Mittwoch, 7. November 2018

Wenn Töne und Texte die Seele ins Schwingen bringen, Teil #01: Trauer und Musik gehören zusammen - Hier geht es um die hilfreichsten und wirkmächtigsten Songs und Alben über Trauer, Tod und Sterben....zum Beispiele diese hier

Musik kann einen beflügeln, einen tragen, kann die inneren Prozesse ins Schwingen bringen. All das kann auch in einem Trauerprozess hilfreich sein... (Thomas-Achenbach-Fotos)

Osnabrück (eb) - "Nachdem mein Vater gestorben war, habe ich dieses Lied rauf und runter gehört, es hat mir jedes Mal Trost gespendet und mich jedes Mal zum Weinen gebracht..." - so ähnlich steht es, von mir frei aus dem Englischen übersetzt, als Kommentar unter einem Youtubevideo der Folkband "Mumford & Sons". Der Song, um den es hier geht, heißt "Ghosts That We Know". Und wie jedes wirklich gute Lied verfügt auch dieser Song über einen Text, der eindeutig genug ist, ein bestimmtes Themengebiet zu umreißen - es geht um das Sterben, die Angst vor dem Tod und um Verluste -, aber doch offen genug, um allerlei vielfältige Interpretationen zuzulassen. Musik hat Kraft und Wirkmacht, wenn es um Trauer geht. Sie kann helfen, aber auch herunterreißen. Und es gibt superviel zu entdecken, wenn wir die Themen Trauer und Musik einmal vermischen. Grund genug, daraus eine neue Serie zu stricken. 

Musik ist meine größte Leidenschaft, das lässt sich in meinem zweiten als Hobby betriebenen Blog oft nachlesen. Die Trauerbegleitung ist eine meiner Professionen und eine meiner Tätigkeiten. Beide Themen zu vermischen, das habe ich schon lange vorgehabt. Jetzt ist eine gute Zeit dafür. Denn in den vergangenen Jahren habe ich emsig gesammelt: Ganz viel Musik über Trauer und Schmerz. Songs, Alben, Orchesterwerke; dazu ganz viele Geschichten, die sich in diesen Tönen und Texten verstecken. Seine eigene Trauer über Musik kreativ auszudrücken, das hat für Komponisten Tradition - überwiegend für männliche Komponisten, übrigens, aber dazu ein andermal mehr. Manchmal führt ein einziger Tod sogar zu mehreren Songs darüber. 



So war das beispielsweise beim Sohn von Eric Clapton: Weil der Hausmeister die Fenster des New Yorker Appartements offenstehen gelassen hatte, fiel der gerade erst Vierjährige beim Versteckenspielen aus dem 49. Stock. Was die Tragik noch ein wenig vertieft: Papa Clapton hatte gerade erst in einer Therapie seine ihn sonst umklammerndern Süchte zu beherrschen gelernt (Alkohol/Drogen) - und zwar für seinen Sohn, wie Clapton es in seiner Biographie erzählt. Zu dem Jungen hatte er deswegen erst kurz zuvor eine Beziehung aufgebaut, nachdem er sich anfangs komplett aus der Kindererziehung zurückgezogen hatte. Der aus dem tragischen Vorfall resultierende Song heißt "Tears In Heaven" und ist inzwischen ein Klassiker auch auf Beerdigungen und bei Trauerfeiern. Weniger bekannt indes ist, dass auch die Rockband Genesis diesem tragischen Ereignis einen Song gewidmet hatte. 


Gute Texte lassen viele Interpretationen zu


Denn die war zum Unlückszeitpunkt gerade im Studio, um ihr wohl bekanntestes Album - We Can't Dance - aufzunehmen. Und als Phil Collins die tragische Geschichte über den Verlust des mit ihm befreundeten Eric Clapton hörte, wuchs auch in ihm der Wunsch, seine Gefühle mit einem Song zu verarbeiten, wie es Phil Collins dereinst in der TV-Sendung "VH 1 Storytellers" erzählte (lässt sich in Ausschnitten bei Youtube finden). Das Ergebnis war "Since I Lost You". Und auch dieser Song arbeitet mit einem Text, der sich in vielerlei Richtungen interpretieren lässt - beispielsweise als Ende einer Paarbeziehung oder einer Ehe. Aber hervorgegangen ist der Song tatsächlich aus der Ahnung eines elterlichen Verlustschmerzs angesichts einer tragischen Todeserfahrung. Und damit noch einmal zurück zu "Mumford & Sons"...



Denn deren Liedtext über die "Geister der Vergangenheit" ist durchaus vielschichtiger gestaltet, ist aber um ein markantes und immer wiederkehrendes Kernelement herum aufgebaut, das sich in freier Übersetzung so lesen müsste: "Bitte gib mir die Hoffnung, dass ich das Licht sehen werde in der Dunkelheit, denn die macht mir so dermaßen Angst - und trotzdem werde ich es aushalten, so lange wie Du willst, versprich mir bitte nur, dass wir in Ordnung sein werden..... (im Original: So give me hope in the darkness that I will see the light; 'Cause oh that gave me such a fright; But I will hold as long as you like; just promise me we'll be alright)". Ohne dass es explizit darin erwähnt wird, dürfte klar sein: Hier geht es um die Angst vor dem Sterben, die Angst vor dem Danach. Aber diese Zeilen sind auch gekoppelt an andere Aussagen, zum Beispiel diese hier: "Denn die Geister, die wir kannten, haben uns düster gemacht oder traurig, aber wir werden ein langes Leben leben; Und die Geister, die wir kannten, werden aus unserer Sicht verschwinden, und wir werden ein langes Leben leben..."- der Song weist also über die eigentliche Sterbeerfahrung hinaus. Aber auf was? Ein anderes Leben an einem anderen Ort? Oder auf das irgendwann wieder unverwundete Weiterleben der Hinterbliebenen? Es lässt sich beides denken und beides interpretieren. Das macht diesen Song so gut. Und so traurig. Und so gut geeignet als Trost- und Trauersong. 

Die besten Songs & Alben über Trauer und Tod - die ganze Serie:


  1. Folge 1 - Auftakt mit Mumford & Sons, Genesis, Eric Clapton - hier klicken
  2. Folge 2 - Auf dem Rücksitz, mitten in der Trauer, Arcade Fire - hier klicken 
  3. Folge 3 - Ein alter Mann, der in einem Raben die gestorbene Schwester entdeckt

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Über diese Serie: Musik ist meine größte Leidenschaft. Die Trauerbegleitung ist eine meiner Professionen und eine meiner Tätigkeiten. Beide Themen zu vermischen, das habe ich schon lange vorgehabt. Jetzt ist eine gute Zeit dafür. Denn in den vergangenen Jahren habe ich emsig gesammelt: Ganz viel Musik über Trauer und Schmerz. Songs, Alben, Orchesterwerke; dazu ganz viele Geschichten, die sich in diesen Tönen und Texten verstecken. Seine eigene Trauer über Musik kreativ auszudrücken, das hat für Komponisten Tradition - überwiegend für männliche Komponisten, übrigens, aber dazu ein andermal mehr. Manchmal führt ein einziger Tod sogar zu mehreren Songs darüber. 

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.

Alle aktuellen Termine, Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare etc. mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Den Blog zum Anhören als Podcast - bitte hier klicken für die aktuelle Episode aus dem Trauer-ist-Leben-Podcast...

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Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link

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