Dienstag, 27. März 2018

Kraftquelle Kulturerlebnisse und Familientraditionen - Mein März-Foto für die Mitmachaktion "Hoffnungsvoll und Seelenschwer..." - - - Als verlängerte Fotoaktion auf diesem Blog: Kraftquellen, Stolpersteine, Achtsamkeit und Selbstfürsorge - Kreative Aktion des Bundesverbands Trauerbegleitung zum zehnjährigen Geburtstag

Für Opernerlebnisse durchs Land zu fahren, das war und ist eine uns auch durchs Leben tragende Familientradition, die über das einzelne Erleben hinaus ihre Bedeutung hat.   (Thomas-Achenbach-Foto)

Osnabrück - Was einen kraftvoll durchs Leben tragen kann - und durch Krisen hindurch - sind durchaus auch die kulturellen Erfahrungen eines Lebens. Meine Eltern haben mir immer und immer wieder von dieser einen großen „La-Bohème“-Inszenierung vorgeschwärmt, die sie in ihrer Münchner Zeit erlebt hatten. Der Star-Regisseur Otto Schenk hatte den Pucciniklassiker dort in Szene gesetzt und es muss ein rauschendes Fest für die Sinne gewesen sein. Jedes Mal, wenn wir auf Puccini-Opern zu sprechen kamen (was bei uns in der Familie häufig geschieht) oder ganz allgemein auf bedeutende oder unbedeutende Operninszenierungen (was auch oft geschieht), standen Otto Schenk und die Bohème wieder im Raum. So habe ich schon in jungen Jahren verinnerlicht: eine rundum gelungene Operninszenierung - das ist ein leuchtender Fixstern am kulturellen Horizont einer Familie, dessen Strahlkraft Generationen überspannen kann. Eine Familientradition, die sich auch in zahlreichen Eintrittskarten ausdrückt - und damit ist sie prädestiniert für meine inoffizielle Teilnahme an dieser offiziellen Fotoaktion.

Richard Wagners "Parsifal" in der Hamburger Staatsoper in der legendären Inszenierung vom Theatermagier Robert Wilson. Von den ersten Takten an war ich gebannt, gefesselt, fasziniert, aller Kargheit und Reduziertheit in allen Bewegungen zum Trotz (oder gerade deswegen). Fünf Stunden Theaterzauber für die Seele, am Ende ein Gefühl wie in einem Drogenrausch. So etwas kann nur die Oper, nur das Theater, also jedenfalls bei mir. Mag ja sein, dass bei anderen der Fußball für adäquate Ersatzrauschzustände sorgen kann. Was mich durchs Leben trägt, sind auch die unvergesslichen kulturellen Augenblicke, die ich erleben durfte. Davon gibt es Gott sei Dank eine Menge - und für diesen unvergleichlichen Luxus bin ich sehr, sehr dankbar.


Und jede Oper für sich ist gleichermßen "hoffnungsvoll und seelenschwer", so wie diese Fotoaktion   (Thomas-Achenbach-Foto)

Die Zauberflöte in Mannheim - die beste, die ich in meinem Leben gesehen habe. Das Lloyd-Webber-Requiem in Kiel, dessen "Pie Jesu" mich trotz aller Kitschnähe mit all seiner Zartheit bis in die Grundfesten erschüttert hat. Die "Madama Butterfly" in Stuttgart, deren inszenatorische und sängerische Intensität meinen Körper und meine Seele durchströmt und kräftig durchgerüttelt hat. Wagners "Tristan und Isolde" im Aalto-Theater in Essen mit einem sich immer schneller drehenden Liebesrad, das die Sänger kräftig durchwirbelte. Und, und, und.... Durch die Republik zu reisen und Kultur zu erleben, das war eine die Familie zusammenhaltende Tradition, das war das kommunikative Grundverständnis, das unter allem lag. Dass wir diese Tradition dann nach dem Tod meiner Mutter noch einmal zelebrieren durften, war auch eine Art Ehrerbietung für sie, wie wir sie als passend erlebt haben. Was ich da erlebt habe, das war prägend, tragend, stützend, das wirkt noch nach. Damit passt all das hervorragend zu dieser Aktion mit dem Namen "Hoffnungsvoll und seelenschwer" (und ist nicht beinahe jede Oper irgendwie sowohl seelenschwer wie auch hoffnungsvoll...?). Darum geht es:


Eine Reise auch durchs eigene Leben, gemessen an kulturellen Stationen, die gleichermaßen Lebensstationen waren, bildet dieser Weg aus gesammelten Eintritskarten (Thomas-Achenbach-Foto).

Der Bundesverband Trauerbegleitung (BVT) - in dem ich ebenfalls Mitglied bin - feiert seinen zehnten Geburtstag in Form einer kreativen Mitmachaktion. Gegründet mit dem Ziel, der Ausbildung zum Trauerbegleiter in Deutschland einen einheitlichen Lehrplan und ein einheitliches Zertifikat verschaffen zu können, versteht sich der Verband inzwischen als Sprachrohr und Interessenvertretung für alle Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise. Sie sind es auch, die sich zur Teilnahme an der Aktion eingeladen fühlen sollen (alle Infos gibt es unter diesem Link). Wer sich ganz kreativ beteiligen möchte, kann sogar versuchen, ganze 365 Beiträge beizusteuern. Also für jeden Tag eines Kalenderjahres einen. Der Kreativität und der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, allein das Oberthema der Aktion gilt es zu beachten:


Wobei der hier gelegte Weg immer nur einen kleinen Ausschnitt zeigen kann.... (Thomas-Achenbach-Foto).

Nämlich die Fragestellung: Was sind Kraftquellen, Stolpersteine, was trägt mich in meiner Achtsamkeit, was ist hilfreich für meine Selbstfürsorge? Was bringt Wut in den Bauch, was streichelt meine Seele? Was lässt mich stolpern und wobei schöpfe ich Kraft? Es geht darum, Gefühle und Ressourcen sichtbar zu machen. In Wort, Bild oder anderen kreativen Ausdrucksformen. Die Idee ist es, aus allen Einsendungen eine bundesweite Wanderausstellung zu schaffen. Gleichermaßen soll die Aktion dazu dienen, wieder fokussierter und konzentrierter durchs Leben gehen zu können. Denn dass sich auf den Smartphones die schnell gemachten Fotos häufen, diese aber kaum mehr wahrgenommen werden, ist ein Phänomen unserer Zeit.

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Alle Infos zur Aktion "Hoffnungsvoll und Seelenschwer" gibt es auf der BVT-Website....

Erster Beitrag zur Fotoaktion (Januar): Warum auch meine alten ausgelatschten Chucks eine Kraftquelle für mich sind

Zweiter Beitrag zur Fotoaktion (Februar): Kraftquelle Waldeswillen - wie sich ein alter und gestürzter Baum einfach nicht unterkriegen lässt und warum das so gut tut

Dritter Beitrag zur Fotoaktion (März): Kraftquelle Kulturerlebnisse - wie sich mein Leben mit allen Tiefern und Höhen auch in Eintrittskarten abbilden lässt

Vierter Beitrag zur Fotoaktion (April): Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt

Fünfter Beitrag zur Fotoaktion (Mai): Warum blühende Kastanien für mich zu einem Symbol dafür geworden sind, dass sich Krisen auch überstehen lassen

Sechster Beitrag zur Fotoaktion (Juni): Die alte Teekanne meiner Oma als ein Symbol für die Beständigkeit von Geteiltem im Leben - und für erlebtes Leiden

Siebter Beitrag zur Fotoaktion (Juli): Kindheit, die erste Heimat auf dieser Welt - so voller Mysterien und doch so zerbrechlich - von der Wirkmacht der ersten Jahre

Achter Beitrag zur Fotoaktion (August): Eintauchen in andere Welten durch Rock-LPs und ihre Plattencover - wie mir die Vermischung zweier Künste durch die Zeit half

Neunter Beitrag zur Fotoaktion (September): Standfest, sicher und ausgesetzt - warum die Bäume auf einem Osnabrücker Berg einen so hohen Symbolwert haben 

Zehnter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die erste): Warum eine fundierte Ausbildung für einen Trauerbegleiter so wichtig ist und warum in meiner Schlümpfe eine Rolle spielen

Elfter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die zweite): Ein ganzes Leben unter bunten Buchdeckeln - Warum Blanko-Notizbücher eine Kraftquelle sein können

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Der Autor dieser Zeilen 
bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Ebenfalls auf diesem Blog: Die merkwürdige Beständigkeit der Dinge - warum das Wegwerfen von Sachen für Menschen in einer Trauerkrise erstmal nicht möglich ist

Ebenfalls auf diesem Blog: Eine der schwierigsten Aufgaben in einem Trauerprozess - überhaupt begreifen zu können, was da geschehen ist - was das so schwer macht

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Ebenfalls auf diesem Blog: Wer Öffentlichkeit will, muss sie selbst herstellen - Praxis-Tipps für gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Hospiz-, Trauer & Palliativinitiativen


Ebenfalls auf diesem Blog: Wenn Töne und Texte die Seele ins Schwingen bringen, Teil #01: Serie über Trauer und Musik - die besten Songs und Alben über Trauer und Tod 

Dienstag, 13. März 2018

Eine Frage der Haltung: Trauerbegleiter sollten stabil sein und sich mit ihren eigenen Schicksalsschlägen beschäftigt haben - und: sie sollten selbst begleitet sein, wenn sie begleiten - warum es so wichtig ist, sich eine Haltung anzueignen und diese immer wieder zu überprüfen

Osnabrück - Immer für eine Überraschung gut, fragte die Stuttgarter Bestatterin Barbara Rolf - die als eine Art "Junge Wilde der Bestattungsbranche" bekannt ist - kürzlich all ihre Facebook-Freunde im sozialen Netzwerk: Was versteht Ihr eigentlich unter "Haltung", was bedeutet dieses Wort für Euch....? Eine sehr gute Frage, wie ich finde. Wir schmeißen oft allzu inflationär und allzu unbedacht mit diesem Wort um ums, ohne es zu hinterfragen. Gerade für ausgebildete Trauerbegleiter, die Menschen in hochsensiblen Phasen ihres Lebens zur Seite stehen, ist es wichtig, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Nicht bloß einmal, sondern immer wieder. Also ein guter Anlass, noch einmal selbst zu gucken, wie das mit der Haltung so ist. Hier also ein paar persönliche Ideen zum Thema - und meine Überlegungen, warum es so wichtig ist, eine Haltung zu haben. Und warum Trauerbegleiter immer selbst ganz stabil sein sollten und wissen sollten, wo ihre Schwachstellen liegen.

Wenn wir uns das Wörtchen "Haltung" mal vom Wortsinne her anschauen, dann bedeutet es etwas, das einem Halt gibt, also: Halt und Stütze. Soll also heißen: Wenn ich mich schon vorher mit allem beschäftigt habe, was mich unsicher machen könnte, was meine Stabilität gefährden könnte, wenn ich um diese Gefahren weiß, wenn ich mir wichtige Fragen dazu gestellt habe, dann habe ich auch eine Haltung gefunden. Dazu gehört, sich eine klare Meinung zu bilden - und aus dieser dann auch Verhaltensweisen abzuleiten. Hmmm.... Alles etwas zu abstakt? Stimmt schon, also ein paar Beispiele. 


Wenn sich jemand bei einem anderen Menschen hilfesuchend anlehnen möchte, dann ist es umso wichtiger, dass dieser andere Mensch eine gute und stabile Haltung gefunden hat - und Halt geben kann.  (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

Wenn die Menschen von einem Trauerbegleiter eines erwarten sollten und können, dann ist es vor allem dies: Dass dieser Mensch, der Ihnen gerade zur Seite steht, während dieser Phase einer Begleitung ganz frei ist von eigenen Schicksalsschlägen, dass er vergangene Schicksalsschläge angenommen und für sich geklärt hat und eben eine eigene Haltung dazu ausgebildet hat. Kurz gesagt: Dass er stabil genug ist um begleiten zu können. Denn kein Mensch kann begleiten, wenn er sich selbst gerade trösten lassen muss, wenn er selbst gerade emotional instabil sein sollte. Nicht umsonst gehört es zur Ausbildung eines Trauerbegleiters dazu, sich mit seinen eigenen Gefühlen und Erfahrungen, mit seiner ganz eigenen Trauerbiografie und den gemachten Todeserfahrungen intensiv auseinanderzusetzen (das gilt natürlich auch für alle weiblichen Trauerbegleiterinnen - doch angesichts des Frauenüberschusses in diesem Metier bevorzuge ich die rein männliche Schreibweise, sozusagen aus der Sicht der Underdogs).


Wenn das Mitfühlen zu eigenem Leiden wird - Obacht!


Es geht darum, als Trauerbegleiter seine eigenen Schwachstellen zu kennen. Was wirft mich evtl. aus der Bahn? Welche Themen sind mir zu übermächtig? Welche Themen machen mir andererseits gar keine Angst mehr? Das alles zu wissen ist wichtig. Denn am Ende des Tages geht es um ganz andere Fragen: Wen kann ich wirklich begleiten, wen vielleicht nicht? Wessen Trauer- und Todesgeschichte kann in mir etwas auslösen, das mich begleitungsunfähig machen sollte, weil ich dadurch selbst ins Wanken gerate? Wann wird aus dem Mitfühlen ein solches Mitleiden, dass ich selbst umgerissen werde? Damit beginnt die Auseinandersetzung, die zu einer Haltung führt, aber damit ist sie noch nicht zu Ende. Denn es gibt noch eine Reihe weiterer Fragen, die es mit sich selbst zu klären gilt.


Wer auf der Suche nach seiner eigenen Haltung ist, der sollte wissen, wann ihm selbst das Umkippen drohen könnte - eine zentrale Frage in der Auseinandersetzung mit sich selbst.  (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

Jeder Mensch ist einzigartig und etwas Besonderes, jeder hat seine eigene Disposition und seine Geschichte, die ihn zu dem gemacht hat, was er (jetzt gerade) ist. Jeder Mensch ist sehr daran interessiert, sein Leben selbst zu bestimmen, ihm Sinn und Ziel zu geben, aber gerade das kann in einer Verlustkrise besonders schwer fallen. Denn da regiert oft die Ohnmacht, nicht unbedingt die Lebensfähigkeit, da sind Ressourcen oft verschüttet und bleiben erstmal unzugänglich. Für die Traubegleitung übersetzt bedeutet das, dass ein Trauernder mit einem festen Gefüge und mit einer Idee zu uns kommt, wie die Welt aus seiner Sicht ist bzw. wie sie zu sein hat. Dem sollte - das wäre jedenfalls meine Haltung - eine Begleitung auch Rechnung tragen. Letztlich geht es um die alte, aber wichtige Frage: Will ich einem Menschen, den ich begleite, in Wahrheit nur mein Weltbild aufdrängen oder kann ich ihn in seiner eigenen Welt lassen und ihn dort abholen? Wann droht mir die Gefahr, dass ich damit anfange, vielleicht auch nur unbewusst, mein eigenes Weltbild aufdrängen zu wollen? Bin ich immer davor gefeit, dass das geschieht?


Was Trauerbegleitung leistet: Verstehen & aushalten können


Was mir ganz persönlich meine Trauerbegleiterausbildung vermittelt hat, neben vielem anderen, ist zudem der seelsorgerische Aspekt des Sich-Hineinfühlens in andere. Also nicht tiefenanalytisch auf Ursachenforschung gehen und in der Psyche herumwühlen, sondern alleine die Gefühle wirken lassen, so, wie sie sind – das galt es zu lernen, das war war mir, der ich mich bislang vorwiegend mit Coachingzielen auseinandergesetzt hatte, seinerzeit neu. Es gibt den wunderbaren Satz: Verstehen hilft. „Das möchte ich verstehen“ – als grundsätzliche Fragehaltung, das gehört für mich ebenfalls zur Haltung dazu. Aushaltenkönnen ist außerdem eine wichtige Fähigkeit. Es gibt eine Menge, das auszuhalten ist, das lehrt die Erfahrung immer wieder. Gemeinsam Ohnmacht ertragen. Keine Angst vor Schweigen haben, keine Angst vor Tiefe, keine Angst vor Tränen, keine Angst vor dem Grundwasser im Menschen – dort anzukommen kann ein hilfreicher Schritt sein. Den Schmerz nicht lindern wollen. Ihn annehmen, aushalten, ihn aber nicht kleinreden, wie es das Umfeld oft tut. Kein „Aber“. Und um nochmal zum Ausgangspunkt zurückzukehren - offen zu sein für ein eigenes Begleitetwerden ist ebenfalls eine wichtige Haltungsfrage.


Vorsicht, Stolperfallen: Die Gefahren lauern in Details


Denn wer andere begleitet, sollte sich selbst immer wieder in eine Supervision oder eine andere Form von eigener Begleitung begeben, jendenfalls, wenn er (oder sie) merkt, dass da etwas im Inneren ins Wanken gerät. Das geschieht vielleicht schneller als man denkt - oder es kommt zu einem anderen Zeitpunkt als gedacht. Oft halten wir uns jedoch für abgeklärter, als wir es vielleicht sind, und während wir es kaum merken, beginnen die zuvor so klar abgesteckten Grenzen bereits zu erodieren oder sich aufzuweichen. Oft lauern die Fallstricke in den Details, die man noch nicht genug beachtet hat. Das alles sind natürlich auch ganz persönlichen Haltungen, es sind Fragen, die ich mir selbst gestellt habe. Es sind allerdings auch Beobachtungen und Erfahrungen drin, die mein Spektrum in den vergangenen Jahren dankbarerweise erweitert haben. Hatte ich anfangs, direkt nach meiner Ausbildung zum Trauerbegleiter, noch gedacht, dass ich bei einer ganz bestimmten Sorte von Verlust andere Menschen nicht würde begleiten können, weil ich mich da zu nah am eigenen Grundwasser wähnte, hat die Erfahrung dann gezeigt, dass es doch geht. Dass es sogar sehr viel besser geht als gedacht. Was mich zum letzten, meiner Meinung nach fast dem wichtigsten Punkt beim Thema Haltung führt...:


Sich mit den Trümmern seines Lebens auseinanderzusetzen, kann hilfreich sein. Auch aus Stolpersteinen lässt sich schließlich etwas bauen.   (Thomas-Achenbach-Symbolfoto)

Nämlich: Was auch immer ich mir einmal als Haltung überlegt habe, es muss auch flexibel dehnbar bleiben, es darf nicht gänzlich verwischen, darf aber auch kein so starres Konzept werden, dass es einen selbst bis zur Erstarrung verkrampfen lässt. Dann gibt eine solche Haltung eben keinen Halt mehr, sondern wird zur dogmatischen Fahrbahnverengung. Und dass so etwas nicht geschehen darf - das ist auch wieder eine Frage von Haltung.... 

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.

Alle aktuellen Termine, Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare etc. mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Den Blog zum Anhören als Podcast - bitte hier klicken für die aktuelle Episode aus dem Trauer-ist-Leben-Podcast...

Ebenfalls auf diesem Blog: Die Kunden müssen die Bestatterbranche bewegen - was alles möglich sein kann, wenn Menschen in einer Verlustsituation das wollen

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde in einer Verlustkrise alles so tun und warum einem das nicht peinlich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Ebenfalls auf diesem Blog: Wenn Töne und Texte die Seele ins Schwingen bringen, Teil #01: Serie über Trauer und Musik - die besten Songs und Alben über Trauer und Tod 

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Dienstag, 6. März 2018

Trauer im Beruf - was die Kollegen dann tun können - Tipps für den Umgang mit trauernden Mitarbeitern im Büro - Kollegen und Mitarbeiter in Trauer, was tun?

Osnabrück - "Wechselt nicht das Gespräch, wenn ich den Raum betrete." Was die Dresdner Trauertherapeutin Diana Mirtschink in ihrer Liste mit dem Titel "Die Bitten der Trauernden" so unnachahmlich auf den Punkt bringt, ist in einem Trauerfall vor allem für den kollegialen Umgang am Arbeitsplatz ein maßgeblicher Punkt. Denn vor allem im beruflichen Umfeld fällt es den Menschen oft besonders schwer, mit Kollegen in einer Verlustkrise umzugehen. Irgendwie muss es ja auch alles weitergehen, die Arbeit, der Alltag. Dennoch gibt es eine ganz Menge, was Mitarbeiter an kollegialen Hilfen geben können. Hier eine kleine Liste - in Ergänzung zu den Ideen, die sich in meinem Buch "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" aus dem Campus-Verlag finden lassen (alle Infos zum Buch gibt es hier...). 

Ich erinnere mich an Trauerfälle im Kollegenkreis. Ich erinnere mich daran, wie unterschiedlich die Reaktionen waren. Da gab es einen Kollegen, dem so gar nichts anzumerken war und der einfach weitermachte wie bisher, vermutlich, weil ihm diese Alltagsnormalität gut getan hat. Da gab es eine Kollegin, der die Erschütterung und Fassungslosigkeit jederzeit anzumerken war, die aber sofort allen Kollegen klargemacht hatte: Bitte nicht darauf ansprechen, bitte nicht darüber sprechen. Damit hatte diese Kollegin, vielleicht ganz unbewusst, genau das Richtige getan: Größtmögliche Transparenz kann sehr hilfreich sein. Denn in einem Trauerfall im Kollegenkreis sind die Unsicherheiten eben sehr, sehr groß. Was kann noch alles helfen? Ein paar Gedanken:


Eine simple Spielzeugampel - in einem Großraumbüro lässt sich so ein Accessoire sinnvoll einsetzen, um den Kollegen Signale zu setzen, beispielsweise wenn ein Mitarbeiter in Trauer ist: Bin ansprechbar, bin nicht ansprechbar.   (Thomas-Achenbach-Foto)

Den betroffenen Kollegen zuhause abholen, einen Fahrdienst durch Kollegen organisieren

- Dem betroffenen Kollegen (am besten sogar ungefragt) etwas zu essen mitbringen (denn Menschen in einer Verlustkrise haben manchmal Schwierigkeiten mit den simpelsten Alltagstätigkeiten oder keine Energie für solche Basis-Dinge)

- Blumen und Karten sind wertvoll und hilfreich, aber echtes Interesse ist noch besser - ein ehrlich gemeintes "Wie geht es Dir?" oder ein ehrliches "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll" sind immer besser als Floskeln oder Schweigen

Die Gespräche nicht unterbrechen, sondern den betroffenen Menschen aktiv einbeziehen

Spielregeln vereinbaren - beispielsweise: Sprecht mich bitte im Büro nicht drauf an, aber in der Kaffeepause möchte ich sehr gerne darüber reden, wie es mir geht

- Sichtbare Zeichen am Arbeitsplatz vereinbaren, ob ein Kollege ansprechbar sein mag oder nicht, vor allem in Großraumbüros - eine simple Spielzeugampel hilft hier schon weiter

- Hilfreich kann es sein, wenn sich die Kollegen oder die Vorgesetzten ein bisschen Wissen über Trauer aneignen, darüber, was alles an Gefühlen dazugehören kann, was es mit Menschen machen kann

- Hilfreich ist zu wissen, dass Trauer ein sehr, sehr langer Prozess sein kann mit ganz unterschiedlichen Phasen, die sich überlappen können, parallel verlaufen, wo alles drin sein kann

- Akzeptieren, dass es Phasen geben kann, in denen sich die betroffenen Menschen arbeitsunfähig schreiben lassen müssen (wohlgemerkt: nicht krank!)

- Gibt es Ruheräume? Rückzugsräume, auch für anderes? Falls nein: Lassen sich Alternativen schaffen oder verabreden? 

- Gibt es eine Notfallmappe für Trauerfälle im Unternehmen - auch für Mitarbeiter?

Es kann wichtig sein, dass Trauernde die Möglichkeit haben, sich kurz zurückzuziehen. Vielleicht einfach nur, damit sie einmal kurz in aller Ruhe weinen können, ohne das Gefühl zu haben, sich am Arbeitsplatz "zusammenreißen zu müssen" (was besonders schwierig ist, wenn es einen im Inneren gerade eher zu zerreißen scheint). Es ist dann immer denkbar ungünstig, wenn hierfür nur das Klo zur Verfügung steht. Wenn das räumliche Umfeld aber nichts hergibt, lassen sich vielleicht andere Möglichkeiten besprechen: Ein rotes Schild an der Küchentür signalisiert dann vielleicht "Bitte nicht stören, gleich fertig". Oder etwas Ähnliches. Hier ist allerdings auch Geduld gefragt. Und menschlicher Teamgeist. Was natürlich etwas ist, das nicht in allen Teams und bei allen Bürokollegen anzutreffen ist - womit wir wieder auf der Führungsebene wären. Denn wie mit Trauer umgegangen wird im beruflichen Umfeld, ist eben auch - nicht nur, aber auch - eine Führungssache (mehr dazu hier....) 

Ebenfalls auf diesem Blog: Serie zum Thema "Trauer am Arbeitsplatz":


Folge 1: In fünf bis zehn Jahren braucht jedes Unternehmen ein tragfähiges Konzept
Folge 2: England macht es vor: Das Jack's Law hilft Eltern beim Verlust eines Kindes
Folge 3: Damit ganz Europa sprachfähig wird in Sachen Trauer - eine neue Initiative
Folge 4: Warum "Trauer am Arbeitsplatz" jetzt Thema im Schulunterricht wird
Folge 5: Die deutschlandweit erste Trauer-Betriebsvereinbarung - so funktioniert sie

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich Trauernde förmlich zerrissen fühlen müssen - eine Einführung in das "Duale Prozessmodell der Trauer" und seine Fallstricke

Ebenfalls auf diesem Blog: Gibt es so etwas wie Leichengift? Und stimmt es, dass die Nägel von Toten noch lange weiterwachsen? Ein paar Antworten auf sechs große Fragen

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie eine Familie den Geburtstag der gestorbenen Tochter jedes Jahr als Abschieds- und Lebensfest gestaltet und warum das Mut machen kann

Ebenfalls auf diesem Blog: Darf ich einen Menschen in Trauer eigentlich auf seinen Trauerfall ansprechen oder mache ich damit alles nur noch schlimmer? Ein paar Tipps...

Ebenfalls auf diesem Blog: 27 gute Rituale für eine Trauerfeier - wie sich eine Gedenkfeier so gestalten lässt, das sie den Angehörigen/Trauenden gut tun kann

Ebenfalls auf diesem Blog: Was muss ich machen, wenn ich wegen Trauer krankgeschrieben werden möchte? Geht das überhaupt und wenn ja, wie denn?

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

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