Eric Wrede und sein Absprung: Aus dem Musikzirkus hinein in die Bestattungsbranche... (Random-House-/Erik-Weiss-Foto mit freundlicher Genehmigung). |
Das Buch beginnt dann auch gleich mit Eric Wredes Testament - bzw. mit einem Auszug daraus. Klingt nach Nabelschau, ist aber extrem lehrreich, denn in nur wenigen Zeilen macht Wrede eindrucksvoll deutlich, wie einfach so etwas sein kann und dass es kein halbes oder ganzes juristisches Studium braucht, um eine eindeutige und sehr klare Verfügung zu verfassen. Soviel sei vorab schon verraten: Auf seinem Grabstein soll stehen: 'E. W., ich habe gelebt.' Später erfahren wir: Bei seiner eigenen Bestattung sollen später mal die Kings und John Cale gespielt werden. Auch das hat Eric Wrede bereits verfügt. Da ist die Nähe zum ehemaligen Musikmanager (A&-R-Manager, für die Auskenner) noch immer spürbar, wie an vielen anderen Stellen des Buches.
"Schick mir die Post schon ins Spital...." - mit Musik durchs Buch
Die Kapitelüberschriften sind nämlich allesamt Songtitel - die allerdings ein ganz kleines bisschen musikliasches Auskennertum erfordern, wenn auch kein Spezialwissen. Darunter sind beispielsweise "Bring mir die Post schon ins Spital" von der österreichischen Rock'n'Roll-Kapelle Wanda, die im Konzert zu erleben ein enormer Spaß sein kann, oder "Keep Me In Your Heart" von Warron Zevon, das dieser - bereits um seinen nahenden Tod wissend - auf seinem bewegenden Album "The Wind" veröffentlichte. Der Song wird in meiner ganz eigenen Serie rund um "die hilfreichsten und wirkmächtigsten Songs und Alben über Trauer, Tod und Sterben" ganz sicher auch noch an die Reihe kommen (die erste Folge dieser Serie findet sich hier).
Alle weiteren Fotos: Thomas Achenbach. |
Besonders erfreulich an dem Buch: Die Kinder nehmen darin viel Raum ein Beziehungsweise die Frage: Wie gehen Kinder eigentlich mit dem Tod um? Auch hier kann Eric Wrede viele hervorragende Praxistipps anbieten, wie man das Thema mit Kindern am besten besprechen kann – und wieviel die Erwachsenen dabei immer wieder falsch machen in der irrigen Annahme, die Kinder vor diesem Thema irgendwie schützen zu müssen (auch das war bereits ein viel beachtetes Thema hier auf diesm Blog – bei Interesse hier klicken). Denn Kinder haben oft ganz pragmatische Alltagsfragen, wenn es um den Tod geht. Pupst der noch, beispielsweise. Aber eben auch ganz praktische Fragen des Alltagslebens. Wenn die Oma sterben kann, dann vielleicht auch die Mama – aber wer kocht denn dann noch für mich? Wir sprechen nämlich ganz falsch vom Tod, sagt Eric Wrede an einer Stelle. Und auch damit trifft er voll ins Schwarze. Wir senken unsere Stimmen, werden bei dem Thema ganz andachtsvoll und würdevoll und irgendwie vorsichtig. Das macht es im Umgang mit Kindern, aber überhaupt im Umgang mit dem Tod, alles nur noch schlimmer. Alleine deswegen sollte das Buch zur gesellschaftlichen Pflichtlektüre werden.
Aber auch wegen der vielen brauchbaren Praxistipps ist es viel wert: Dass es beispielsweise, wenn man sich das leisten kann, enorm sinnvoll sein kann, für seine Trauerfeier gleich eine Doppelfeier zu beantragen, um die extrem kurz getakteten Zeiten in den Friedhofskapellen von maximal 20 bis 30 Minuten für eine Trauerfeier einfach für sich verlängern zu können. Dass es eine schöne Idee sein kann, die Gäste einer Trauerfeier in Form eines kleinen persönlichen Briefes ihre eigenen Erinnerungen an den oder die Verstorbenen aufschreiben zu lassen und diese Briefe dann zu sammeln und zu einer großen Erinnerungsmappe zusammenzutragen. Und dass überhaupt die Trauerfeiern viel individueller auf den Menschen ausgerichtet sein müssen, der dort begraben wird - Eric Wrede erinnert sich an einen etwa 50-Jährigen, dessen Leidenschaft Progressive Metal gewesen ist - also wirklich wirklich frickeliges Musikzeugs, 20 Minuten Laufzeit pro Stück, zahlreiche Tempiwechsel und so. Also hörte sich die gesamte Trauergemeinde auf der Trauerfeier durch solcherlei Musikstücke durch. Das war sauanstrengend - und es wurde dem Menschen, der da gestorben war, tausendmal gerechter als jede staubüberzogene Normalfeier. Am Ende des Buches finden sich in einer Art Serviceteil noch die wichtigsten Informationen zum Thema Bestattungen, wichtige Dokumente, die auch im Internet als Download bereitstehen. Auch das ist hilfreich.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Urne ausgebuddelt...
Ebenfalls spannend: Der Blick hinter die Kulissen der Bestatterszene, den Eric Wrede immer wieder unternimmt. Die Schilderungen des Bestatteralltags, die kuriosen, rührenden, harten, aber teils auch lustigen Ereignisse, die es dort gegeben hat. Manchmal wird Wrede dabei ein wenig zynisch, wenn auch zur Recht – wenn er von Bestatterkollegen berichtet, die die toten Omas mit ihren vollen Windeln lieblos in den Sarg hineinwerfen… Kommt leider alles vor, wie Wrede mehrmals erfahren hat. Was auch schon vorgekommen ist: Dass er in einer nicht genehmigten Nacht-und-Nebel-Aktion eine Urne ausgebuddelt hat. Aber leider die falsche. Das ist übrigens ein großer Pluspunkt dieses Buches: Der charmante Plauderton, den Eric Wrede gekonnt anschlagen kann (oder war es ggf. doch sein Ghostwriter – die Dankesworte am Ende des Buches ließen einen solchen Schluss jedenfalls zu). Und es gibt noch mehr.
Denn aufgelockert wird das Buch durch eingestreute Interviews mit Prominenten wie beispielsweise Judith Holofernes, wobei diese Texte jedoch eine Zweitverwertung von bereits auf Eric Wredes Podcast veröffentlichten Sprachbeiträgen sind (der Podcast trägt übrigens gleichfalls den Namen "The End"). Sei's drum, für mich, der ich nicht die Zeit hatte, die Podcasts anzuhören, ist die gedruckte Auswertung der Gespräche in dem Buch eine sinnvolle Ergänzung.
Übrigens: Noch ein lesenswertes Buch, das viele weitere Tipps enthält, ist "Das letzte Hemd hat viele Farben" von Sabine Bode und David Roth - hier geht es zu einer Besprechung dieses Buches.
Transparenzhinweis: Das Buch ist mir auf Anfrage vom Verlag bzw. der zuständigen Presseagentur als Rezensionsexemplar zugeschickt worden, vielen Dank dafür,
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor des Buches "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag, 17 Euro, erschienen im März 2019. Mehr Infos gibt es hier.
Alle aktuellen Termine, Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare etc. mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
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Den Blog zum Anhören als Podcast - bitte hier klicken für die aktuelle Episode aus dem Trauer-ist-Leben-Podcast...
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Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
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