Freitag, 27. März 2020

Jetzt mal etwas anderes als Coronanachrichten - hier ist eine gute Initiative für Mitarbeiter und Angestellte in Verlustsituationen, die Mut machen und andere inspirieren kann - und es gibt ein hörenswertes Interview dazu in meinem Podcast... (der übrigens Geburtstag gehabt hat)

Osnabrück - Ein zartes Anklopfen. Hallo, liebe Leute. Habt ihr vielleicht Bock auf was anderes als Coronanachrichten? Gerade jetzt, wo wir uns alle ein bisschen an die Krise gewöhnt haben und den Ausnahmezustand immer besser als Dauerzustand akzeptieren können, würde ich gerne eine gute Nachricht verbreiten, die ich bislang eher zurückgehalten habe - aus Bammel, dass sie in all der Krisenbeschleunigung erstmal untergehen könnte. Es ist eine gute Nachricht aus einem anderen Themenkosmos - der leider ebenfalls durch die Krise mit einer bemerkenswerten neuen Dringlichkeit aufgeladen ist. Und obwohl ich weiß, dass gerade wirklich alle ihre ganz neu geschaffenen Podcasts und Live-Streams virtuell durch die Gegend ballern, geht es auch hier um einen Podcast - aber einen, der ein paar Tage vor der Krise entstanden ist. Worum genau es geht?

Es geht um das Thema "Trauer und Verluste am Arbeitsplatz" und um eine bemerkenswerte Initiative zugunsten von Angestellten und Mitarbeitern, die im gesamten deutschsprachigen Raum - vielleicht sogar europaweit, aber das ist schwer zu recherchieren - bislang einmalig sein dürfte...:


Wenn einen die Trauer umfängt, kann das beklemmend sein - auch und gerade am Arbeitsplatz (Fotos: Thomas Achenbach)

Denn das Landratsamt im bayerischen Ebersberg in der Nähe von München ist die erste Einrichtung überhaupt, die eine Betriebsvereinbarung zu diesen Themen eingeführt hat (dort heißt es: Dienstvereinbarung). Das darf man als wichtigen Meilenstein in Sachen Trauer am Arbeitsplatz bewerten. Und ganz sicher hat auch das Landratsamt in der aktuellen Krise rund um das Coronavirus - wie alle - ganz andere Sorgen und Nöte. Doch wird sich die Lage in einem solchen Amt eher wieder entspannen als in einem von zusätzlichen finanziellen Sorgen gebeutelten Unternehmen, sprich, auch die neue Dienstvereinbarung wird dort rascher wieder eine Rolle spielen können als andernorts. Zumal es zu dieser Dienstvereinbarung gehört, als Mitarbeiter eine Ansprechpartnerin bei allerlei Sorgen und Nöten rund um Verluste konsultieren zu können. Und Verluste könnte es als Folge der Krise ja leider überall geben. 


Ansprechpartnerin bei allen Themen rund um Verluste


Jutta Hommelsen ist im Landratsamt Ebersberg als Leiterin des Zentralen Sozialdiensts beschäftigt - und jetzt ist sie dort zusätzlich als Trauervertrauensperson installiert und ansprechbar zu allen Themen rund um Trauer und Verlust. Sie war es auch, die den Anstoß gegeben hatte und beim Formulieren und Gestalten der Dienstvereinbarung mitgewirkt hatte. Schon im Februar habe ich mit Jutta Hommelsen, die ich persönlich schon über andere Netzwerke in Sachen Trauer kennenlernen durfte, ein Interview für meinen Podcast aufnehmen dürfen, in dem sie von dieser neuen Dienstvereinbarung und dem Weg dorthin berichten konnte (hier klicken, um direkt zum Interview zu kommen)... Aber wie funktioniert genau sie, diese erste deutsche Betriebsvereinbarung zum Thema Trauer und Verlust? 

Über das und mehr unterhalten wir uns in dieser Episode meines Podcasts - der inzwischen übrigens schon seinen ersten Geburtstag feiern konnte, weil er bereits seit über einem Jahr existiert (es ist also eben kein krisengeschaffenes neues Podcastangebot).... und hier ist zum Geburtstag eine ganz persönliche "Top-3"-Auswahl meiner drei bisherigen Lieblingsfolgen aus meinem Podcast...:

Platz 3 - Zwei kurze Lesungen - aus dem Buch "Letzte Lieder" von Stefan Weiller und aus meinem Buch "Männer trauern anders..." - bitte hier klicken 

Platz 2 - Trauer am Arbeitsplatz & ein bahnbrechender Schritt - warum in Bayern Unternehmensgeschichte geschrieben wird, ein Interview - bitte hier klicken

Platz 1 - Mein Gespräch mit dem bekannten Buchautoren Pierre Stutz über Trauer allgemein und über Trauer und Spiritualität - bitte hier klicken.

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum das Sterben in Deutschland seit Januar 2020 nochmal deutlich teurer geworden ist - Die so genannte Leichenschau steht in der Kritik

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde in einer Verlustkrise alles so tun und warum einem das nicht peinlich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Sonntag, 22. März 2020

Beerdigungen und Trauerfeiern in Zeiten der Coronakrise und der Ausgangssperren: Wenn das Coronavirus einem die Trauer zusätzlich erschwert und was sich alles tun lässt - Tipps, Anregungen und positive Beispiele - und: Was tun, wenn wir italienische Verhältnisse bekommen?

Osnabrück - Nicht wenige Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise kenne ich, die gehen jeden Tag oder zumindest jede Woche einmal zum Grab der Gestorbenen. Es tut ihnen gut, dort zu sein und es ist ein wichtiges Ritual für sie. Wenn uns jetzt in Zeiten der Coronakrise wegen Ausgangssperren wie in Bayern oder wegen gesperrter Friedhöfe auch der Gang zum Grab verwehrt bleibt, haben diese Menschen damit auch keinen Zugang mehr zu einem wichtigen Ritual. Sie sind nicht die einzigen, denen die Krise die Trauer erschwert - alle, die jetzt eine Trauerfeier und eine Beerdigung organisieren müssen, sehen sich mit massiven Auflagen konfrontiert. Das kostet zusätzliche Energie. Was dabei helfen kann, das beschäftigt aktuell in vielen Diskussionen das Internet, so zum Beispiel in speziellen Bestatterforen bei Facebook. Wie sollen wir umgehen mit der Trauer in Zeiten des Coronavirus? Hier ein paar Ideen, Anregungen und "Best-Practice"-Beispiele. Außerdem äußern sich Bestatter zu der Frage: Was bedeutet das Mehr-als-zwei-Menschen-Kontaktverbot für Beerdigungen?

Wenn das Grab als Trauerort nicht mehr zur Verfügung steht, dann ist es vielleicht an der Zeit, sich daheim eine eigene kleine Trauerecke einzurichten. Oder, falls es einen gibt, im eigenen Garten eine Ecke zu schaffen, die diese Funktion erfüllt. Manche der Menschen, die ich bislang begleiten durfte, haben das ohnehin getan. Die Idee dabei ist dieselbe: Es gibt einen Ort, den ich aufsuchen kann, zu dem ich mich bewusst hinbegen, den ich aber auch wieder verlassen kann. Einen Ort, an dem ich vielleicht das Gefühl habe, dem gestorbenen Menschen dort nahesein zu können. Manchen reicht es schon, diesen Ort mit einem Foto und einer Kerze zu schmücken - oder, falls es ein Platz im Garten ist, dort einen besonderen Stein hinzulegen -, manche richten sich richtige Erinnerungstischchen mit Gegenständen und Dekorationen ein. Das bleibt jedem Menschen überlassen, was dem Einen gut tut, ist dem Anderen vielleicht schon zuviel. Etwas anderes ist es natürlich mit den aktuell geplanten Trauerfeiern. 

So wünschen sich die Behörden derzeit ihre Friedhöfe: Menschenleer. Oder, besser gesagt: Lebenden-leer. Die Gestorbenen können ja gerne bleiben... (Foto: Thomas Achenbach)

Auf einer Trauerfeier wird manchmal geweint. Tränen sind Körperflüssigkeit. Wer weint, der schnäuzt sich auch. Klare Sache: Die Übertragung von Viren - zudem von so hochansteckenden wie es das Coronavirus sein soll - ist auf einer Trauerfeier noch wahrscheinlicher als in einem, formulieren wir es mal nüchtern, "trockeneren" Kontext. Kein Wunder also, dass vor allem Trauerfeiern neben allen anderen Familienfeiern besonders im Fokus der Behörden und der Sicherheitsauflagen stehen. Gottesdienste sind derzeit eh nicht mehr zugelassen, was meisten Kirchen auch zum Verbot von Trauerfeiern ausweiten. Und nachdem die Landesregierungen am Sonntag, 22. 3., das offizielle Kontaktverbot zu mehr als zwei Personen ausgesprochen hatten (das mittlerweile hier und da wieder gelockert worden ist, zumindest für Beerdigungen), war die Unsicherheit noch größer geworden - was bedeutet das für Beerdigungen? Wie mir mehrere Bestatter via Facebook in einer kleinen Umfrage mitteilten, gilt in den meisten Ländern wohl folgende Ergänzung zum Kontaktverbot (wie sie in einem Text aus NRW zu finden ist): "Zulässig sind Erd- und Urnenbestattungen sowie Totengebete im engsten Freundes- und Familienkreis". Doch wie für alle kurzfristig erlassenen Regeln in diesen Coronatagen gilt auch hier: All das kann und wird sich ständig wieder ändern und hat keinen Anspruch auf Dauergültigkeit.


Trauer und Kontaktverbot - da bleibt was auf der Strecke


Viele halten die Trauerfeier einfach am offenen Grab ab und achten auf einen großen Abstand zwischen den Teilnehmern. Und doch bleibt etwas auf der Strecke: Am Grab zu kondolieren ist nicht mehr möglich, die Menschen verziehen sich stillschweigend am Ende der Ansprachen. Es mangelt an Umarmungen, an tröstenden Gesten, am Reichen der Hände. Gefühlt mangelt es jedoch an etwas Anderem: nämlich an Menschlichkeit und Mitgefühl und an dem Wenigen, das hätte tröstend sein können.


Beim Glockengeläut sollen die Menschen aktiv werden


Eine schöne Idee, wie sich trotzdem kreativ und angenehm das Gedenken an einen frisch verstorbenen Menschen gestalten lässt, stammt aus dem österreichischen Au in der Region Vorarlberg. Ein auf Facebook weitergereichter Post aus dieser Gemeinde trägt diese Idee in die Welt: "Ein Licht für Lukas!!", ist dieser Post überschrieben. Und so geht es weiter: "Liebe Pfarrgemeinde, wir würden sehr gerne für unseren lieben Lukas Rüscher eine Lichterkette machen. Heute Abend um 20 Uhr läuten die Glocken der Pfarrkirche Au. Jeder ist eingeladen zeitgleich in seiner Parzelle am Straßenrand ein Licht aufzustellen um Ihm zum Abschied die Straßen von Au noch zu beleuchten, durch die er so gerne fuhr. Mögen ihn viele Lichter begleiten auf seinem neuen Weg. Danke für Euer Licht!" Soweit die Idee aus Österreich, die bei Facebook eine Reihe positiver Reaktionen hervorgerufen hat. Aber gibt es auch gute Ideen aus Deutschland? Ja, gibt es. Und sind sie aktuell auch alltagstauglich (immer vorausgesetzt: in diesem sich jeden Tag ändernden Alltag)?

Echte Musik auf einer Trauerfeier - ist derzeit nur schwer möglich. Weil: Alles menschgemacht. Schwierig. (Foto: Thomas Achenbach)

Derzeit ist die Lage in Deutschland, wie auch in anderen Bereichen, unübersichtlich. In manchen Städten Gemeinden sind derzeit nur stille Beerdigungen ohne Ansprachen und mit einer festgelegten Anzahl von Teilnehmern möglich, in anderen Gemeinden werden diese Regeln wieder anders gehandhabt. Wie so oft fehlt es an der einen, bundesweit einheitlichen Regelung. Dementsprechend lassen sich auch nicht alle guten Ideen überall ein- und umsetzen, was schade ist. Denn wie die Diskusssionen in den Onlinemedien zeigen, gibt es viele gute Anregungen und Lösungsvorschläge. Eine ganze Sammlung guter Ideen lässt sich aktuell beispielsweise auf Twitter finden, wo das Berliner Bestattungsinstitut Thanatos eine Diskussion über Trauerfeiern in Coronazeiten angestoßen hat. Hier ist eine Auswahl der besten Anregungen:

- Dass die Traueransprache aufgenommen und ggf. auf CD gebrannt werden könnte, war hier auf diesem Blog bereits Thema in einem anderen Zusammenhang

- Den Ablauf der Trauerfeier samt zeitlicher Vorgaben vorab auf Papier festhalten und zu einem festgelegten Zeitpunkt während der Zeremonie alle, die an der Trauerfeier nicht selbst teilnehmen können, daheim oder in einer Kirche eine Kerze anzünden lassen

- Fotos von diesen brennenden Kerzen könnten online geteilt und/oder später per Post zugeschickt werden (beide Ideen sind eine von mir komprimierte Zusammenfassung mehrerer online geäußerter Gedanken ähnlichen Inhalts)

- Dass alle, die nicht zur Trauerfeier kommen können, zu einer festgelegten Zeit ein bestimmtes Lied anhören, schlägt die Berliner Bestatterin "Charons Tochter" beispielsweise auf Instagram vor

- Dass man am Sarg nicht nur eine Schaufel Erde hineinwirft, sondern für jeden nicht anwesend sein könnenden Verwandten/Freund/Bekannten ebenfalls eine (ebenfalls von Charons Tochter) - oder dass für jeden eine Rose bereitsteht zum Hineinwerfen, egal ob anwesend oder nicht, was das Anfassen des Schaufelstiels vermeidet (ist so verschiedentlich im Facebookdialog zu finden). 

- Das gemeinsame Kaffeetrinken auf die Post-Corona-Zeit verschieben und als zusätzliche Feier gestalten, die Trauerfeier an sich aber jetzt schon abhalten, schlagen viele vor

- Ein paar Worte aufschreiben, die vorgelesen und ggf. mit ins Grab gegeben werden können, schlägt Nutzerin "Lotta" vor

- Die Trauerfeier von der Beerdigung entkoppeln - und sie später vielleicht am bereits fertig gestalteten Grab abhalten (hoffentlich: inklusive Kondolenzmöglichkeit), schreibt Nutzerin "CoffeeQueen"

- Die evangelischen Kirchen in Osnabrück und der Region Osnabrück haben bei Trauerfeiern angeboten, sich vor der Trauerhalle zu treffen und dann immerhin den gemeinsamen Gang zum Grab als Trauergang abzuhalten (übrigens im Falle von Sargbeerdigungen bei reduzierter Zahl an Sargträgern wegen Ansteckungsgefahren)

- Eine Idee von mir: Ich mag selbstgestaltete Fotobücher sehr gerne und fände es reizvoll, den gesamten Abschieds- und Beerdigungsprozess in Form einer Fotoreportage als Buch später anderen zugänglich zu machen, so dass alle sehen könnten: So hat der Sarg ausgesehen, so hat das Grab ausgesehen, so haben wir alles gestaltet etc. (ginge ggf. auch als Blog)

- Was "Charons Tochter" in einem Blogbeitrag auf dem Internetportal www.bohana.de empfiehlt, ist noch folgendes: "Etwas bei der Trauerfeier dabeihaben, dass man dann der Trauergemeinde mit der Post schickt. Das können gepresste Blumenblätter des Blumenschmucks sein mit einem Foto der Urne/des Sarges mit dem Blumenschmuck. Oder ein Baumwollband, dass um die Urne/den Sarg gewunden wird und dann vor dem Senken abgemacht, in Stücke geschnitten und in einen Briefumschlag gesteckt und verschickt wird. Man könnte diese dann jeweils individuell begraben oder kontrolliert verbrennen, jeder in seinem Garten. Oder man könnte sie aufheben und dann zu einer späteren Trauerfeier oder einer Gedenkfeier mitbringen". 

- Was sehr viele empfehlen: Die Trauerfeier auf Video aufzeichnen oder sie direkt online zu streamen - wobei bei Letzterem berücksichtigt werden muss, dass oftmals nicht alle der Adressaten dasselbe technische Vermögen haben bzw. dasselbe technische Equipment (nicht jeder kann Facetime, Skype oder Facebook-Live-Videos benutzen).

Was beim Filmen von Trauerfeiern übrigens auch sonst - schon rein rechtlich - berücksichtigt werden muss, ist gar nicht so wenig. Erstens: Falls Musik eingesetzt wird und das Video hochgeladen wird, könnte dies Urheberrechte verletzen. Auf jeden Fall ist es ein GEMA-pflichtiger Vorgang - und genau um solche Fragen ging es beim Thema Uploadfilter. Denn die Idee eines solchen Filters ist es, auch die Videos herauszufiltern, die einen derartigen potentiellen Urheberrechtsverstoß beinhalten könnten. Zweitens: Unter Umständen sind auf dem Video Menschen zu sehen, die wegen ihrer Funktion bei der Trauerfeier dabei sind, städtische Friedhofsangestellte beispielsweise. Diese müssen ebenso wie alle anderen Teilnehmer darüber informiert sein, dass die Feier gefilmt und hochgeladen wird, ansonsten ist es ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Noch mehr Kopfzerbrechen bereitet mir allerdings etwas anderes.

Gemeinsam trauern, gerne, aber bitte mit ganz viel Abstand! (Foto: Thomas Achenbach)

Weil ohnehin die Urnenbestattungen heutzutage rund 70 Prozent der Bestattungen (oder mehr) ausmachen, empfehlen viele der Diskusssionsteilnehmer übrigens, mit dem Bestatter auszumachen, dass die Urne mit der Asche einfach zurückgehalten werde, solange bis eine Trauerfeier mit weniger Auflagen wieder möglich ist. Manche Bestatter machen dies wohl aktuell auch mit, wobei es je nach Bundesland verschiedene Auflagen gibt. Ich habe da allerdings Bedenken. Die Idee mag gut sein - aber ob sie auch in der näheren Zukunft hier in Deutschland weiter durchführbar sein wird, halte ich persönlich für fragwürdig. Denn worauf wir uns wohl oder übel werden einstellen müssen, ist eine massive Zunahme der Sterbezahlen. Ohne zu apokalyptisch werden zu wollen, aber...: 


Elf Seiten Todesanzeigen in nur einer Zeitung 


Wie die Schreckensbilder und die täglichen Horrornachrichten aus Italien zeigen, könnte auch in Sachen Tod und Trauer auf uns als Gesellschaft noch manches zukommen, was zusätzlich belastend werden kann. Vieles von dem, was die Menschen dort erleben, ist immer auch im Grenzbereich zum Traumatischen: Von elf Seiten Todesanzeigen in einer Lokalzeitung berichtet das Nachrichtenportal von RTL.de, von viel zu vielen Särgen in der Stadt Bergamo, die vom Militär daher auf andere Städte umverteilt werden müssen, berichtet der "Stern" in seiner aktuellen Ausgabe. Schnell wird einem klar:


Darf man einem Sterbenden noch die Hand halten? Aktuell ist klar: Ja, aber nur im engsten Familienkreis, so z. B: in Niedersachsen. (Foto: Thomas Achenbach)

Wenn ein solcher Kollaps des Bestatttungswesens bei uns ebenfalls eintreten sollte, sind wir als Gesellschaft - und wir als Trauerbegleiter - noch viel stärker gefragt, uns die Trauerbereitschaft nicht nehmen zu lassen, wie es nach den massiven Traumata des Zweiten Weltkriegs allzu oft geschehen ist, sondern zu versuchen, möglichst kreativ und gestaltungsbereit auch mit diesen schrecklichen Ereignissen umzugehen zu lernen. Was in Sachen Trauer auf unsere Gesellschaft zukommen könnte, braucht jetzt ganz schnell das, was hier auf diesem Portal und auf den von mir besuchten Messen bislang immer nur im Kleinen gefordert worden ist, von wenigen, mutigen Stimmen: Wir brauchen eine neue Trauer- und Umgangskompetenz, jetzt, dringend, rasch. 


Abschiedszeilen zum gemeinsamen Zeitpunkt verbrennen


Dazu könnte zum Beispiel diese letzte Idee gehören, die die Berliner Bestatterin "Charons Tochter" auf ihrem Instagram-Account geteilt hat: "Dass es statt einer Trauerrede vielleicht eine Zeit ist, in der jeder ein paar Zeilen des Abschieds aufschreibt und dann werden diese entweder irgendwo gesammelt oder an der Kerze angezündet und verbrannt und damit in den Himmel geschickt, wo 95% des verstorbenen Körpers durch die Einäscherung auch hingehen - genau in diesem Moment... Macht Fotos von diesen Momenten und teilt sie unter euch als Trauergemeinschaft." Und weiter schlägt sie vor, mit diesen Fotos bei einer später stattfindenden Trauerfeier den Raum zu dekorieren. Man sieht: Es gibt viele gute Ideen. Wir sollten sie weiter sammeln. Und immer kreativ bleiben.

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

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Der Podcast zu diesem Blog: Warum eine bayerische Behörde mit einer bislang einmaligen Initiative zum Vorreiter in Sachen Trauerkultur wird - ein Interview

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Warum das Sterben in Deutschland seit Januar 2020 nochmal deutlich teurer geworden ist - Die so genannte Leichenschau steht in der Kritik

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

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Mittwoch, 18. März 2020

Auch dieses ganz unnormale Leben in der Krise könnte uns irgendwann normaler vorkommen als wir es jetzt glauben... Ein paar persönliche Gedanken in diesen Zeiten der Coronakrise - weil ja eh die ganze Welt derzeit über nichts anderes mehr spricht und schreibt

Osnabrück - Dass ich noch vor wenigen Tagen morgens einfach in Osnabrücker in einen Zug steigen und mir in der Hamburger Kunsthalle eine Ausstellung zum Thema Trauer ansehen konnte, um dann am Nachmittag zurückzukehren und pünktlich meine Tochter aus der Kita abzuholen... das ist inzwischen in diesen Tagen der sich jede Stunde verschärfenden Coronakrise absolut undenkbar geworden. Und derweil ich diese Zeilen tippe, ist noch unklar, ob auch in Deutschland bald eine generelle Ausgangssperre verhängt wird. Auf diesem Blog etwas über das Coronavirus zu schreiben - nein, das hatte ich eigentlich nicht vor. Weil ja alle derzeit drüber schreiben und es nur noch dieses eine Thema zu geben scheint. Aber das Coronavirus hat nicht nur meinen Alltag, sondern auch meinen Masterplan für diesen Blog ordentlich durcheinandergewürfelt (ich hatte eine ganze Artikelserie zum Thema Trauer am Arbeitsplatz vorbereitet als Ergänzung meines gerade erschienen Buches). Und das Coronathema brennt mir natürlich auch irgendwie auf der Seele. Jetzt also doch ein paar Zeilen. 

Meine Tochter hat heute ein Hörspiel gehört. Bibi Blocksberg ist mit ihren Eltern in den Italienurlaub geflogen und hatte schon im Landeanflug von den schönen Stränden dort geschwärmt. Ausgerechnet Italien. Ausgerechnet per Flugreise. Inzwischen ist das eine Geschichte wie aus einer anderen Welt. Fast hätte ich gesagt: aus einer verlorenen Welt. So kommt einem das jedenfalls jetzt vor. Vor wenigen Tagen war das noch unsere Welt, so wie wir sie kannten, so wie sie uns ganz normal erschienen ist. Jetzt gibt es diese Welt so nicht mehr und ob sie jemals so wiederkommen wird wie vorher, scheint uns derzeit fast undenkbar. Zu massiv sind die Beschädigungen, mit denen wir uns jetzt jeden Tag auseinandersetzen müssen. Was das alles mit Trauer zu tun hat (denn es handelt sich hierbei ja um einen Trauerblog)? 

Besser mal daheim bleiben... (Foto: Pixabay.de, CC-0-Lizenz)

Sehr viel mehr als man so denkt: Denn genauso kann sich Trauer anfühlen. Das haben mir viele der Menschen, die ich begleitet habe, immer wieder so geschildert. Vielleicht sind ihre Erfahrungen nun auch im Kontext dieser Coronakrise etwas, von dem wir anderen lernen können (dieser Überzeugung - dass wir Nichtbetroffenen von Trauernden etwas lernen können - bin ich ja sowieso). 

Auch an die Ängste werden wir uns gewöhnen müssen


Sich an einen Zustand des ganz Unnormalen (und Irrealen) irgendwann gewöhnen zu müssen und dieses Unnatürliche als seine neue Normalität akzeptieren zu lernen, vielleicht sogar inklusive der dazugehörigen Schmerzen, das zumindest ist eine der Lernaufgaben, die Trauer mit sich bringen kann. Und die Coronakrise ebenfalls. Wobei bei dieser Krise noch die kollektiven Ängste dazukommen. Auch an diese Ängste als unsere neue Normalität werden wir uns irgendwie gewöhnen müssen. Was für eine grimmige Zeit: Alles was wir an vermeintlichen Selbstverständlichkeiten kannten, ist entweder bereits aufgehoben oder weiterhin in Gefahr. Was uns wieder einmal lehrt: Es ist eben nichts selbstverständlich im Leben eines Menschen. Weil Menschsein bedeutet, zerbrechlich zu sein. 

Ein Wort ist in aller Munde... (Foto: Pixabay.de, CC-0-Lizenz)

Dass wir morgens daheim im eigenen Bett aufwachen können, beispielsweise. Dass wir frei atmen können. Dass wir das Haus für einen Spaziergang verlassen können, rausgehen und frische Luft tanken können. Dass unser Bewegungsspielraum auf mehr als nur ein Zimmer ausgelegt ist. Dass wir das, was wir gerne wollen, jederzeit in einem Geschäft kaufen können. Dass wir die Menschen, die wir lieben, unbeschadet wiedersehen können, wenn ein neuer Tag beginnt. Dass wir ins Auto oder in die Bahn oder den Bus steigen und überall hinfahren können, in ein anderes Land, in eine andere Stadt, um die Ecke. All das und so viel mehr. Es gibt viele Menschen, die sich jeden Abend etwas Zeit dafür nehmen, sich die positiven Ereignisse des Tages noch einmal in Erinnerung zu rufen und sie festzuhalten, weil wir Menschen von unserer grundsätzlichen Programmierung stärker auf das Negative fokussiert sind. Ich gehöre dazu und glaube ganz stark an die Kraft einer solchen Technik. Jedenfalls in normalen Zeiten

Jeden Tag die "Immerhins" sammeln, kann hilfreich sein


Denn selbst die totalen Superprofis in Sachen täglicher Positivorientierung haben dabei selten solcherlei vermeintlicher Grundsätzlichkeiten mit berücksichtigt. Ich bin dankbar dafür, dass ich heute frei atmen, mich bewegen und daheim in meiner eigenen Wohnung bleiben konnte - und nichts davon ist selbstverständlich. Das wird in den nächsten Tagen einer der Standardsätze meines täglichen Wahrnehmungstrainings werden. Vor einigen Jahren hatte ich hier in einem Blogartikel empfohlen, während einer Krise statt des täglich erlebten Glücks einfach nur die "Immerhins" eines Tages zu sammeln - und vielleicht ist jetzt die Zeit reif dafür, dass wir uns alle das verstärkt angewöhnen.

Ein leeres Buch, ein Stift und ein paar kleine Immerhins - kann was bringen....  (Thomas-Achenbach-Foto)

Heute um elf Uhr vormittags hatte meine Tochter noch immer ihren Schlafanzug an. Heute hatte sie eine irre Freude daran, sich so einen "Schlumpftag" zu gönnen. Ihr Spaß an diesen simplen Dingen ist ungemein ansteckend. Heute konnten wir trotz Home-Office-Aktivitäten als Familie zusammensein und es ging allen gut. Heute konnten wir alle in unseren eigenen Betten schlafen und aufwachen. Heute waren wir alle gesund. Wir haben sogar eine kleine Radtour unternehmen können (übrigens zum Grab meiner Mutter, weil es meiner Tochter wichtig war, dorthin zu gehen). Immerhin, immerhin, immerhin... Und nichts davon ist selbstverständlich. Oder wie der Benediktermönch und Zen-Meister David Steindl-Rast es formuliert: Alles ist Gabe. Letztlich ist da was dran. Kommt alle gut durch die Krise, bleibt möglichst gesund, und wenn Ihr mögt, dann teilt Eure Immerhins mit uns...

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

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Der Podcast zu diesem Blog: Warum eine bayerische Behörde mit einer bislang einmaligen Initiative zum Vorreiter in Sachen Trauerkultur wird - ein Interview

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Dienstag, 10. März 2020

Auch wenn das in Zeiten des Coronavirus vermutlich weniger Beachtung finden dürfte als erhofft: Mein Buch über Trauer am Arbeitsplatz & Mitarbeiter in Krisenzeiten ist jetzt erschienen - außerdem: Die Bremer Messe "Leben und Tod" 2020 ist inzwischen ebenfalls abgesagt #Newsletter


Osnabrück - Ich versuche mich nicht allzu sehr zu ärgern. Weil: Höhere Gewalt ist eben höhere Gewalt, ändern können wir es nicht. Aber, ja, es ist schon irgendwie schade: Da hast Du viele Monate an einem Buch über Trauer am Arbeitsplatz (unter anderem) gearbeitet, lange geschrieben, lange recherchiert, bist hin- und hergereist durch das Land um Menschen dafür zu treffen - und dann, zack, kommt da so ein olles Virus und wirft einfach alles über den Haufen. Alles vergebens? So kommt es einem jedenfalls vor. Meiner Frau übrigens genauso wie mir, aber dazu später mehr. Abgesagt wurde mittlerweile auch das Salzburger Frühjahrssymposium, auf dem ich einen Vortrag halten sollte. Auch die Bremer Messse "Leben und Tod", die am Freitag, 8. Mai und Samstag, 9. Mai 2020 planmäßig stattfinden sollte, war zwischenzeitlich komplett abgesagt, bevor sie in eine digitale Messe umgewandelt wurde....

So heißt es jedenfalls in einer offiziellen Mitteilung, die die Bremer Messe am 23. März verschickte. Darin heißt es, wörtlich: "Messen und Kongresse leben vom Austausch und der Begegnung – dies ist in Zeiten des Coronavirus leider nicht möglich, auch Anfang Mai noch nicht. Wir bedauern die Absage der ,Leben und Tod' sehr, aber der Gesundheitsschutz hat natürlich oberste Priorität“, sagt Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der M3B GmbH, zu der die Messe Bremen gehört. „Wir müssen über den Zeitpunkt der jetzt geltenden Allgemeinverfügung des Landes Bremen hinaus handeln und planen. Dementsprechend ist die ,Leben und Tod' am Freitag und Samstag, 8. und 9. Mai 2020 abgesagt“. Diese Veranstaltung lebt unter anderem von Referenten und Ausstellern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten: Pflegende und Mediziner, also Menschen, die in den nächsten Wochen und Monaten dringend an ihren Arbeitsplätzen gebraucht werden. Umso mehr konzentriere man sich nun auf die Erstausgabe der ,Leben und Tod' in der Messe Freiburg am Freitag und Samstag, 23. und 24. Oktober, sagt Projektleiterin Meike Wengler: „Wir sind optimistisch, dass sich die Situation bis dahin soweit reguliert hat, dass Veranstaltungen wieder stattfinden können.“


Der Ausfall trifft die Messe mitten im kontinuierlichen Wachstum. Im Jahr 2019 seien insgesamt 5031 Interessierte in die Halle 6 der Messe Bremen gekommen, hatten die Messemacher noch vermeldet (2018: 4.583). Damit habe die deutschlandweit einzigartige Veranstaltung in ihrem Jubiläumsjahr Nummer 10 erstmals die 5.000-Besucher-Marke geknackt. Tendenz: steigend. Ein Transparenzhinweis ist mir an dieser Stelle ganz wichtig: Von einer Absage der Messe wäre ich insofern betroffen, als dass ich dort meinen Vortrag nicht halten könnte, der für Samstag, den 9. Mai vorgesehen ist. Nun denn, wir müssen abwarten, was im Mai sein wird. Und auch sonst war ich für März, April und Mai noch für eine ganze Reihe an Vorträgen und Lesungen vorgesehen, die jetzt allesamt nach und nach abgesagt worden sind. So wird sich das Ehepaar Achenbachs also erstmal weiter in vornehmer Zurückhaltung üben... Zumindest was die Buchwelt angeht.



Denn eigentlich haben meine Frau und ich uns beide im März 2020 jeweils über die Veröffentlichung eines Buches gefreut. In meinem Fall ist es das Sachbuch "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" und im Falle meiner Frau Cornelia Achenbach der Generationenroman "Darüber reden wir später" im Wunderraum-Verlag (gehört zu Random-House). Den hatte sie eigentlich auf der Leipziger Buchmesse in Form einer ersten Lesung als Debütautorin vorstellen wollen. Aber die war ja mit einer der Ersten, die abgesagt worden sind. Und was mein Buch angeht, so richtet es sich vor allem an Führungskräfte, Personalverantwortliche und Betriebsräte. Und bei all diesen Personen ist ebenso klar wie nachvollziehbar: Die haben gerade eine Menge anderer Dinge zu tun... Personalausfälle, Kurzarbeit, Quarantänemitarbeiter, schon der Wahnsinn, wie sehr sich unser aller Leben binnen weniger Wochen so radikal verändern konnte. Ah, apropos...

Abgesagt wurde jetzt auch das für den 27. 3. geplante 4. Salzburger Frühlingssymposium am Uniklinikum Salzburg, Salzburg, bei dem ich für einen Vortrag über Männertrauer eingeplant war. Tja, höhere Gewalt ist eben höhere Gewalt, ich kann alle Veranstalter gut verstehen. Das alles hat ja irgendwie auch mit Trauer zu tun - so ganz plötzlich reingeschmissen werden in eine ganz neue Situation, der man sich ausgesetzt fühlt und nichts entgegenstemmen kann, so geht es ja manchem Trauernden auch. Aber dazu an anderer Stelle mehr. Jetzt erstmal: Kommt alle gut durch die Krise! Und falls doch einer in Quarantäne muss: Ich hätte da eine Idee für den Lesestoff... ;-)

Ein paar persönliche Gedanken über die Coronakrise: Auch dieses ganz unnormale Leben in der Krise könnte uns einmal normaler vorkommen als wir uns das vorstellen


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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

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Mittwoch, 4. März 2020

Und so ist das neue Mitmachbuch für trauernde Familien und für Kinder in Trauer geworden - warum die Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper mit "Hilf mir, wenn ich traurig bin" ihrer Haltung treu bleibt



Mitmachbuch für trauernde Familien: Hilf mir, wenn ich traurig bin (alle Fotos: Thomas Achenbach).

Osnabrück - Zwei Engelsflügel zum Bemalen und Ausschneiden, die sich jeweils links und rechts an die Hinterseite eines Bilderrahmens kleben lassen - das ist eine meiner Lieblingsseiten und eine meiner Lieblingsideen aus diesem Buch mit dem Namen "Hilf mir, wenn ich traurig bin", das die bekannte Familienbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper zusammmen mit der Grafikerin Julia Kienecke entwickelt hat. Das Buch versteht sich mehr als ein Mitmach-Exkurs mit allerlei Inspirationen zum Basteln oder Backen, mit Möglichkeiten, etwas auszumalen oder mit auszufüllenden Fragebogen und mit vielen kreativen Ideen. Am 5. Februar 2021 wird Mechthild Schroeter-Rupieper dieses Buch übrigens in Belm bei Osnabrück im Spes-Viva-Trauerland vorstellen - und wer sie noch nicht erlebt hat, dem sei diese Veranstaltung herzlich empfohlen. Ich durfte das Buch vorab schon einmal ansehen.

Obwohl es auf der Vorderseite des Buches heißt, dass sich dieses an Menschen jeden Alters wende, ist es doch vor allem ein Kinderbuch. Gedacht ist es mehr dazu, durch das gemeinsame Anschauen und vielleicht ausfüllen mit Kindern im Kontakt zu bleiben, wie der Klappentext auf der Rückseite durchblicken lässt. Und manche der Bastelideen lassen sich auch am besten zusammen umsetzen, beispielsweise wenn es darum geht, kleine Fühlteppiche zu erstellen, um dann mit verbundenen Augen zu fühlen, was das wohl sein könnte... 



Dabei könnte, so heißt es im Text, die Frage eine Rolle spielen, welches Material sich am ehesten so anfühlt wie es sich jetzt gerade im Innern anfühlt. Vielleicht der eher raue Sand? Man sieht also: Seinen Mitmachauftrag nimmt das Buch sehr ernst. Aber das Angenehme daran ist: Es nimmt eigentlich fast immer eine angenehme Umleitung und nicht den direkten Weg zum Trauerkontext. Spielerisch, halt. Die Anleitung zum Basteln eines eigenen "Kummerkastens" ist da noch einer der direkteren Bezüge. 




Ansprechend gestaltet von der Berliner Designerin Julia Kienecke und pfiffig getextet von der Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper, die hier auf diesem Blog auch schon desöfteren zum Thema Kindertrauer aufgetaucht ist, wird eine nette Sammlung von Ideen und Inspirationen draus, mit denen sich das Thema Trauer gut umkreisen lässt. 




Rezepte sind auch mit dabei, nicht nur zum Essen, sondern auch für selbstgemachte Knete, und wenn sich einmal etwas mehr Texte finden lassen - die übrigens sehr sensibel und feinfühlig geschrieben sind -, werden auch diese Seiten bunt und angenehm aufgelockert. Das entspricht alles einer tiefen Haltung, von der Mechthild Schroeter-Rupieper auf ihren Vorträgen berichtet: Gerade dann, wenn wir mit etwas besonders Schwerem umzugehen haben im Leben, dürfen wir uns auf spielerisch-leichte Weise daran annähern. Und wer die Familienbegleiterin einmal bei einem Vortrag erlebt habt, der weiß, wie sehr ihr Tun von dieser Einstellung durchprägt ist. Auch, was Kinder und Trauer angeht, hat Schroeter-Rupieper eine besondere Sichtweise. 


Die Autorin auf der Messe Leben und Tod 2019.

Ihre These, wie sie sie einmal in einem Vortrag auf der Messe Leben und Tod schilderte: "Man sagt uns von klein an: sei doch nicht so traurig. Dabei sind wir mit dem Talent traurig zu sein geboren worden. Und dann geht es schnell los, dass wir sagen: Tut doch gar nicht so weh. Ist doch gar nicht so schlimm." Was Mechthild Schroeter-Rupieper stattdessen empfiehlt: "Wenn das Knie aufgeschürft ist und das Kind sagt: Mama, das tut so weh, dann sagen: Ja, das glaube ich Dir, dasss das weh tut." Ein Trostpflaster draufmachen. Die Gefühle respektieren. Was hier im Kleinen beginnt, ist in Wahrheit etwas ganz Großes - und von einer existenziellen Wichtigkeit. Oder wie Mechthild Schroeter-Rupieper es sagt: "Wir Eltern müssen so leben, dass wir jeden Tag sterben könnten – Erziehung heißt Kinder zu stärken, nicht ihnen alles abzunehmen." Also: Auch nicht den Schmerz kleinreden. 




Das genau ist es ja, was vielen Trauernden in einer Verlustkrise besonders wehtut. Dass es dann auch heißt, von Freunden, Kollegen oder Verwandten: Das geht wieder vorbei. Reiß dich mal zusammen. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Und damit zurück zum neuen Buch: Mir selbst fehlen die Erfahrungen, was Kinder und Trauer angeht, aber auch für die Menschen zwischen 18 und 28 in unserer Spes-Viva-Trauergruppe für Junge Erwachsene, die ich mitleiten und mitgestalten darf, ließen sich in diesem Buch die eine oder andere ganz gut umsetzbare Idee in dem Buch finden. Apropos Spes Viva...:




Diese Hospiz-und Pallitativinitiative, für die ich, wie gesagt, ebenfalls ehrenamtlich tätig sein darf (- Transparenzhinweis!- ), betreibt in Belm bei Osnabrück auch ein Trauerland genanntes Zentrum für Kinder und Jugendliche. Und weil diese Einrichtung jetzt zehn Jahre alt wird, kommt zum Geburtstag eben die Autorin und Familien-Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper, um einen Vortrag über Kindertrauer zu halten und ihr Buch vorzustellen. Die Veranstaltung findet am 5. Februar 2021 statt. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen, eine Anmeldung unter 05473/29-101 oder an die E-Mail kontakt@spes-viva.de wäre wünschenswert, heißt es in einer Mitteilung von Spes Viva.  

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