Montag, 30. April 2018

Ein eindrucksvoller Dokumentarfilm über das Sterben und über Trauer in einer Familie, alles echt, aber ohne jede Voyeursaufdringlichkeit - warum Filmemacherin Veronika Kaserer unbedingt "Überall wo wir sind" drehen wollte und warum sie sogar eigenes Geld in das Projekt gesteckt hat - Trauer verstehen lernen


Voller Kinosaal auf der Berlinale - "Überall wo wir sind" hat dort nicht nur die Jury überzeugt (Daniel-Seiffert-Foto, mit freundlicher Genehmigung).

Osnabrück/Berlin - Er sei ja kein Held, sagt der Vater Jürgen Lekutat in einer der bewegendsten Szenen dieses Films, vermutlich einer der bewegendsten Augenblicke seines Lebens, an dem wir hier teilhaben. Da ist gerade klar geworden, dass sein an Krebs erkrankter Sohn Heiko den Rest seines kurzen Lebens in einer Art Delirium verbringen wird, wenn er die von ihm gewünschte Medikation bekommt. Und dass der Augenblick eines bewussten Abschieds genau jetzt gekommen ist. 

Dem Vater kommen da die Tränen - einmal, kurz, von seinem immer so lebensmutigen und so offen schicksalszugewandten Sohn tadelnd ausgezischt, sackt er in die Verzweiflung, fängt sich aber wieder. Später in diesem Film sehen wir die Eltern bei der Gartenarbeit, ein großes aus Blumen und Farben gestecktes Herz mit dem Namen Heiko ist überall präsent; wir sehen sie im Wohnzimmer, wo eine Art Traueraltar aufgebaut ist. Und wir spüren: Heiko ist überall dabei, die Familie ist in Trauer, aber sie ist es bewusst. Sie macht vieles, instinktiv, richtig, weil sie das tut, was Menschen in einer solchen Krise gut tut. Und sie sind sehr wohl Helden: Helden des Lebens. Alle Menschen, die solche Situationen durchlebt haben, sind Helden. Ein Film über das Sterben, ein Film über Trauer, ein eindrucksvolles Dokument eines Lebens und seines Endes - das ist Veronika Kaserers "Überall wo wir sind". 

Der Kontakt kam über den Bundesverband Trauerbegegleitung (BVT), in dem ich ebenfalls Mitglied bin. Es war eine E-Mail von Nicole Friederichsen als der Fachfrau für die BVT-Öffentlichkeitsarbeit, in der sie mir schrieb, ob ich nicht etwas über diesen Film machen könnte und wollte. Und über die Filmemacherin Veronika Kaserer. Denn so eindrucksvoll "Überall wo wir sind" auch ist - der Film ist bisher noch nicht in der so genannten Kino-Auswertung gelaufen. Soll heißen: Er lief bisher nur auf Festivals und Anfrage. Wobei das Anschauen des Films - und das ist meine ganz persönliche Meinung - wirklich lohnend sein kann. Wie überhaupt das Hinsehen in Richtung Trauer und Tod immer lohnend sein kann. Dass der Film sich bei aller gezeigten Intimität in Zurückhaltung üben kann, dass er ohne jede Voyeursaufdringlichkeit daherkommt und dass er sein ernstes Thema nicht mit einem einem ständig die Dramatik betonenden Off-Sprecher oder mit einem pathosgeschwängerten Bombastsoundtrack untermalt, sondern einer unaufdringlichen und selten präsenten Filmmusik, sind seine großen Verdienste. Der Film kommentiert nicht, erklärt nicht, er zeigt nur. Und das macht ihn so wertvoll. Aber warum lassen Menschen einen so offen daran teilhaben? Mich hat das interessiert. Hat mich neugierig gemacht. Hat viele Fragen geweckt.

Warum dreht jemand so einen Film? Wie kommt es dazu, dass eine Familie einen beim Sterben des Sohnes zugucken lässt? Und zwar nicht nur die Filmemacher mit ihrer Technik, sondern vermutlich eines Tages die gesamte dies interessierende Öffentlichkeit? Und wie ließe sich das besser herausfinden als über ein Interview? Also per E-Mail die Filmemacherin Veronika Kaserer angeschrieben. Und nachdem wir eine Weile in unserem E-Mail-Ping-Pong zwischen dem Sie und dem Du hin- und hergependelt sind (mit der üblichen alle Anreden vermeidenden Zwischenstufe "Lieber Thomas Achenbach", "Liebe Veronika Kaserer"...), haben wir das Interview - obwohl im Sie begonnen - noch auf ein Du gedreht. Ist irgendwie doch stimmiger. Auch angesichts eines so intimen Themas. Das Interview haben wir per E-Mail durchgeführt. Ich habe es mit ein paar den Film noch näher beschreibenden Passagen zusätzlich ergänzt... 

Liebe Veronika Kaserer, wie war es denn auf der Berlinale - Dein erstes Mal dort? Da hat der Film ja sogar einen Preis bekommen?

Veronika Kaserer: Für "Überall wo wir sind" hätte es keine bessere Plattform als die Berlinale geben können, doch damit hat natürlich niemand gerechnet. Der Anruf, dass wir im Programm der Perspektive Deutsches Kino unsere Premiere feiern werden, kam sehr überraschend und dass wir am Ende den Kompass-Perspektive Preis mit nach Hause nehmen konnten, empfinden wir als große Ehre.

Was war denn zuerst da? Die Idee einen Film über einen Sterbeprozess zu machen oder ein Kontakt zu der Familie?

Die Familie Lekutat und die Filmemacherin (v.l): Karin Lekutat, Jürgen Lekutat, Veronika Kaserer, Sonja Lekutat - "Überall wo wir sind" zeigt ihren Lebens- und Leidensweg (Daniel-Seiffert-Foto, mit freundlicher Genehmigung).

Veronika Kaserer: Die Idee, respektive das Bedürfnis, einen langen Dokumentarfilm über das Thema Trauer und die Bewältigung von Trauer zu machen, schlummerte schon seit 2008 in mir, als ich einen 20minütigen Dokumentarfilm zum selben Thema im Zuge des Filmstudiums drehte.

Wie kam es zum Kontakt mit der Familie?

Veronika Kaserer: Im Spätsommer 2016 fing ich intensiv in Berlin an zu recherchieren, angefangen mit der Palliativstation in der Charité, über andere Palliativstationen und Hospize, mit dem Ziel, eine Familie oder einen Freundeskreis kennenzulernen, die eventuell so ein Projekt unterstützen und mittragen würden. Keine einfache Aufgabe, wer will in so einer Lebenssituation schon ein Kamerateam während intimster Momente dabeihaben? Wer will schon freiwillig immer wieder mit Interviewfragen konfrontiert werden, die womöglich Dinge anstoßen, die weh tun? Schließlich lernte ich Dr. med. Christine Klühs kennen, eine SAPV Ärztin (SAPV: spezialisierte ambulante Palliativversorgung) aus Berlin Pankow. Sie betreut im Schnitt ca. 30 Menschen, die sich dazu entschlossen haben, zu Hause zu sterben. Ihr kam eigentlich sofort der 29-jährige Heiko Lekutat, ein lebensfroher, charismatischer, einbeiniger Tanzlehrer in den Sinn, der seit 7 Jahren an einer seltenen Krebsart litt, doch allen Prognosen zum Trotz immer weiterlebte. Es kam schnell zu einem Treffen zwischen Heiko und mir, wir haben uns auf Anhieb gemocht und dann ging der Dreh los.

Wenn ich es recht gelesen habe, hast du auch eigenes Geld in den Film stecken müssen - also eine Herzenssache?

Veronika Kaserer: Absolut. Der klassische Weg, nämlich das Projekt über Filmförderungen und TV-Sender zu finanzieren, hätte in unserem Fall zu viel Wartezeit beansprucht, eine Zusage kann unter Umständen Monate und Jahre dauern. Die Entscheidung, meiner Intuition zu folgen und mit dem Dreh anzufangen, hat sich am Ende als die Richtige rausgestellt. Eine kleine Künstlerförderung aus Italien unterstützte die ersten Drehtage, den Rest habe ich selbst mit meinem Ersparten finanziert.

Aber warum - eigenes Geld?

Veronika Kaserer: Ich habe eine wichtige Erfahrung gemacht, nämlich dass es sich unglaublich lohnen kann, nicht im finanziellen, doch im persönlichen Sinn, wenn man eine Idee verfolgt und diese dann einfach umsetzt, ohne viel auf die Hindernisse zu geben. Zudem gibt es meiner Meinung nach viel zu wenige Filme, die das Thema Trauer behandeln, wo doch jeder Mensch früher oder später in seinem Leben irgendwann damit konfrontiert wird.

Sich mit einem Kamerateam bei einer Familie einzunisten und auf filmenswerte Augenblicke zu warten, das braucht doch eine Menge Zeit - oder?

Veronika Kaserer: Jemand muss viel Zeit und Geduld mitbringen, doch das ist Teil des Arbeitsprozesses, wenn nicht wie bei TV-Reportagen das Drehbuch von Anfang an steht und die Protagonisten eher als Schauspieler fungieren, sondern wie im Fall von Überall wo wir sind ich mich bewusst mit Anweisungen und Eingriffen zurückgehalten habe, um im besten Fall unsichtbar zu werden. Nur so können wahrhaftige Momente gedreht werden, nämlich wenn die Menschen vor der Kamera das Gefühl haben, sie können so sein, wie sie sind, dass genau das das Interessante ist.

Wie viele Leute waren denn jeweils vor Ort?


Wenn es nicht mehr darum geht, Leben um jeden Preis zu verlängern, sondern das Ende zu gestalten: Ärztin Dr. med. Christine Klühs im Gespräch mit ihrem Patienten Heiko Lekutat  (Filmstill aus "Überall wo wir sind").

Veronika Kaserer: Für dieses Projekt habe ich zum ersten Mal neben der Regie auch die Kameraarbeit übernommen, zum größten Teil. Die meisten intimen Szenen habe ich alleine gedreht, also auch zugleich den Ton aufgenommen. Das hat natürlich mit dem geringen Budget zu tun, aber auch mit einer bewussten Entscheidung: je weniger Menschen in einem intimen Raum anwesend sind, desto mehr können sich alle Beteiligten entspannen. Für die anspruchsvolleren Szenen wie z. B. beim Tanzunterricht, oder bei der Trauerfeier, wo viele Menschen anwesend sind, hatte ich dann einen Kameramann mit dabei, in dem Fall Jan Zabeil oder Jakob Stark, beide bringen die nötige Sensibilität mit und ein gutes Gespür für Menschen und Situationen, was bei dem Thema unabdingbar ist. 

Warum findest Du es wichtig, dass sich Menschen so einen Film ansehen?

Veronika Kaserer: Das Thema Trauer verdient mehr Aufmerksamkeit, bzw. Achtsamkeit. Unbedingt. Als ich meine Mutter in jungen Jahren durch Krebs verloren habe, konnte ich erstmal die Welt nicht mehr verstehen. Gefühle wie Wut und Verbitterung, Aggression und Traurigkeit, aber auch Liebe und Freude wechselten sich oft im Minutentakt ab. Nach wie vor empfinde ich meine Lebensphasen der Trauer als die intensivsten und die, die mich persönlich am meisten weitergebracht haben. Später habe ich verstanden, dass mir meine Mutter mit ihrem Ableben eine Art Geschenk hinterlassen hat: ich entwickelte Bewusstsein für mein Leben und das Leben der Menschen um mich, ich wandte mich mehr nach Innen und habe dadurch meinen Beruf des Filmemachens gefunden, den ich über alles liebe.

Tatsächlich zeigt der Film auch eindrucksvoll den Trauerprozess der Familie (Persönliche Anmerkungen am Rande, 1...): So werden wir Zeuge, wie es beim gemeinsam mit Freunden gestaltete Ausräumen von Heikos Wohnung immer um die Frage geht, wer denn das als Kultobjekt erlebte Helene-Fischer-T-Shirt bekommen wird oder in wie die teils auf Krücken gehenden Großeltern die Ungerechtigkeit des Schicksals beklagen ("Wir wären doch jetzt dran!"). Wir erleben, wie rasch die Erinnerungen nach dem Tod zu schwinden scheinen ("Ich habe seine Stimme vergessen!") und wie die Mama dennoch sagt: Ich sehe ihn immer, überall. Überhaupt, die Mama: Sie, die selbst einmal durch eine eigene Nahtoderfahrung bereits am Rand des Übergangs gewesen ist, schwankt spürbar zwischen der Besonnenheit, die die eigene Erfahrung mit sich gebracht hat und der Verzweiflung darüber, den eigenen Sohn zu verlieren. Dadurch, dass der Film das alles unkommentiert so stehenlässt, ergibt sich seine unmittelbare Nähe - das ist eben alles das Leben, nicht bloß aus dem Leben gegriffen, es ist "the real thing". 

Hast du für Dich selbst etwas gelernt bei den Dreharbeiten? Oder ist man dann zu sehr aufs Filmische fokussiert - um in einer persönlichen Lernzone zu sein?

Veronika Kaserer: Im Gegenteil, durch die Kamera fühlte ich mich noch näher an den Menschen dran wie ohne. Ich habe sehr viel von Heiko und seiner Familie gelernt, es ist erstaunlich, wie offen alle Beteiligten mit ihren Gefühlen und miteinander umgehen, egal ob die Kamera läuft oder nicht. Ich bewundere den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Akzeptanz der individuellen Trauerbewältigung.

Aber kann nicht die Kamera auch zu einer Art Schutzschild werden, wenn es einen selbst gerade zu sehr packt, was da an echtem Leben und vor allem echtem Sterben um einen herum geschieht?

Veronika Kaserer: Mein Beruf ist ja eigentlich die Regie, das bedeutet, dass ich in den allermeisten Fällen die Kamera- und/oder Tonarbeit nicht selbst übernehme, und dadurch auch kein "technisches Schutzschild" habe. Ich denke, dass ich immer sehr intensiv mit den Menschen vor der Kamera, also mit den Protagonisten, verbunden bin, irrelevant ob mit oder ohne Kamera dazwischen. 

Der Film zeigt auch die ersten Trauerprozesse nach dem Tod und geht hier eindrucksvoll weit - hast Du noch immer Kontakt zur Familie, beobachtest Du, wie es dort weitergeht?


Heiko Lekutats letzter Gruß, nur einige Stunden vor seinem Versterben am 15. Februar 2017 - mit dieser Szene beginnt die Dokumentation (Filmstill "Überall wo wir sind").

Veronika Kaserer: Ich bin mit der Familie Lekutat natürlich noch in Kontakt, die Dreharbeiten und die damit verbundenen Erlebnisse haben uns schon zusammengeschweißt, und wir interessieren uns weiterhin gegenseitig für das Leben des Anderen.  

Der Film ist schon hart, emotional, ergreifend, aber letztlich auch auf irgendeine Weise "schön" - ein am Ende doch irgendwie sanfter Tod unter vielen Vertrauten im eigenen Heim, das ist ja - leider, leider - nicht wirklich die Sterberealität in Deutschland. Einmal wird das im Film auch erwähnt, einer der Pfleger sagt so etwas. Müsste man dieses andere Sterben nicht auch mal zeigen?

Veronika Kaserer: Es gibt viele verschiedene Arten, wie jemand stirbt und bedauerlicherweise ist es wohl sehr oft so, dass die Menschen alleine gehen, ohne dass sich jemand darum kümmert. Als Dokumentarfilmerin weiß ich erstmal nicht, welche Geschichten und Prozesse auf mich zukommen, denn ich nehme das Leben so, wie es kommt. Doch natürlich spielt die persönliche Einstellung des Filmemachers am Ende eine große Rolle und vielleicht suche ich mir, ob unterbewusst oder nicht, deswegen genau die Protagonisten, die das Thema so bewältigen, dass es Hoffnung gibt und die das Schöne und Überwältigende in der Tragik nicht vergessen...

Tatsächlich macht der Film das übrigens spürbar.... (Persönliche Anmerkungen am Rande, 2...): Denn er erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern springt in den Zeiten hin und her. Gleich zu Beginn sehen wir in einer sehr stillen, merkwürdigerweise fast ganz in weiß getauchten Szene, wie sich Heiko Lekutat mit seinem bleichen Körper langsam im Bett herumdreht und dem Betrachter den Rücken zukehrt. Das ist, wie wir später erfahren, nur wenige Stunden vor seinem Tod aufgenommen. Und doch zeigt er das V-Zeichen. Victory. Lebenslust. Lebenszugewandt. Bis zum tatsächlichen Ende. Und draußen blühen die Schneeglöckchen - in Weiß. Ein berührender Start in diese Geschichte. Später wird immer wieder hin- und hergeschnitten und gewechselt zwischen dem Danach, dem Davor und dem Mittendrin. Momente der Trauer fügen sich nahtlos ein in filmische Dokumente, die Heikos unbezwingbaren Mut und Lebenswillen zeigen. Denn schon zuvor hatte ihm wegen des Krebses ein Bein abgenommen werden müssen. Was den Tanzlehrer jedoch nicht davon abhielt, weiter selbst zu trainieren, Unterricht zu geben, Auftritt zu absolvieren...

Der Film lässt hier und da auch auf einer Metaebene spirituelle und tiefergehende Einflüsse zu - bei so einer Art buddhistischer Lebensberatung wird überlegt, wo die "Geschenke" in diesem gemeinsamen Sterbeprozess liegen könnten - und es gibt noch anderes. Hast Du Dich jemals beim Drehen gefragt: Darf man sowas eigentlich?

Veronika Kaserer: Wie schon oben erwähnt, denke ich, dass persönliches Wachstum nur dadurch entstehen kann, wenn wir die schmerzhaften und bitteren Phasen in unser Leben bewusst durchleben, auch wenn wir damit an unsere eigenen Grenzen stoßen. Der Verlust eines geliebten Menschen gehört zu diesen Phasen. Das Kaleidoskop von Gefühlen sorgt dafür, dass wir eher dazu tendieren, Trauer und Schmerzen wegzuschieben, es gibt ja auch genug Möglichkeiten der Ablenkung in dieser schnelllebigen, kapitalistischen Welt. Ablenkung kann auch genauso wichtig sein, kein Mensch hat die Kraft, sich 24/7 dem Schmerz hinzugeben. Doch meine ich, dass Schönheit im Schmerz gefunden werden kann und diese irgendwann, wenn viel Zeit vergangen ist, eine Energie entfaltet, die produktiv und dem Leben zugewandt sein kann. Ein Geschenk ist auch, dass der Tod eines anderen mir die wertvolle Chance bietet, mich mit meiner eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen. Durch eine solche Auseinandersetzung fällt es mir leichter, mich für die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben zu entscheiden und diese bewusst zu leben.

Wie soll es denn weitergehen mit dem Film? DVD? Öffentliche Vorführungen? Sind welche geplant? Ein Kino-Starttermin bundesweit, ist so etwas möglich?

Filmemacherin und Regisseurin Veronika Kaserer.

Veronika Kaserer: Wir planen wir einen möglichen Kino-Start im Herbst 2018. Bei Festival- und Preview-Screenings in Berlin und Potsdam haben wir festgestellt, dass selbst Zuschauer, die von Freunden überredet werden mussten, den Film anzuschauen, weil ihnen das Thema ursprünglich zu schwer erschien, erfüllt und glücklich aus dem Film gehen konnten. So heißt es in der Berlinale Jurybegründung: „Veronika Kaserer hat einen Film über Trauer gemacht, auch um uns daran zu erinnern, wie lebenswert das Leben ist.“ DVD’s gibt es ab 2019, am besten über die Film-Homepage: everywhereweare.com (Anmerkung: Everywhere we are ist der englische Filmtitel).

Und was ist das nächste Projekt?

Veronika Kaserer: Ich schreibe zurzeit an meinem ersten Roman.


Übrigens: Lust drauf, diesen Blog auch als Podcast zu hören? Dann bitte hier klicken für die Übersicht über alle bisher veröffentlichten Episoden, darunter meine Interviews mit dem Buchautoren Pierre Stutz, dem "Letzte Lieder"-Macher Stefan Weiller und dem Trauer-Chat-Moderator und Ex-Spielsüchtigen Kai Sender....

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.

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Dienstag, 24. April 2018

Im Labyrinth der Trauer gibt es keine Phasen, sondern nur ein Durcheinander - diese Aufgaben stellt das Leben an Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise - Trauerphasen verstehen, Trauerverläufe kennenlernen (Modell nach William J. Worden)

Osnabrück - Dass die Trauer in verschiedenen Phasen verläuft, dass der Trauernde einen Weg zu gehen habe, der ihn über verschiedene Stationen führt, das sind oft benutzte Bilder. Aber wie muss man sich das vorstellen? Welche Phasen gibt es? Wie sieht er aus, dieser Weg? Und: Gibt es tatsächlich ein Ziel? 

Es war die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross, die bereits in den 60erJahren erste Anläufe unternahm, den Trauerweg in verschiedene Phasen einzuteilen - wobei sie diese Phasen zunächst für den Prozess eines langsamen Sterbens definiert hatte. Ihr Modell dürften viele noch kennen - auch ich habe es seinerzeit in der Schule so vermittelt bekommen: Nicht-wahrhaben-wollen, Wut und Aggression, Auflehnung und Verhandeln, emotionales Durcheinander bis zur Depression und schließlich Akzeptanz. Doch das Modell hat so seine Tücken. Beispielsweise die dadurch vermittelte Vorstellung, man durchlaufe verschiedene Räume, verschiedene Stufen, die aufeinander aufbauen, aber in sich abgeschlossen sind - wie die Erfahrungen mit Trauernden dann zeigten: Dem ist nicht so. Stattdessen gibt es ein großes Durcheinander verschiedenster Prozesse. Manchmal sogar innerhalb eines Tages. Wut und Aggression tauchen ebenso in Schüben auf wie Phasen großer Ohnamcht und Hilflosigkeit. Das alles verläuft mehr in parallelen Wellenbewegungen (die niederländische Trauerforscherin Ruthmarijke Smeding spricht von "Gezeiten").  Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Verlaufsmodellen und Phasenmodellen. Das Überzeugendste ist sicherlich das des Trauerforschers Dr. William J. Worden.


In Mechthild Schroeter-Rupiepers lohnendem "Handbuch für Trauergruppen" findet sich diese Illustration zum Thema "Aufgaben in der Trauer", mit dem ich hier symbolisch gearbeitet habe.   (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

Das liegt unter anderem an der von ihm gewählten Formulierung: Worden spricht nicht von Phasen, sondern von "Aufgaben der Trauer". Das ist geschickt formuliert, weil es klarmacht, worum es geht: Nicht das passive Durchleben von sich irgendwie einstellenden Verläufen, sondern aktives (Mit-) Steuern eines Entwicklungsprozesses. 
Laut Worden gibt es vier Aufgaben innerhalb eines Trauerprozesses. In ihrem Buch "Praxisbuch Trauergruppen" hat die Autorin und Trauerexpertin Mechthild Schroeter-Rupieper seine Erkenntnisse ganz unnachahmlich zusammengefasst und in ein Bild gebracht. Außerdem ergänzt sie das Trauermodell um eine Idee der Trauerbegleiterin und Buchautorin Chris Paul. Wie sie beide Wordens Aufgaben auf einen Nenner bringen, lässt sich dieses "erweiterte Aufgabenmodell" wie folgt beschreiben:

Erste Aufgabe in der Trauer - nach Chris Paul: Funktionieren! Erstmal gucken, dass die simpelsten Dinge des Alltags irgendwie aufrecht erhalten bleiben. Also sowas wie Aufstehen. Oder auch nur Atmen. Fällt manchen schon schwer genug, wenn die Ohnmacht des Todes einen herniederdrückt - beispielsweise nach einem Suizid, einem Unfalltod, einem Krebstod oder nach welcher Art auch immer. Der Tod eines anderen macht sprachlos, fassungslos und drückt einen nieder. Einfach nur funktionieren ist da oft erstmal schwer genug. Da hat Chris Paul durchaus Recht. 


Die Aufgaben der Trauer sind ein Weg durchs Labyrinth. Immer anders, scheinbar gleich, niemals linear. Und doch irgendwie ein Weg (Thomas-Achenbach-Symbolfoto).

Zweite Aufgabe in der Trauer (und die erste Aufgabe nach Worden): Das Begreifen. Das ist leichter gesagt als getan - diesem Thema habe ich vor schon kurzem einen Blogbeitrag gewidmet, der mich überhaupt erst zu dieser Fortsetzung angereg t hat. Grob gesagt geht es darum, die Tragweite des Verlusts zu akzeptieren, diesen als neue Realität anerkennen zu lernen. Der oder die Gestorbene ist tot, wird nicht wiederkehren, das muss erstmal verinnerlicht werden. Oft geht das nur in ganz kleinen Stücken oder ganz kleinen Schritten, oft berichten Trauernde, dass der Verstand dort weiter ist als das  Herz es jemals sein könnte.

Dritte Aufgabe in der Trauer (und die zweite Aufgabe nach Worden): Die Gefühle zu durchleben und die Schmerzen zu erfahren. Alle Schmerzen und die Verzweiflung zulassen, sie auszuleben, wahrzunehmen, nicht wegzudrücken, darum geht es. Das ist oft besonders schwer, weil das Umfeld von Trauernden hier ungerne mitspielt. Oft steht dem eine Erwartungshaltung entgegen, die besagt: Komm, sei doch mal wieder normal. Aber normal ist nun einmal nicht in einem Trauerprozess, also in einem Prozess, der ja nun gerade das als unnormal erlebte aufzuarbeiten wünscht. Laut Worden ist es in Ordnung, all das zuzulassen, was da ist, ja, es sozusagen zu durchschreiten: Gelähmtsein oder um sich schlagende Verzweiflung. Niedergeschlagenheit oder Aggression (vor allem bei dieser Aufgabe kann es sinnvoll sein, sich die Unterstützung durch professionelle Trauerbegleiter zu holen, die die aufkeimenden Gefühle gut einordnen können).


Das sind sie: Die Aufgaben der Trauer nach Worden und nach Chris Paul in der Illustration von Mechtild Schroeter-Rupieper (Thomas-Achenbach-Symbolfoto).

Vierte Aufgabe in der Trauer (und die dritte Aufgabe nach Worden): Neuorientierung und weiteres Suchen. Oder in den Worten von Mechthild Schroeter-Rupieper: Das Verändern. Stellen wir uns so ein Mobile vor, das man irgendwo aufhängen kann. An jedem Fädchen von diesem Mobile hängt ein Teil, jeweils zwei Teile hängen sich gegenüberliegend an einer Stange, diese verschiedenenen Haltestangen jeweils sind ebenfalls geschickt hineingefügt in dieses ganze System. Solange alles so bleibt, wie es ist, kann sich das Mobile hin- und herbewegen und es ist hübsch anzusehen. Schneiden wir nun aber eines der hängenden Teile hinaus, gerät dieses komplette System in ein Ungleichgewicht und in eine Unordnung. Alle Bewegungen dieses Mobiles wirken jetzt unkoordiniert und vermutlich ein bisschen hilflos. Genau so ist das auch, wenn ein Mensch stirbt - betroffen davon ist aber ein ganzes System aus vielen Komponenten. Und das gerät in ein Ungleichgewicht. Es muss sich erst wieder neu orientieren, sich neue Stabilitäten suchen, fast alles muss sich neu zusammenfügen. Das braucht Zeit und das ist eine der Aufgaben, vor denen Menschen in einer Verlustkrise oft stehen. Menschen, die einem früher gut getan haben, wenden sich plötzlich von einem ab, andere tauchen auf, die hilfreich sein. Hobbies, die man gepflegt hat, machen keine Freude mehr. Dafür tut es einem plötzlich gut, stundenlange Spaziergänge zu machen oder mit seinen Toten am Grab oder sonstwo einen Dialog zu führen. Das ganze Leben muss sich neu ordnen - und der in einer Verlustkrise steckende Mensch sieht sich vor der Aufgabe, diese Sortierungen vorzunehmen. Darum geht es. 

Fünfte Aufgabe in der Trauer (und die vier Aufgabe nach Worden): Der oder dem Toten einen neuen Platz zuweisen. Was das bedeuten kann, macht der britische Autor Julian Barnes in einem Satz deutlich: "Das können diejenigen, die den Wendekreis des Leids noch nicht überschritten, oft nicht verstehen - wenn jemand tot ist, dann heißt das zwar, dass er nicht mehr am Leben ist, aber es heißt nicht, dass es ihn nicht mehr gibt." Und darum geht es bei dieser Aufgabe: Es geht eben nicht, wie es Außenstehende einem oft empfehlen, um ein "Loslassen", aber eben auch nicht um ein krampfhaftes "Festhalten". Stattdessen ist es hilfreich, dem Verstorbenen einen gefühlsmäßigen (oder auch tatsächlichen) Platz zu geben, einen Ort, wo man weiß, dass man ihn oder sie finden kann. Dass so etwas funktionieren kann, spiegeln mir die Menschen, die ihre eigenen Verlusterfahrungen schonn vor vielen Jahren gemacht haben, so hart sie auch gewesen sein mögen (verlorene Kinder, beispielsweise): Dass die Trauer niemals so ganz aufhört, dass aber der Schmerz in Intensität verliert, dass das Leben wieder einen neuen Mittelpunkt und eine neue Balance finden kann, auch wenn es keinen Tag gibt, an dem man nicht an den oder die Verstorbenen gedacht hat. Weil die Toten auch im Leben der Hinterbliebenen ihren neuen Platz gefunden haben.


Immer alles durcheinander und parallel - kein Weg, ein Labyrinth


Was Mechthild Schröter-Rupieper in ihrem Buch aus diesem Modell macht, ist ebenso simpel wie genial: Sie hat es in ein verschiedenfarbiges Labyrinth verwandelt (siehe Fotos). Damit kommt sie dem sehr nahe, was Trauernde als Realität erleben: Mal einen solchen Weg zu durchschreiten, mal wieder einen anderen, den man bereits erlebte, sich niemals im Ziel fühlen, sondern immer unterwegs, immer in anderen Zuständen, wechselnden Zuständen, die sich gegenseitig überlappen können, deren Heftigkeit einen überfahren kann, aber auch nicht muss. So in etwa ließe sich das beschreiben, was das Bild viel besser symbolisieren kann. Und was das "Ziel" angeht... 

Der Verlust führt direkt ins Labyrinth.

Tja, gibt es so etwas wie ein Ziel? Was es durchaus geben kann, ist eine bestimmte Art von Zustand: "Ich denke noch jeden Tag an ihn und es macht mich noch immer traurig, aber es tut nicht mehr so schlimm weh wie noch vor Jahren" - so oder so ähnlich schildern es mir oft die Menschen, die ihren eigenen Trauerweg schon seit einigen Jahren beschreiten. Sprich: Wenn die Schmerzintensität nachgelassen hat, aber die Trauer noch da ist, dann ist ein wichtiger Punkt erreicht. Aber das kann, auch das schildern mir die Menschen, die das erlebt haben, durchaus einige Jahre dauern. Das ist dann normal. Solange steckt man halt drin, im Labyrinth. Und erledigt seine Aufgaben...

Mehr zum Thema: Worden, W., Beratung und Therapie in Trauerfällen, ein Handbuch,  Huber-Verlag, 2011 (Neuauflage).

Buchtipp: "Praxisbuch Trauergruppen", Mechthild Schroeter-Rupieper, mit umfangreichem Einleitungsteil und Informationen über Trauer allgemein, Patmos-Verlag, 188 Seiten.

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten (Patmos-Verlag, März 2019) und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag, März 2020). Mehr Infos gibt es auf www.thomasachenbach.de.

Alle aktuellen Termine, Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare etc. mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

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Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

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Dienstag, 17. April 2018

Meine Kraftquellen Kreativität, Gestaltung & Fotografie - Wie das Fotografieren mich lehrt, ein kleines Stück Zen-Buddhismus in meinen Alltag einbauen zu können - Meine April-Fotos für die Mitmachaktion "Hoffnungsvoll und Seelenschwer..." des Bundesverbands Trauerbegleitung

Was hier aussieht wie ein Insektenrüssel ist der innere Teil einer Christrose, dank Makro-Objektiv in extremer Nahaufnahme (Alle Fotos: Thomas Achenbach/analoges Leitz-Makro-Objektiv, digitale Canon-SLRX)

Osnabrück - Anfang April war es wieder einmal möglich. Die Morgensonne hatte sich noch nicht mit der Wucht des Tages aufladen können. Noch ganz erfüllt von der Zartheit des Vormittags fiel sie in den Garten unseres Hauses - jenen Garten, der immer das Herz- und Seelenprojekt meiner Mutter gewesen war und der auch jetzt noch, Jahre nach ihrem Tod, ein eindrucksvolles Zeugnis ihrer damaligen Aktivitäten ist. Jahr für Jahr aufs Neue. Auch an diesem Aprilvormittag. Ich war alleine daheim, ich musste nicht ins Büro, hatte keine Termine, ich hatte Zeit und Muße. Also: Die Fotoausrüstung geschnappt und ab in den Garten. Sich ein paar Minuten nehmen für die Fotografie, für die kreative Gestaltung von Bildern. Das ist eine der wichtigsten Kraftquellen im Leben für mich - und eine der wirkungsvollsten. Und damit ist dieses Hobby prädestiniert für meine inoffizielle Teilnahme an dieser offiziellen Fotoaktion - aus ganz vielen Gründen....!

Es beginnt im März mit dem Blühen der ersten Christrosen und Schneeglöckchen. Von diesem Augenblick an gibt es bis weit in den November hinein keinen einzigen Augenblick mehr, in dem in diesem Garten nicht irgendwo irgendeine Pflanze blüht. Ich fotografiere gerne und viel und bin bei der Auswahl des Ortes selten wählerisch - solange das Motiv stimmt. Aber unser Garten bei uns am Haus ist mir immer der liebste Ort für mein Lieblingshobby. Denn was hier blüht, ist nichts anderes als das immer noch lebende Erbe meiner bereits vor vielen Jahren an einer Krebskrankheit gestorbenen Mutter. Damals war ich gerade hier ausgezogen, inzwischen bewohne ich das Haus wieder mit meiner eigenen Familie. Und wenn ich mich auf Fotopirsch in den Garten begebe, bin ich gleichzeitig auf der Suche nach Symbolen für das, was bleibt, wenn jemand geht. Das ist eine ganze Menge, das ist die beruhigende Lehre, mit der ich jedes Mal wieder ins Haus zurückkehre. Wobei das Fotografieren gar nicht lange dauern muss, manchmal reichen wenige Minuten. Was man dabei lernt, ist noch etwas anderes - etwas Tiefgehendes.


Denn Fotografieren ist auch eine Wahrnehmungsschule für unsere Welt. Und diese Schule lehrt uns, so wie es der Zen-Buddhismus tut: Es gibt nichts als den gegenwärtigen Augenblick. Das ist die einzige wirkliche Realität, in der wir Menschen leben können. So schwer es auch ist, diesen Gedanken in seiner Tiefe im Alltag nachvollziehen zu können (denn sobald Du darüber nachdenkst, bist du ja schon wieder im nächsten Augenblick angekommt, also einem neuen....) - die Fotografie bringt einen direkt dorthin. Da gibt es nur die Konzentration auf das Motiv, das Erfassen der Welt mit allen Sinnen, anderen Sinnen, den Moment des Auslösens. Und gleich danach verändert sich wieder alles, das Licht rückt ein paar Millimeter weiter auf seiner Tagesreise, die Schatten sind anders gezogen, die Welt ist niemals gleich und immer neu, jeden neuen Atemzug lang. Das erleben zu dürfen und wertschätzen zu dürfen, entfernt einen wieder vom Tod und führt einen in die Magie des Jetzt. Wirklich wahr. "Alles ist ein Geschenk des Augenblicks", heißt es, und da ist was Wahres dran. Das wird einem sehr deutlich bewusst, wenn man - so wie ich - mit einem Makro-Objektiv ganz nah an die Pflanzen heranrückt. Wobei auch dieses Objektiv eine wichtige Rolle spielt in dem Ganzen.



Denn es handelt sich dabei um ein analoges Leica-Objektiv, das schon meine Mutter für ihre ganz eigenen Gartenfotos benutzt hatte. Als ich lange nach ihrem Tod vor der Frage stand, was ich mit der geerbten analogen Leica-Spiegelreflex-Ausrüstung machen sollte, die zu ihren Zeiten mit das Hochwertigste war, was es geben konnte, aber heute, in digitalen Zeiten, allerhöchstens für Liebhaber geeignet ist, hatte ich gerade damit begonnen, mich mit meiner neuen Canon-Spiegelreflex vertraut zu machen. Als ich dann erfuhr, dass es tatsächlich Adapterringe gibt, mit denen sich auch analoge Objektive auf digitale Gehäuse aufschrauben lassen, ergaben sich für mich ganz neue Möglichkeiten. Ich kann nun also die alten Leica-Objektive auf meiner neuen Canon-Kamera benutzen. Klar, es gibt ein paar technische Details zu beachten - man muss selber scharf stellen statt den Autofokus das übernehmen zu lassen, der Lichtweg durchs Objektiv verlängert sich durch den Adapter -, aber die Resultate erlebe ich oft als besonders gelungen. Weil Leica damals einfach eine Schärfe und eine technische Rafinesse in diese Objektive einbauen konnte wie kaum eine andere Firma auf der Welt. Das merkt man noch heute. Also auch das: Lebendes Erbe. Es kommt natürlich noch ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu. Etwas typisch Männliches, vielleicht. 


Denn zu fotografieren, das bedeutet immer auch, die Technik der Kamera zu beherrschen.
Okay, zugegeben, heutzutage sind die meisten Smartphones mit einer so bahnbrechenden Kameratechnik bestückt, dass es oftmals ausreichen kann, rasch ein Bild mit dem Handy zu machen. Aber erstens liebe ich das kreative Spiel mit Schärfe und Unschärfe, was eben nur im Makrobereich gut funktioniert und was Handykameras nur bedingt mitmachen können, weil sie immer um gleichmäßig verteilte Schärfe bemüht sind. Und zweitens ist eben etwas anderes, auch zu wissen, welche Einstellungen man an einer Kamera vornehmen sollte und welche nicht. Wann die Schärfentiefe besonders gut wird oder bei welcher Blendenzahl die Details in den Vordergrund rücken. Das hat viel mit einem Erleben von Selbstkompetenz und Selbstwirksamkeit zu tun - deswegen empfehle ich Fotografie auch gerne als geeignetes Hobby in Zeiten der Krise. Denn dann spüren zu können, dass es im Leben noch immer Bereiche gibt, die sich doch irgendwie kontrollieren lassen, kann hilfreich sein. Und überhaupt ist es schön, die Welt mal anders zu sehen. Neue Blickwinkel, neue Perspektiven. Auch, wenn's - zugegeben - den Rest der Familie zuweilen nerven kann.


"Ach, du immer mit Deinem Licht", sagt meine Frau gerne mal neckend zu mir, wenn ich eine besonders stimmungsvolle Lichtsituation in mich aufnehme oder sie drauf aufmerksam mache. Wobei, allen Neckereien zum Trotz, immerhin hat das inzwischen auch in ihr ein zartes Bewusstsein dafür geweckt. Denn manchmal sagt selbst meine Frau sowas wie: "Das ist jetzt etwas für meinen Mann, wie das Licht da gerade fällt." Und kurze Zeit später ist das Licht dann schon wieder anders. Auch das ist ja immer irgendwie gleichzeitig "Hoffnungsvoll und Seelenschwer". So wie diese Aktion hier. Denn der Bundesverband Trauerbegleitung (BVT) - in dem ich ebenfalls Mitglied bin - feiert seinen zehnten Geburtstag in Form einer kreativen Mitmachaktion, zu der noch bis zum Ende des Jahres alle, die Lust haben, zur Teilnahme aufgerufen sind. Auch ohne jeden Bezug zum Thema. Wobei es interessant sein kann, sich den BVT einmal näher anzugucken.


Gegründet mit dem Ziel, der Ausbildung zum Trauerbegleiter in Deutschland einen einheitlichen Lehrplan und ein einheitliches Zertifikat verschaffen zu können, versteht sich der Verband inzwischen als Sprachrohr und Interessenvertretung für alle Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise. Sie sind es auch, die sich zur Teilnahme an der Aktion eingeladen fühlen sollen (alle Infos gibt es unter diesem Link). Wer sich ganz kreativ beteiligen möchte, kann sogar versuchen, ganze 365 Beiträge beizusteuern. Also für jeden Tag eines Kalenderjahres einen. Der Kreativität und der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, allein das Oberthema der Aktion gilt es zu beachten:



Nämlich die Fragestellung: Was sind Kraftquellen, Stolpersteine, was trägt mich in meiner Achtsamkeit, was ist hilfreich für meine Selbstfürsorge? Was bringt Wut in den Bauch, was streichelt meine Seele? Was lässt mich stolpern und wobei schöpfe ich Kraft? Es geht darum, Gefühle und Ressourcen sichtbar zu machen. In Wort, Bild oder anderen kreativen Ausdrucksformen. Die Idee ist es, aus allen Einsendungen eine bundesweite Wanderausstellung zu schaffen. Gleichermaßen soll die Aktion dazu dienen, wieder fokussierter und konzentrierter durchs Leben gehen zu können. Denn dass sich auf den Smartphones die schnell gemachten Fotos häufen, diese aber kaum mehr wahrgenommen werden, ist ein Phänomen unserer Zeit. 


So sieht der Baum, der mir die gelben Blütendetails möglich gemacht hat, übrigens in seiner "normalen Optik" aus.  (Achenbach-Foto)

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Alle Infos zur Aktion "Hoffnungsvoll und Seelenschwer" gibt es auf der BVT-Website....

Erster Beitrag zur Fotoaktion (Januar): Warum auch meine alten ausgelatschten Chucks eine Kraftquelle für mich sind

Zweiter Beitrag zur Fotoaktion (Februar): Kraftquelle Waldeswillen - wie sich ein alter und gestürzter Baum einfach nicht unterkriegen lässt und warum das so gut tut

Dritter Beitrag zur Fotoaktion (März): Kraftquelle Kulturerlebnisse - wie sich mein Leben mit allen Tiefern und Höhen auch in Eintrittskarten abbilden lässt

Vierter Beitrag zur Fotoaktion (April): Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt

Fünfter Beitrag zur Fotoaktion (Mai): Warum blühende Kastanien für mich zu einem Symbol dafür geworden sind, dass sich Krisen auch überstehen lassen

Sechster Beitrag zur Fotoaktion (Juni): Die alte Teekanne meiner Oma als ein Symbol für die Beständigkeit von Geteiltem im Leben - und für erlebtes Leiden

Siebter Beitrag zur Fotoaktion (Juli): Kindheit, die erste Heimat auf dieser Welt - so voller Mysterien und doch so zerbrechlich - von der Wirkmacht der ersten Jahre

Achter Beitrag zur Fotoaktion (August): Eintauchen in andere Welten durch Rock-LPs und ihre Plattencover - wie mir die Vermischung zweier Künste durch die Zeit half

Neunter Beitrag zur Fotoaktion (September): Standfest, sicher und ausgesetzt - warum die Bäume auf einem Osnabrücker Berg einen so hohen Symbolwert haben 

Zehnter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die erste): Warum eine fundierte Ausbildung für einen Trauerbegleiter so wichtig ist und warum in meiner Schlümpfe eine Rolle spielen

Elfter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die zweite): Ein ganzes Leben unter bunten Buchdeckeln - Warum Blanko-Notizbücher eine Kraftquelle sein können

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Der Autor dieser Zeilen 
bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Ebenfalls auf diesem Blog: Die merkwürdige Beständigkeit der Dinge - warum das Wegwerfen von Sachen für Menschen in einer Trauerkrise erstmal nicht möglich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Eine der schwierigsten Aufgaben in einem Trauerprozess - überhaupt begreifen zu können, was da geschehen ist - was das so schwer macht

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Ebenfalls auf diesem Blog: Wer Öffentlichkeit will, muss sie selbst herstellen - Praxis-Tipps für gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Hospiz-, Trauer & Palliativinitiativen


Ebenfalls auf diesem Blog: Wenn Töne und Texte die Seele ins Schwingen bringen, Teil #01: Serie über Trauer und Musik - die besten Songs und Alben über Trauer und Tod 





Mittwoch, 4. April 2018

Menschen können wieder lernen, Trauernden unbefangen zu begegnen - ein neues Buch holt Trauernde bei ihren Bedürfnissen ab und macht sich für eine neue Trauer- und Bestatungskultur in unserer Gesellschaft stark - und einer der beiden Autoren: Ist ein Bestatter!

Das neue Buch von Sabine Bode und David Roth.   (Thomas-Achenbach-Fotos)

Osnabrück/Bergisch Gladbach - Wir brauchen eine neue Trauer- und Bestattungskultur in unserer Gesellschaft. Wir brauchen wieder eine gemeinsame Sprache für diese Dinge, ein gemeinsames Verständnis und neue, uns alle verbindende Rituale. Diese Thesen sind hier auf diesem Blog schon einmal geäußert worden - unter anderem als Aussage des Bestattungsmodernisierers David Roth. Nun gibt es ein neues Buch, bei dem David Roth einer der beiden Autoren gewesen ist und das diese These noch einmal ausführlich umtermauert. Es geschieht mir selten, dass mich ein ganz neu erschienenes Buch so dermaßen – mit dem Wort bin ich sonst extrem vorsichtig - begeistert, dass ich meine kritische Distanz verliere, aber bei diesem Buch ist es tatsächlich so. Daher hier als Tipp allen Lesern meines Blogs ans Herz gelegt. 

"Es wird selten bedacht, dass ein Todesfall in der Familie - genau wie die Geburt eines Kindes - immer einen Wendepunkt darstellt. Kommt der Tode ohne jede Vorwarnung ins Haus, sind die Auswirkungen noch gnadenloser... (...) - Eine Krise ist also unvermeidbar. Und in Krisen braucht man Geduld, nicht nur als Hinterbliebener, sondern auch als Person, die sich einem Trauernden eng verbunden fühlt.." - Es sind Absätze wie diese, die mich dieses Buch so mögen lassen: Mit viel Wärme und Verständnis für Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise geschrieben, gehen Sabine Bode und David Roth nicht nur auf die dann entstehenden Bedürfnisse ein, sondern beschreiben immer auch einen besseren Weg des Umgangs damit als ihn unsere Gesellschaft derzeit beschreitet. Denn was immer wieder ausbricht, wenn es um Trauer geht: Hilflosigket. "Aber diese Hilflosigkeit muss kein Dauerzustand sein", heißt es dazu im Buch: "Menschen können wieder lernen, Trauernden unbefangen zu begegnen. Und Hinterbliebene können lernen, in der Zeit der Trauer ihre eigenen Bedürfnisse zu entdecken." Ja, so ist das. Wenn das gelingt, macht es zwar meine Profession - die eines ausgebildeten Trauerbegleiters - weitestgehend überflüssig, aber das gemeinsame Ziel wäre das wert, oder?


Eine Trauerfeier, die so ganz anders war - warum nicht?


Die Autorin Sabine Bode – vielen vielleicht schon bekannt als Autorin-/Stimmrohr der Kriegskindergeneration – und der Bestatter David Roth, der Sohn des gestorbenen Bestatter-Revoluzzers Fritz Pütz aus Bergisch Gladbach, haben dieses Buch mit dem Titel "Das letzte Hemd hat viele Farben" geschrieben. Es ist: Eben nicht mehr und nicht weniger als ein Plädoyer für eine ganz neue Trauer- und Bestattungskultur in der Gesellschaft. In dem Buch erzählt Sabine Bode beispielsweise die Geschichte eines Paares, das sein lange erwartetes Baby durch den plötzlichen Kindstod verloren hat. Nach einer Trauerfeier, die mit allen gängigen Vorstellungen gebrochen hat (bunt, kindsgerecht, mit Kinderliedern), stellen die Eltern ein Vogelhäuschen auf das Grab und lassen Meisen darin ein- und ausziehen, weil die Meisen schon vorher eine wichtige Rolle gespielt haben im gemeinsam geteilten Leben. "Noch Monate nach der Beerdigung wird die Mutter dem Bedürfnis nachgeben, ihrem toten Kind hin und wieder aus einem Bilderbuch vorzulesen". Und dabei ist es den Eltern recht egal, ob ihr Verhalten Kopfschütteln auslöst - was es natürlich tut. Aber eben: Nicht mehr tun sollte. Denn wie normal solch ein Verhalten in einer Trauer- und Verlustkrise ist - das aufzuzeigen ist immer wieder auch Credo und Botschaft dieses Blogs hier, insofern sind sich dieses Buch und mein Blog in ihrer Aussage recht ähnlich. Und es gibt noch mehr Entdeckenswertes.




Denn immer wieder geht es in dem Buch auch um eine neue Bestattungskultur. Okay, da hat David Roth natürlich, so gesehen, leichtes Spiel, bietet er doch mit dem bereits von seinem Vater geprägten "Haus der menschlichen Begegnungen" die Blaupause für ein Treff- und Bestattungshaus moderner Ausprägung. Und doch gehen die Gedanken des Buches eben einen Schritt weiter, wenn Sabine Bode das in unserer Gesellschaft zelebrierte "Unsichtbare Sterben" und den generell "Unsichtbaren Tod" beklagt. Dass dieses Ausweichen und Wegducken vor dem Tod rasch zu einer generellen "Unfähigkeit zu trauern" führen kann, ist die eine weitere These des Buches - die die beiden immer wieder zu beweisen verstehen. Dabei stellen sie oft fest, dass es gar nicht viel bräuchte, um schon Veränderungen einzuleiten. Oft reichen kleine Details schon aus. Aber was ist, wenn eine neuer Trauerkultur bei allen anderen eben Kopfschütteln und Unverständnis hervorruft? Wenn es andere stört, Nachbarn, Familie, Freunde, weil dann vielleicht getuschelt wird? Dann ist das eben so, hatte David Roth noch 2017 auf der Messe Leben und Tod in Bremen gesagt. „Ich bin kein Freund von dem Begriff Pietät“, sagt David Roth dazu, „weil Pietät nur bedeutet, dass uns Dritte vorschreiben, was richtig ist." Diese Einstellung findet sich ebenfalls im Buch: Es ist die Ermutigung an alle Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise, konsequent ihren ganz eigenen Weg zu gehen und ihren eigenen Gefühlen nicht nur zu vertrauen, sondern auch zu folgen... 

"Das letzte Hemd hat viele Farben" ist erschienen im März 2018 im Lübbe-Verlag als Hardcover, 215 Seiten, 18 Euro. 

Übrigens: Noch ein lesenswertes Buch, das viele weitere Tipps enthält und im lockeren Tonfall existenzielle Fragen rund um den Tod behandelt, ist "The End" von Eric Wrede, hier geht es zu einer Besprechung. 


Transparenzhinweis: Das Buch ist mir auf Anfrage vom Verlag als Rezensionsexemplar zugeschickt worden.

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Der Autor dieser Zeilen 
bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Ebenfalls auf diesem Blog: Die merkwürdige Beständigkeit der Dinge - warum das Wegwerfen von Sachen für Menschen in einer Trauerkrise erstmal nicht möglich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Eine der schwierigsten Aufgaben in einem Trauerprozess - überhaupt begreifen zu können, was da geschehen ist - was das so schwer macht

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen