"Update, Dezember 2016", steht dort, und weiter: "Linda ist im Dezember 2016 verstorben. Es war ihr Herzenswunsch, dass dieser Blog online bleibt. So möchte sie Euch, liebe Leserinnen und Leser, weiterhin an ihrem Dänemark-Glück teilhaben lassen." Das Merkwürdige daran: Obwohl ich mich ja nun täglich mit den Themen Tod, Trauer und Sterben beschäftige, obwohl das ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens ist, hat mich diese Notiz zuerst regelrecht befremdet - das muss ich zugeben. Den Blog einer Toten lesen? Irgendwie ein komisches Gefühl. Oder? Also erstmal: Ein Lesezeichen setzen. Vielleicht später wieder zurückkehren. Doch beim näheren Nachdenken kam dann innerlich in mir die 180-Grad-Wendung.
Tolle Fotos, tolle Berichte, das ist Lindas Blog (Achenbach-Screenshots). |
Was auch immer Linda widerfahren sein mag - das erfahren wir hier nicht -, sie hatte immerhin noch die Chance, diesen Wunsch äußern zu können. Da gibt es also ihren Blog und sie hat verfügt: Er soll bleiben. Menschen sollen das lesen. Und das tun sie auch. Denn einer wie ich, der ja viel später auf ihre Fotos und Artikel gestoßen ist, nimmt erst zwei Jahre nach ihrem Tod alles das auf und an, was es dort gibt. Eigentlich ja: Ein Geschenk. Und zwar ein doppeltes, also eines, das Linda in ihren letzten Lebenszügen vielleicht - ein kleines bisschen - als etwas Gutes hat erleben dürfen und eines für uns, die wir jetzt sehen dürfen, dass da etwas bleibt in der Welt. Und das von einem Menschen, den wir gar nicht persönlich kannten. Irgendwie auch schön, oder? Wir wollen jetzt gar nicht erst die ganze Debatte rund um den digitalen Nachlass wieder anzetteln, aber selbst unter diesem Gesichtspunkt hat die unbekannte Bloggerin es ja ungewöhnlich gut gehabt.
Denn sie hat jemanden an ihrer Seite gehabt, der diesen Wunsch umgesetzt hat. Es bleibt für uns unsichtbar, wer das ist. Aber irgendjemand hat die oben erwähnten Sätze geschrieben - außerdem hat dieser Jemand die Kommentarfunktion aus- sowie die Kontaktadresse abgeschaltet, also immerhin ein paar nötige Basis-Aufräumarbeiten betrieben. Stöbern wir einmal weiter in Lindas Blog, werden zwei Dinge klar: Dass sie viel zu früh gestorben ist, natürlich an erster Stelle. Dass sie aber viele großartige Erlebnisse hat erfahren dürfen, an zweiter Stelle. Ihr Blog ist jedenfalls voll davon. Eine Schiffsfahrt rund um Norwegen, irre schöne Fotos von einsamen Stränden und vor den Dünen liegenden Waldabschnitten, hübsche kleine Geschäfte in Dänemark und Deutschland. Alles rein aus der Perspektive des Selbsterlebten und frei von Werbung. Du bekommst gleich eine Menge Reiselust, wenn Du Dir das anschaust. Und bist dann gleichzeitig genauso unterwegs, wie sich Linda das gewünscht hat, so steht es jedenfalls in diesen Zeilen. Linda ist gestorben, das ist traurig. Aber es macht Freude, noch immer ihre Zeugnisse aus einem Leben mit ganz viel Schönheit darin vorfinden zu können. Das hat auch etwas Tröstendes. Insofern also: Danke, Linda.
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier.
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Männertrauergruppe in der Region Osnabrück: Offene Gruppe, Einstieg jederzeit möglich - alle Infos über die Gruppe gibt es hier
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