Für Opernerlebnisse durchs Land zu fahren, das war und ist eine uns auch durchs Leben tragende Familientradition, die über das einzelne Erleben hinaus ihre Bedeutung hat. (Thomas-Achenbach-Foto) |
Osnabrück - Was einen kraftvoll durchs Leben tragen kann - und durch Krisen hindurch - sind durchaus auch die kulturellen Erfahrungen eines Lebens. Meine Eltern haben mir immer und immer wieder von dieser einen großen „La-Bohème“-Inszenierung vorgeschwärmt, die sie in ihrer Münchner Zeit erlebt hatten. Der Star-Regisseur Otto Schenk hatte den Pucciniklassiker dort in Szene gesetzt und es muss ein rauschendes Fest für die Sinne gewesen sein. Jedes Mal, wenn wir auf Puccini-Opern zu sprechen kamen (was bei uns in der Familie häufig geschieht) oder ganz allgemein auf bedeutende oder unbedeutende Operninszenierungen (was auch oft geschieht), standen Otto Schenk und die Bohème wieder im Raum. So habe ich schon in jungen Jahren verinnerlicht: eine rundum gelungene Operninszenierung - das ist ein leuchtender Fixstern am kulturellen Horizont einer Familie, dessen Strahlkraft Generationen überspannen kann. Eine Familientradition, die sich auch in zahlreichen Eintrittskarten ausdrückt - und damit ist sie prädestiniert für meine inoffizielle Teilnahme an dieser offiziellen Fotoaktion.
Richard Wagners "Parsifal" in der Hamburger Staatsoper in der legendären Inszenierung vom Theatermagier Robert Wilson. Von den ersten Takten an war ich gebannt, gefesselt, fasziniert, aller Kargheit und Reduziertheit in allen Bewegungen zum Trotz (oder gerade deswegen). Fünf Stunden Theaterzauber für die Seele, am Ende ein Gefühl wie in einem Drogenrausch. So etwas kann nur die Oper, nur das Theater, also jedenfalls bei mir. Mag ja sein, dass bei anderen der Fußball für adäquate Ersatzrauschzustände sorgen kann. Was mich durchs Leben trägt, sind auch die unvergesslichen kulturellen Augenblicke, die ich erleben durfte. Davon gibt es Gott sei Dank eine Menge - und für diesen unvergleichlichen Luxus bin ich sehr, sehr dankbar.
Und jede Oper für sich ist gleichermßen "hoffnungsvoll und seelenschwer", so wie diese Fotoaktion (Thomas-Achenbach-Foto) |
Die Zauberflöte in Mannheim - die beste, die ich in meinem Leben gesehen habe. Das Lloyd-Webber-Requiem in Kiel, dessen "Pie Jesu" mich trotz aller Kitschnähe mit all seiner Zartheit bis in die Grundfesten erschüttert hat. Die "Madama Butterfly" in Stuttgart, deren inszenatorische und sängerische Intensität meinen Körper und meine Seele durchströmt und kräftig durchgerüttelt hat. Wagners "Tristan und Isolde" im Aalto-Theater in Essen mit einem sich immer schneller drehenden Liebesrad, das die Sänger kräftig durchwirbelte. Und, und, und.... Durch die Republik zu reisen und Kultur zu erleben, das war eine die Familie zusammenhaltende Tradition, das war das kommunikative Grundverständnis, das unter allem lag. Dass wir diese Tradition dann nach dem Tod meiner Mutter noch einmal zelebrieren durften, war auch eine Art Ehrerbietung für sie, wie wir sie als passend erlebt haben. Was ich da erlebt habe, das war prägend, tragend, stützend, das wirkt noch nach. Damit passt all das hervorragend zu dieser Aktion mit dem Namen "Hoffnungsvoll und seelenschwer" (und ist nicht beinahe jede Oper irgendwie sowohl seelenschwer wie auch hoffnungsvoll...?). Darum geht es:
Eine Reise auch durchs eigene Leben, gemessen an kulturellen Stationen, die gleichermaßen Lebensstationen waren, bildet dieser Weg aus gesammelten Eintritskarten (Thomas-Achenbach-Foto). |
Der Bundesverband Trauerbegleitung (BVT) - in dem ich ebenfalls Mitglied bin - feiert seinen zehnten Geburtstag in Form einer kreativen Mitmachaktion. Gegründet mit dem Ziel, der Ausbildung zum Trauerbegleiter in Deutschland einen einheitlichen Lehrplan und ein einheitliches Zertifikat verschaffen zu können, versteht sich der Verband inzwischen als Sprachrohr und Interessenvertretung für alle Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise. Sie sind es auch, die sich zur Teilnahme an der Aktion eingeladen fühlen sollen (alle Infos gibt es unter diesem Link). Wer sich ganz kreativ beteiligen möchte, kann sogar versuchen, ganze 365 Beiträge beizusteuern. Also für jeden Tag eines Kalenderjahres einen. Der Kreativität und der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, allein das Oberthema der Aktion gilt es zu beachten:
Wobei der hier gelegte Weg immer nur einen kleinen Ausschnitt zeigen kann.... (Thomas-Achenbach-Foto). |
Nämlich die Fragestellung: Was sind Kraftquellen, Stolpersteine, was trägt mich in meiner Achtsamkeit, was ist hilfreich für meine Selbstfürsorge? Was bringt Wut in den Bauch, was streichelt meine Seele? Was lässt mich stolpern und wobei schöpfe ich Kraft? Es geht darum, Gefühle und Ressourcen sichtbar zu machen. In Wort, Bild oder anderen kreativen Ausdrucksformen. Die Idee ist es, aus allen Einsendungen eine bundesweite Wanderausstellung zu schaffen. Gleichermaßen soll die Aktion dazu dienen, wieder fokussierter und konzentrierter durchs Leben gehen zu können. Denn dass sich auf den Smartphones die schnell gemachten Fotos häufen, diese aber kaum mehr wahrgenommen werden, ist ein Phänomen unserer Zeit.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Alle Infos zur Aktion "Hoffnungsvoll und Seelenschwer" gibt es auf der BVT-Website....
Erster Beitrag zur Fotoaktion (Januar): Warum auch meine alten ausgelatschten Chucks eine Kraftquelle für mich sind
Zweiter Beitrag zur Fotoaktion (Februar): Kraftquelle Waldeswillen - wie sich ein alter und gestürzter Baum einfach nicht unterkriegen lässt und warum das so gut tut
Dritter Beitrag zur Fotoaktion (März): Kraftquelle Kulturerlebnisse - wie sich mein Leben mit allen Tiefern und Höhen auch in Eintrittskarten abbilden lässt
Vierter Beitrag zur Fotoaktion (April): Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt
Fünfter Beitrag zur Fotoaktion (Mai): Warum blühende Kastanien für mich zu einem Symbol dafür geworden sind, dass sich Krisen auch überstehen lassen
Sechster Beitrag zur Fotoaktion (Juni): Die alte Teekanne meiner Oma als ein Symbol für die Beständigkeit von Geteiltem im Leben - und für erlebtes Leiden
Siebter Beitrag zur Fotoaktion (Juli): Kindheit, die erste Heimat auf dieser Welt - so voller Mysterien und doch so zerbrechlich - von der Wirkmacht der ersten Jahre
Achter Beitrag zur Fotoaktion (August): Eintauchen in andere Welten durch Rock-LPs und ihre Plattencover - wie mir die Vermischung zweier Künste durch die Zeit half
Neunter Beitrag zur Fotoaktion (September): Standfest, sicher und ausgesetzt - warum die Bäume auf einem Osnabrücker Berg einen so hohen Symbolwert haben
Zehnter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die erste): Warum eine fundierte Ausbildung für einen Trauerbegleiter so wichtig ist und warum in meiner Schlümpfe eine Rolle spielen
Elfter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die zweite): Ein ganzes Leben unter bunten Buchdeckeln - Warum Blanko-Notizbücher eine Kraftquelle sein können
Erster Beitrag zur Fotoaktion (Januar): Warum auch meine alten ausgelatschten Chucks eine Kraftquelle für mich sind
Zweiter Beitrag zur Fotoaktion (Februar): Kraftquelle Waldeswillen - wie sich ein alter und gestürzter Baum einfach nicht unterkriegen lässt und warum das so gut tut
Dritter Beitrag zur Fotoaktion (März): Kraftquelle Kulturerlebnisse - wie sich mein Leben mit allen Tiefern und Höhen auch in Eintrittskarten abbilden lässt
Vierter Beitrag zur Fotoaktion (April): Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt
Fünfter Beitrag zur Fotoaktion (Mai): Warum blühende Kastanien für mich zu einem Symbol dafür geworden sind, dass sich Krisen auch überstehen lassen
Sechster Beitrag zur Fotoaktion (Juni): Die alte Teekanne meiner Oma als ein Symbol für die Beständigkeit von Geteiltem im Leben - und für erlebtes Leiden
Siebter Beitrag zur Fotoaktion (Juli): Kindheit, die erste Heimat auf dieser Welt - so voller Mysterien und doch so zerbrechlich - von der Wirkmacht der ersten Jahre
Achter Beitrag zur Fotoaktion (August): Eintauchen in andere Welten durch Rock-LPs und ihre Plattencover - wie mir die Vermischung zweier Künste durch die Zeit half
Neunter Beitrag zur Fotoaktion (September): Standfest, sicher und ausgesetzt - warum die Bäume auf einem Osnabrücker Berg einen so hohen Symbolwert haben
Zehnter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die erste): Warum eine fundierte Ausbildung für einen Trauerbegleiter so wichtig ist und warum in meiner Schlümpfe eine Rolle spielen
Elfter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die zweite): Ein ganzes Leben unter bunten Buchdeckeln - Warum Blanko-Notizbücher eine Kraftquelle sein können
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ebenfalls auf diesem Blog: Die merkwürdige Beständigkeit der Dinge - warum das Wegwerfen von Sachen für Menschen in einer Trauerkrise erstmal nicht möglich ist
Ebenfalls auf diesem Blog: Eine der schwierigsten Aufgaben in einem Trauerprozess - überhaupt begreifen zu können, was da geschehen ist - was das so schwer macht
Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen
Ebenfalls auf diesem Blog: Wer Öffentlichkeit will, muss sie selbst herstellen - Praxis-Tipps für gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Hospiz-, Trauer & Palliativinitiativen
Ebenfalls auf diesem Blog: Wenn Töne und Texte die Seele ins Schwingen bringen, Teil #01: Serie über Trauer und Musik - die besten Songs und Alben über Trauer und Tod