Achenbach-Foto)

2.) Für frisch verwaiste Eltern: Eine inzwischen immer bekannter werdende Aktion und eine wertvolle neue Tradition ist das "World Wide Candlelighting", bei dem auf der ganzen Welt quasi zeitgleich Kerzen für die gestorbenen Kinder - nicht alleine nur Sternenkinder - entzündet werden. In 2020 wird dies wie immer am zweiten Sonntag im Dezember sein. Alle weiteren Infos dazu und wie es zu dieser Tradition kommt, beschreibt mein Artikel.

Hier geht es zu diesem Text:   "Ein Licht für alle, die viel zu früh von dieser Welt gehen mussten - das World Wide Candle Lighting". 


Kerzen anzünden als bewusste Geste des Erinnerns und Gedenkens - so lässt sich das Leuchten in der Weihnachtszeit auch für Trauernde (um-) interpretieren.   (Thomas-Achenbach-Foto)

3.) Zur alten Frage: Warum wird die Weihnachtsdekoration besser erst nach dem Totensonntag aufgehängt?  -  Auch wenn diese Tradition ursprünglich christliche Wurzeln hat, wenn auch nicht unbedingt katholische, gibt es auch einige weltliche Gründe dafür, warum es sinnvoll sein kann, so einen Gedenktag zu begehen und sich erst danach dem Lichterzauber hinzugeben.

Hier geht es zu diesem Text:   "Warum es richtig ist, den Weihnachtssschmuck erst nach dem Totensonntag anzubringen (und warum das weniger mit Religion zu tun hat)"

Empfinden nicht nur Gläubige als unpassend: Leuchtender Adventsschmuck noch vor dem Totensonntag. Die Tradition hat sich jedoch mittlerweile von ihren kirchlichen Ursprüngen her verselbstständigt.    (Pixabay.de-Foto, Creative-Commons-CC0-Lizenz)

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.

Alle aktuellen Termine, Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare etc. mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Mutter von Rolf Zuckowski auf dem Sterbebett einen Song ihres Sohnes zitierte - der Kindermusiker über seine Trauererfahrungen

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde in einer Verlustkrise alles so tun und warum einem das nicht peinlich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Dienstag, 5. Dezember 2017

Was kann ich Eltern sagen, die ein Sternenkind zur Welt bringen mussten? - Tipps zum Umgang mit Eltern nach der Geburt eines toten Kindes ("stille Geburt") - Und: Warum trauernde Eltern sich oft nicht zu trauern trauern

Osnabrück - Es ist eine sehr berührende Aktion, aber sie macht auch eindrucksvoll deutlich, was Menschen in Trauerkrisen so durchmachen müssen: Mitten im Dezember leuchtet ein Licht für all die Kinder, die zu früh von dieser Welt gehen mussten bzw. als totes Baby, also als Sternenkind, auf die Welt kamen. Für alle Eltern, die ein Kind auf diese Weise verlieren mussten, gibt es immer am 2. Sonntag im Dezember das "World Wide Candle Lighting". Leider ist der Verlust eines Babys vor oder während der Geburt immer noch eine der größten Formen von nicht anerkannter Trauer - "Du kannst ja noch so viele Kinder haben", bekommen die Eltern oft zu hören. Das ist ein Schlag in die Magengrube. Dass die eigene Trauer nicht gesehen oder nicht wahrgenommen wird, tut besonders weh. Aber was ist hilfreich? Was kann man Eltern sagen, die ein Sternenkind auf die Welt bringen mussten?

Wie die dpa (Deutsche Presse-Agentur) im Februar 2016 schrieb, gibt es Schätzungen zufolge bundesweit jährlich zwischen 100 000 und 200 000 Fehlgeburten. Aber noch viel wichtiger „Anders als bei Totgeburten – das sind Föten über 500 Gramm – besteht keine Meldepflicht. Die Anzahl der Kinder, die mit weniger als 500 Gramm lebend zur Welt kommen und dann sterben, ist nicht bekannt“, so schrieb es die dpa weiter. Tatsächlich gibt es eine große Dunkelziffer, weil sich Eltern von Sternenkindern auch selten in die Öffentlichkeit trauen. Was schade ist, denn ihr Leid ist oft groß. Was also kann helfen im Umgang mit Eltern, die ein Kind noch im Mutterbauch verlieren müssen? Oder während der Geburt - oder kurz danach? Denn all diese Dinge kommen vor... 


Das Schlimmste, was werdenden Eltern geschehen kann.... (Thomas-Achenbach-Foto)

Wichtig ist vor allem, sich zu verinnerlichen: Jedes gestorbene Kind, egal in welcher Phase, ist eine emotionale Katastrophe für die Eltern. Es ist dabei ganz egal, ob das Kind erst ein Embryo von acht Wochen war oder ein drei Jahre altes Kindergartenkind. Das Kind hatte einen Namen, soviel ist sicher. Es hatte ein Kinderzimmer, in dem es wohnen sollte (oder, später, gewohnt hat). Und so ist das Wichtigste im Umgang mit Eltern, die ein Kind verlieren mussten, ihnen das zu spiegeln: Dass es sich dabei immer um den Verlust von etwas Unersetzlichem handelt. Dass ihr Schmerz so tief sein darf, wie er sich anfühlt. Dass das dazugehört. Dass sie sich aber völlig zu Recht als Eltern fühlen dürfen, als Eltern eines Kindes, auch, wenn dieses leider nicht lange leben durfte. Was ebenfalls gut tun könnte: 


Jedes Kind hat einen Namen - also nennen wir ihn


Das Kind, wenn bekannt, bei seinem Namen nennen. Es ist eben nicht einfach nur "das Baby", sondern es war ein kleiner Mensch mit einem eigenen Namen. Bestimmt auch schon mit einem Zimmer, in dem er hätte wohnen sollen. Wem es gelingt, das Kind beim Namen zu nennen, der tut den Eltern von Sternenkinder vermutlich einen großen Gefallen. Denn darin schwingt die Anerkennung mit, dass eben ein "vollwertiger Mensch" leider viel zu früh wieder gehen musste. Und ansonsten gilt im Umgang mit trauernden Eltern genau das, was allgemein im Umgang mit Menschen in Trauer gilt... Nämlich: 


Wiederholungen aushalten - und die Stille auch


Keine Angst vor der Stille haben. Auch gemeinsames Schweigen kann hilfreich sein. Es ist wichtiger, bei den Trauernden zu sein, als vor der Stille zu flüchten oder sie mit allzu vielen Worten auszukleiden zu versuchen. Wenn etwas gesagt wird, kann es durchaus sein, dass es sich dabei oft um das Gleiche handelt. Vielleicht sogar wieder und wieder und wieder. Das ist normal und gehört dazu. Wiederholungen auszuhalten ist wichtig im Umgang mit Menschen in einer Verlustkrise. Denn das ist kein Zeichen von Stillstand, sondern im Gegenteil ein wichtiger Bestandteil des Prozesses. Denn es hilft den Menschen dabei, sich einem Begreifen anzunähern - einem Begreifen von etwas eigentlich ganz Unbegreifbarem. Und ein ganz wichtiger Tipp: 


So wird es am Sonntag. 8. 12. 2019, wieder in meinem Bürofenster aussehen: Eine Kerze leuchtet als Bestandteil des weltweiten Lichtbands am "World Wide Candle Lighting" - aus Solidarität mit allen, die betroffen sind.   (Thomas-Achenbach-Foto)

Es ist hilfreich Trauernden möglichst nicht die eigenen Erfahrungen mit Tod und Trauer mitteilen zu wollen oder gut gemeinte Tipps geben zu wollen, mag die Versuchung auch sehr, sehr groß sein (das ist sie durchaus, selbst mir geht das manchmal noch so, das ist ja nur menschlich!). Vorsicht gilt vor allem vor allen Killerphrasen: Die Zeit heilt alle Wunden. Oder: Da wirst Du schon noch drüber wegkommen. So gut gemeint all das auch ist, es hat doch den gegenteiligen Effekt: Es versucht die Gefühle abzuschwächen, die Trauer milder zu machen als sie ist. Aber Trauer darf wild sein und einen durchschütteln, sie darf einen zu Boden drücken und einen so wütend machen wie kaum etwas anderes. Das gehört alles dazu. Das ist okay so. Wenn Sie gar nichts zu sagen wissen, sprechen Sie das einfach an - "mich macht das so sprachlos" ist allemal besser als "Du kannst ja noch andere Kinder haben". Und als kleines Zeichen: Zünden Sie am Tag des "World Wide Candlelightings" eine Kerze an für die verstorbenen Kinder, stellen Sie sie in ihr Fenster (und schicken vielleicht den Eltern davon ein Handyfoto). Als kleines Zeichen des Mit-Gedenkens und Mit-Trauerns und des Mit-Gehens auf einem der schwierigsten Wege, die das Leben bieten kann


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Der Autor dieser Zeilen steht in Osnabrück und im Osnabrücker Land als Trauerbegleiter zur Verfügung. Thomas Achenbach ist zertifizierter Trauerbegleiter nach den Standards des BVT (Große Basisqualifikation). 

Thomas Achenbach ist der Autor dieser drei Bücher: 

-> "Das ABC der Trauer - 77 Rituale und Impulse" (Patmos-Verlag)
-> "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag)
-> "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut" (Patmos-Verlag)

Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Ist Trauerbegleitung ein echter Beruf? Kann man von Trauerbegleitung leben? Und wie werde ich überhaupt Trauerbegleiter?  

Ebenfalls auf diesem Blog: Macht es die Hinterbliebenen nicht noch trauriger, wenn wir sie auf ihren Verlust ansprechen? - Impulse bei großer Unsicherheit 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Formulierung "Mein Beileid" immer noch das Beste ist, was Du einem Menschen mit einem Verlust sagen kannst

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie lange darf Trauer dauern? Ist es normal, wenn es jahrelang weh tut? Und ab wann wird trauern krankhaft?

Ebenfalls auf diesem Blog: Trauer und Schuldgefühle gehören zusammen - warum sich so viele Trauernde nach dem Tod eines Menschen schuldig fühlen

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde alles so vermeintlich "Merkwürdiges" tun und warum das nicht peinlich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie uns die Trauer vor Aufgaben stellt und was das für den Trauerprozess bedeuten kann - über die "Aufgaben der Trauer"

Ebenfalls auf diesem Blog: Entrümpeln, Ausmisten und Aufräumen nach dem Tod eines Menschen - was mache ich damit und warum ist das so hart?

Ebenfalls auf diesem Blog: Professionelle Gesprächsführung mit Menschen in einer Krise - was wir von der Spiegeltechnik fürs Leben lernen können

Ebenfalls auf diesem Blog: Wir sind auf dem Weg in eine Sterbegesellschaft - Zahlen, Fakten und Daten darüber, wir eine gute Trauerkultur brauchen werden  

Ebenfalls auf diesem Blog: Wer ein Kind verloren hat, sollte nicht arbeiten gehen müssen - was wir von einer britischen Rechtsprechung lernen können 

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Sonntag, 29. Mai 2016

Ein Trauermarsch aller Eltern, die ein Kind verloren haben - wie ist der "Walk To Remember" am 29. 7. 2016 in Frankfurt geplant, wer kann teilnehmen und was sind die Hintergründe? Ein Interview...


Osnabrück/Frankfurt am Main - Eine Premiere in Deutschland: Wenn am 29. 7. (Fr., ab 17 Uhr) in Frankfurt am Main der „Walk To Remember“ stattfindet, gehen dort Eltern aus der ganzen Welt in einem  Trauermarsch über die Straßen, um diesen gemeinsamen Gang dem Gedenken ihrer gestorbenen Kinder zu widmen... 

Hintergrund ist der parallel in Frankfurt stattfindende Kongress des internationalen Netzwerks „The Compassionate Friends“, einer weltweit aktiven Vereinigung von Eltern, die ein Kind verloren haben. Aber wie ist das Ganze geplant, wie soll es stattfinden - und, vor allem, wer darf teilnehmen? Die deutsche Mit-Organisatorin der Veranstaltung, Karin Grabenhorst, hatte auf der Messe "Leben & Tod 2016" einen Vortrag darüber gehalten. Im Interview mit diesem Blog gibt sie Auskunft darüber. Das Interview wurde in zwei Durchläufen per E-Mail geführt. 


Karin Grabenhorst ist eine der Mit-Organisatorinnen der Tagung "Mourning In Motion" in Frankfurt, zu der der "Walk To Remember" ebenfalls gehört.     (Björn-Buder-Foto mit freundlicher Genehmigung)


Karin Grabenhorst, wenn am 29. Juli in Frankfurt eine große Tagung des internationalen Trauer-Hilfs-Netzwerks "The Compassionate Friends" startet, dann ist an diesem ersten Tag der Tagung ein wesentlicher Bestandteil ein "Walk To Remember", ein Trauermarsch all der Eltern, die ein Kind verloren haben. Wie muss ich mir das vorstellen?

Karin Grabenhorst: Der "Walk to remember" steht als deutlich sichtbares Zeichen dafür, dass diejenigen, die um ein Kind trauern, nicht allein ihren Weg durch die Trauer gehen müssen, sondern dass es "mitfühlende Freunde" gibt (das ist die Übersetzung von The Compassionate Friends), die mit ihnen gehen - und das weltweit! Wie tröstlich das ist, in einer so großen Schicksalsgemeinschaft unterwegs zu sein, habe ich selbst 2012 in Costa Mesa /USA bei der letzten internationalen Tagung so erlebt. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Tagung unter dem Motto "Mourning in Motion - Trauer in Bewegung" steht (Anmerkung des Blogautoren: Anmeldeschluss ist am 31. 5. 2016, spannendes Workshop- und Vortragsprogramm). Es war meine Idee, auch hier deutlich zu machen, dass "Trauer" in Bewegung gekommen ist und immer weiter aus der Tabuzone herausgeholt wird: Inzwischen als Forschungsgegenstand an Universitäten, Gründungen von Netzwerken und Selbsthilfegruppen.   

Und wie ist das Ganze geplant?

Karin Grabenhorst: Konkret treffen wir uns am 29.7.16 um 17.15 h Uhr vor dem Hotel InterContinental in Frankfurt, wo die Tagung "Mourning in Motion - Trauer in Bewegung" stattfindet. Alle TagungsteilnehmerInnen, dazu gehören auch die ReferentInnen und diejenigen, die sich - angesprochen durch die Presse - spontan mit "auf den Weg machen wollen", gehen den Weg zum Eisernen Steg und besteigen dort ein Schiff zu einer Fahrt auf dem Main. Da wir alle grüne T-Shirts mit Logo und Namen des Kindes tragen, um das wir trauern, wird sich ein grünes Band am Mainufer entlang ziehen, bis "alle in einem Boot"  auf dem Main schippern. 

Viele Eltern könnten sich sicher vorstellen, an dem Trauermarsch teilzunehmen, aber nicht unbedingt an der Tagung - ist das möglich und an wen müssten Sie sich wenden, wenn?

Karin Grabenhorst: Der Walk to Remember ist eine öffentliche Veranstaltung, genauer eine Demo, da ist keine Anmeldung erforderlich. Der Treffpunkt ist vor dem Hotel InterContinental um 17.15.Uhr. Im Foyer halten wir einige wenige T-Shirts für diejenigen vorrätig, die sich noch spontan entscheiden, dazuzukommen und auch die Main-Schifffahrt mitzumache. Offiziell endet der Anmeldeschluss am 31. 5. 2016, auch für Tagesanmeldungen. 

Es ist ja erstaunlich, dass so etwas ausgerechnet im Sommer stattfindet und mal nicht an den "traurigen Tagen im November" - ist das Absicht?

Karin Grabenhorst: Es ist Tradition, die Internationale TCF-Tagung mitten im Sommer stattfinden zu lassen. Die meisten internationalen TeilnehmerInnen verbinden die Teilnahme an der Tagung mit einem Besuch des Gastlandes. Und Deutschland im November ist ja auch nicht wirklich einladend... Außerdem sind im November alle aktiv in Vorbereitung des Worldwide Candle Lighting und werden in ihren Trauergruppen gebraucht - eben wegen der traurigen Tage im November...

Für alle Leser, die damit nichts anfangen können - was genau ist das "World Wide Candle Lighting"?

Ein Lichterband umspannt die ganze Welt - das ist die Idee des weltweiten Gedenktages an verstorbene Kinder.  (Thomas-Achenbach-Foto)
Karin Grabenhorst: Jedes Jahr findet am 2. Sonntag im Dezember der Weltgedenktag für die verstorbenen Kinder, das Worlwide Candle Lighting statt, ins Leben gerufen durch The Compassionate Friends. Hier findet die sichtbare Verbundenheit aller Menschen weltweit, die um ein verstorbenes Kind trauern, seinen berührendsten Ausdruck: Eltern, Geschwister, Großeltern, Angehörige und Freunde stellen um 19 Uhr zeitzonenversetzt ein Licht für die Kinder in die Fenster. So zieht sich das Lichterband in 24 Stunden um die ganze Welt für die Kinder, mit ihrem Leben die Welt erhellt haben und immer noch in das weitere Leben strahlen. Dieses Bild hat mich so inspiriert, dass ich mein Lied "So weit vor deiner Zeit" in viele Sprachen übersetzen ließ und die internationale Version "Long before your time" entwickeln konnte - jeder Kontinent ist vertreten, und viele Menschen waren daran beteiligt. Auch aus diesem Grund kam ich ins Internationale Komitee der TCF. 

Die Compassionate Friends sind wie der Bundesverband der verwaisten Eltern und Geschwister ein Zusammenschluss von Eltern, die Waisen geworden sind - ist die deutsche Vereinigung so etwas wie der "Kleine Bruder"?

Karin Grabenhorst: Wenn Sie auf die Größe der beiden Länder anspielen: Bei der letzten internationalen Tagung in Costa Mesa/USA habe ich 2012 erlebt, wie sich die Mitglieder einer großen Weltfamilie umeinander gekümmert haben, miteinander trauerten, gemeinsam weinten und auch lachten, das LEBEN mit dem verstorbenen Kind - oder der verstorbenen Kinder - in den Mittelpunkt stellten und sich dabei unterstützten, und das generations- und kontinentübergreifend. Gleichwohl ist die Mitgliederzahl in den USA natürlich um ein vielfaches höher, nicht nur bedingt durch die Größe des Landes, auch weil viele Kinder - anders als bei uns - in Kriegen und bei Naturkatastrophen ums Leben kommen. 

Bei der Tagung, die Sie da organisieren, bieten Sie ein qualitativ hochwertiges Programm auf dem Niveau der "Leben und Tod" in Bremen, sehen Sie da keine Konkurrenzgefahr?

Karin Grabenhorst:  Nein, überhaupt nicht: Die "Leben und Tod" in Bremen ist eine Messe, dort gibt es immer ein umfangreiches Vortrags- und Workshop Programm, parallel dazu bieten kommerzielle Aussteller ihre Produkte an. Bei unserer Tagung (oder, um den englischen Begriff "Gathering" = "Zusammenkunft" zu verwenden) ist die Begegnung der weltweiten LändervertreterInnen der Institutionen, die Trauernde nach dem Tod eines Kindes begleiten und, wie in Deutschland, sich auch politisch und wissenschaftlich positionieren. Diese LändervertreterInnen sind oft selbst vom Tod eines Kindes betroffen, es ist wie der Austausch von Selbsthilfeorganisationen. Hier sah ich die Chance, dass wir neben dem Netzwerk-Ausbau erstmalig in den Austausch darüber gehen, wie in anderen Ländern und Kulturen Trauernde nach dem Tod eines Kindes (egal, wie alt und durch welche Ursache es es ums Leben kam) begleitet werden.

Warum ist dieser Austausch so wichtig?

Karin Grabenhorst: In den letzten Jahren ist viel in Bewegung gekommen - gleichzeitig ist Tod und Trauer, insbesondere nach dem Tod eines Kindes, gesellschaftlich immer noch sehr tabuisiert. Um an dieser Stelle zu schauen, was inzwischen gut auf den Weg gekommen ist, wo wir in der Trauerbegleitung voneinander lernen können (Best Practice) und wo Forschung und Lehre stehen, fand ich das Motto "Mourning in Motion - Trauer in Bewegung". 

Haben Sie einen Tipp für alle, die mit trauernden Eltern im Umfeld zu tun haben - wie sollten Sie ihnen begegnen, was brauchen Menschen in einer solchen Situation?

Karin Grabenhorst: EINEN Tipp? Das schaffe ich nicht...   

(... und was Karin Grabenhorst dann im Folgenden alles mitgeschickt hat, ist so lesenswert und wertvoll, aber auch so lang, dass es einen ganz eigenen Blogbeitrag an anderer Stelle wert ist... - demächst also mehr dazu auf diesem Blog.)

Zur Person: Karin Grabenhorst ist Vorstandsmitglied im Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V., außerdem ist sie im International Comitee of The Compassionate Friends( TCF). Grabenhorst bietet gestaltende Lebens- und  Trauerbegleitung, Projekte über Leben und Tod, Abschied, Trauer und Hoffnung und ist die Autorin von "Siris Reise oder Wo ist der Weg zur Ewigkeit?" mit eigenen Illustrationen, erschienen beim SANTIAGO VERLAG, Goch.

Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück sowie im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Mehr Infos gibt es hier

Ebenfalls auf diesem Blog: Was bringt eigentlich Trauerbegleitung? Was kann sie leisten und was nicht? Ein Interview. 

Ebenfalls auf diesem Blog: Zehn Tipps für einen hilfreichen Umgang mit Trauernden - für Angehörige, Freunde und Kollegen

Und im Kultur-Blog des Autors: Weltweit einmalig: Warum gibt es in Deutschland eigentlich so viele Theater - und die Subvention? Wie kommt das?

Ist eine der Organisatorinnen der Tagung "Mourning In Motion" - die in Deutschland arbeitende Karin Grabenhorst.   (Thomas-Achenbach-Foto)