Die Klage ist oft die gleiche: "Wir werden gar nicht wahrgenommen". Oder: "Immer sind nur die anderen in den Medien, aber niemals wir". Oder, auch das habe ich schon erlebt, gleich als spitzzüngiger Angriff formuliert: "Was habt Ihr eigentlich gegen uns...?" Meistens sind es zwei Probleme, die hier zum Tragen kommen. Das erste davon ist eine unterschiedliche Auffassung davon, was Medien tun sollten: Etwas würdigen, beispielsweise. So ist oft die Erwartungshaltung. Es geht aber bei dem, was Medien berichten, nicht um eine Form von Würdigung, nicht ums Gesehenwerden, sondern lediglich um Berichterstattung - und die folgt den immergleichen Mustern aus Nachricht, Aktualität und Faktenprinzip. Auch das zweite Problem ist schnell ausgemacht: Denn "die anderen" hatten der Redaktion von sich aus, ganz aktiv, eine eigene Pressemitteilung zugeschickt, die dann auch verarbeitet wurde. Und die sich beklagenden "wir", die "niemals reinkommen", hatten vielleicht im Stillen und im Verborgenen darauf gewartet, dass irgendwann einmal eine Redaktion bei ihnen anklopfen würde... Solche und ähnliche Erfahrungen habe ich mehrmals gemacht. Daraus lässt sich auch gleich die wichtigste Regel ableiten, die es gibt: Wer Öffentlichkeit haben will, muss sie selbst herstellen. Das gilt vor allem in unseren heutigen Zeiten, wo es überall an Ressourcen mangelt, wo in allen Redaktionen oft wenige Mitarbeiter sehr viel auf einmal leisten müssen. Da wird es immer wichtiger, dass all jene, die gerne wollen, dass über sie berichtet wird, möglichst gut aufgestellt sind im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Und das kostet - leider - etwas von den Dingen, von denen man ohnehin immer zu wenig hat: Zeit, Ressourcen, Nerven. Aber die Mühe lohnt sich, sehr sogar. Selbst aktiv zu werden ist das A und O der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Aber was genau heißt das eigentlich - selbst aktiv werden? Wie denn? Und womit denn? Okay, starten wir ganz am Anfang:
Wer Öffentlichkeit haben will, muss sie sich selbst herstellen - am besten durch einen Ansprechpartner für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. (Thomas-Achenbach-Symbolfoto) |
1.) Benennen Sie einen Ansprechpartner für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und formulieren Sie klar und eindeutig, was dieser tun soll... Das mag banal klingen, aber in der Praxis ist es oft schwieriger als gedacht. Weil nämlich allen Beteiligten, also beispielsweise auch Vereinsvorsitzenden oder anderen, klar sein muss: Die gesamte Kommunikation nach außen läuft ausschließlich über diese eine Person. Hat jemand von den Medien eine Nachfrage, ist der Presse- und Öffentlichkeitsverantwortliche der erste Ansprechpartner. Das macht es aber denjenigen, die diese Aufgabe übernehmen (sollen), nicht einfacher. Oftmals wird da jemand so ein bisschen in so ein Amt geschubst, ohne genau zu wissen, was er eigentlich machen soll, kann, darf (so ist es mir selbst in meinen Jugendjahren einmal gegangen - plötzlich war ich Öffentlichkeitsbeauftragter.... Tja, und nun? Was mache ich jetzt...? Großes Schulterzucken...). Je klarer das intern definiert ist, desto besser. Idealerweise gibt es eine Liste, die alle der hier im Folgenden behandelten Themen und Fragen auflistet.
2.) Machen Sie sich klar, welche Medien Sie überhaupt nutzen/bedienen wollen. Welches Medium das richtige sein kann, ist sehr stark abhängig von der Frage, wen Sie eigentlich erreichen wollen. Das wiederum ist abhängig von dem jeweiligen Thema. Ein paar Beispiele. Wer eine Trauergruppe für Jugendliche und junge Erwachsene anbietet, ist gut beraten, wenn er moderne Medien wie soziale Netzwerke (Facebook, Twitter & Co.) oder vor allem Messengerdienste wie WhatsApp benutzt. Wer für sein Trauercafé eher die Zielgruppe "60 Plus" im Blick hat, darf sich auf klassische Printprodukte - Tageszeitung & Co. - beschränken. Wer eine gute Durchmischung aus allen Altersschichten erreichen möchte, sollte zusätzlich zu den klassischen Medien noch Internetseiten, also nachrichtliche und regionale Websites oder ggf. auch regionale Blogger mit einbeziehen. Und nicht vergessen: Es gibt auch eigene Terminkalender, online oder gedruckt, die als reine Terminkalender ohne redaktionelle Bestandteile funktionieren und die die Informationen, wann was und wo stattfindet, ebenfalls brauchen. Selbst in einer Region wie Osnabrück hat die Medienlandschaft inzwischen eine überraschende Vielfalt ausgebildet. Da gibt es die lokale Zeitung als den Platzhirschen und das dazugehörige Anzeigenblatt (meine Baustelle), da gibt es kleinere Ortsteil- oder Stadtteilblättchen, da gibt es nachrichtliche und regionale Websites, da gibt es mehrere Terminkalender, gedruckt oder online, regionale Radiosender, eine Menge lokaler Facebookgruppen, Blogger, Instagrammer, Twitternutzer, you name it,... Sich erstmal eine Übersicht zu verschaffen, ist ein hilfreicher erster Schritt. Und sich dann fragen: Welches Medium ist für uns und unsere Themen wirklich sinnvoll, welches nicht. Ach, und wo wir gerade dabei sind: Wie ist es denn eigentlich mit ihrer eigenen Website? Gibt es dort eine "Aktuelles"-Unterseite mit frischen Nachrichten und wird die auch regelmäßig gepflegt? Sind alle kommenden Termine dort aufgelistet? Oder wie ist es mit einem eigenen Facebookauftritt? Wie gesagt: erst prüfen, ob solche Medien überhaupt in Frage kommen. Und dann: Am besten selbermachen. Möglichst viel. Dazu gehört auch die folgende wichtige Vorarbeit....:
3.) Machen Sie sich klar, wie viele und welche Anlässe zur Berichterstattung Sie anbieten können. Natürlich ist es toll, wenn Sie eine Spende übergeben bekommen. Zumal es überall an Geld mangelt, na klar. Natürlich ist das der perfekte Anlass dafür, einen selbst verfassten kurzen Bericht und ein Foto an die Redaktionen einzusenden (auch wenn man sich in den meisten Redaktionen vor lauter Spendenübergaben kaum noch retten kann, vor allem gegen Ende des Jahres). Aber es gibt gewiss noch mehr in ihrer Institution, was eine Berichterstattung oder zumindest eine Pressenotiz oder einen Eintrag im Terminkalender wert ist. Wetten, dass? Ein paar Beispiele: In zweieinhalb Wochen steht das nächste Treffen der monatlichen offenen Trauergruppe an - ein guter Zeitpunkt, um eine Pressemitteilung zu verschicken, die auf den nächsten Termin hinweisen kann. Und das jeden Monat aufs Neue, na klar. Eine Ihrer Ehrenamtlichen ist bald schon 25 Jahre dabei und bekommt einen Blumenstrauß dafür - was die Person alles an Geschichten aus ihrer Dienstzeit erzählen könnte, dürfte einen spannenden Artikel locker füllen, jedenfalls ist es den Versuch wert, die Ehrenamtliche mit der Presse zu vernetzen. Überhaupt, was es alles an Erfahrungswerten und Wissen in ihren Institutionen gibt, ist für Journalisten auch sonst interessant: Bieten Sie ihre Gruppenleiter, Trauerbegleiter oder Ausbildungskräfte als Experten an, die kleine und serviceorientierte Tipps geben können. Das ist vor allem dann spannend, wenn die typischen Anlässe für die Berichterstattung anstehen: Der Welthospiztag, die Trauertage im November (Totensonntag/Volkstrauertag), Weihnachten... Ihre Trauergruppe kann bald das zehnjährige Bestehen begehen? So ein Geburtstag ist auch ein guter Anlass für einen selbst verfassten Bericht in Form einer Pressemitteilung. Und auch die allgemeinen Jahrestage können gute Anlässe dafür sein, einmal die andere Seite der Medaille zu betrachten: Am Muttertag darf auch mal über die Sternenkindergruppe berichtet werden nach dem Motto "Wie geht es denen, die nicht soviel Glück haben durften an so einem Tag"? Am Weltkindertag dürfen auch die Kinder im Mittelpunkt stehen, die in Trauer sind - was hilft ihnen, was gibt es für Angebote? Als Presse- und Öffentlichkeitsverantwortlicher dürfen Sie solche Themen gerne anbieten, dürfen auch kreativ sein. Oder am besten gleich selbst einen Text fertigstellen...
4.) Suchen Sie sich die für Sie passenden Ansprechpartner - aktualisieren Sie jährlich diese Listen und nehmen Sie sich etwas Zeit für die Recherche. Natürlich gibt es die allseits bekannten Sammeladressen für E-Mails. Die heißen meistens Redaktion(at) oder Info(at) oder ähnliches. Aber machen Sie sich immer klar: Hier läuft nun wirklich alles auf, alles, ständig. Meistens ist eine solche Adresse nur der Erstanläufer, von dem aus dann alles nochmal umverteilt wird. Jede Mail wird dann händisch angefasst und an den richtigen Ansprechpartner weitergeschickt, sobald Zeit dafür da ist (jedenfalls in größeren Redaktionen ab mehreren Mitarbeitern ist das so). Hier sind allerdings mehrere Unschärfen drin: Sammelpostfächer laufen schnell über, Mails gehen verloren, nicht immer wird der richtige Ansprechpartner erreicht. Das geht alles schneller und effizienter: Machen Sie sich gleich selbst auf die Suche nach dem richtigen Ansprechpartner. Meistens ist das schon mehr als die halbe Miete für eine gelungene Arbeit. Wissen, wer für was zuständig ist und wen man ansprechen muss. Wenn die Redaktion dann auf ein anderes Sammelpostfach verweist, wie wir es tun (es heißt lokales (at) osnabruecker-nachrichten.de...), können Sie getrost davon ausgehen, dass es das wirklich Richtige ist. Wenn die Redaktion auf einen bestimmten Redakteur verweist, ist er derjenige, an den alles gehen sollte. Achtung, wichtig: Es sollte bitte grundsätzlich ein festangesteller Redakteur sein, einer der so genannten Sitzredakteure, die also im Büro sitzen, und nicht ein Freier Mitarbeiter. Weil Freie Mitarbeiter eben (ich bitte alle Freien, die das jetzt lesen, herzlich um Nachsicht) eher weiter unten in der Hierarchiekette stehen und die Entscheidungen, ob etwas veröffentlicht wird und wenn ja, wie, eben immer schon vorher und an anderer Stelle getroffen werden. Also beim Sitzredakteur. Hier ist das Allerwichtigste, was man wissen muss: Medien arbeiten immer nach dem "Tatortprinzip". Findet eine Trauergruppe also in dem Örtchen Pusemuckel aus dem Landkreis Großmuckelhausen statt, muss der für Pusemuckel zuständige Redakteur ermittelt werden. Nicht der für den Landkreis zuständige. Deswegen sind die Ortsmarken in Pressetexten so wichtig, dazu kommen wir aber später noch. Und weil es leider so ist, dass die Personalkonstellationen heutzutage relativ schnell wieder wechseln, kann es sein, dass sich Ansprechpartner binnen eines Jahres wieder ändern. Das bedeutet also: Einmal im Jahr alle Medien durchtelefonieren, sich freundlich vorstellen, freundlich nach dem passenden Ansprechpartner fragen, Klinken putzen. Und nicht vergessen: Es kann wichtiger sein den richtigen Adressaten zu wissen als eine noch gut gemachte Pressemitteilung zu verschicken. Was es jetzt noch braucht, ist das Folgende...:
5.1) Gestalten Sie ihre Pressemitteilungen immer gleich wie einen fertigen Artikel mit allem Drum und Dran - also inklusive der Ortsmarke (siehe: Tatortprinzip), eines Vorspanns und aller sechs W's (Was, wann, wo, wie, warum, mit wem/wer). Ganz wichtig: Die Nachricht muss immer nach vorne, also das Neue, das Aktuelle. Bitte erzählen Sie ihre Geschichte niemals chronologisch. Wenn Journalisten eine Pressemitteilung bekommen, die losgeht mit den Sätzen "Vor 33 Jahren gründete sich der Verein Soundso und hat seiter vieles erlebt...." (und am Ende heißt es dann: jetzt trifft sich der Verein wieder zur Jahreshauptversammlung...), dann erhöht sich der Nervfaktor. Und der Finger schwebt immer über der Löschtaste. Denn das müssen Sie sich immer klarmachen: Jede Redaktion schwimmt in E-Mails, manche gehen darin regelrecht unter. Soll heißen: Um einen Redakteur (oder am Ende auch einen Leser) mit dem zu erreichen, was Ihnen wichtig ist, haben SIe nur wenige Sekunden Aufmerksamkeit, die schnell genutzt sein wollen. Dennoch sind auch die chronologischen Faktoren durchaus wertvolle Informationen, die nicht fehlen dürfen, die Frage ist bloß, an welcher Stelle sie richtig angebracht sind. Denn es gilt andererseits: Gehen Sie immer davon aus, dass die Medienvertreter ihre Einrichtung noch nicht kennen. Es ist ganz egal, wie lange es ihre Institution schon gibt, es ist ganz egal, wieviele Presseaussendungen Sie schon verschickt haben - stellen Sie an das Ende Ihres Artikels, jedes Artikels, immer einen kleinen "Infokasten" oder "Zur Sache"-Kasten, der alle wesentlichen Informationen über Ihre Einrichtung enthält. "Über uns" könnte das zum Beispiel heißen. Da muss dann sowas rein wie: Uns gibt es seit XX Jahren, wir haben uns gegründet weil...., wir haben in den vergangenen Jahren schon dies und jenes erledigt.... Also, nochmal zusammengefasst: Erst die Nachricht mit allen W-Fragen, am besten im Vorspann nach der Ortsmarke. Dann ein bisschen was Aktuelles. Und am Ende die Hintergründe. Genauso wichtig:
5.2) Geben Sie den Redaktionen die Möglichkeit, mit ihnen in Kontakt treten zu können. Dafür braucht es: Ansprechpartner, Telefonnummern, E-Mail-Adressen. Die müssen in jede Pressemitteilung sichtbar platziert werden, am besten wie in so einem Briefkopf oder einer E-Mail-Signatur als immer wieder mitgeschicktes Grundrauschen. Aber wichtiges Grundrauschen. Denn erstens brauchen die Medienvertreter eine Möglichkeit, Kontakt aufnehmen zu können, zweitens ist es auch für die Leser und Nutzer von Medien wichtig, an wen Sie sich ggf. wenden können ("Infos und Nachfragen zur Trauergruppe bitte an Telefonnummer....", etc.). Ach, noch ein Zusatztipp: Was die Überschrift Ihrer Pressemitteilung angeht, so brauchen Sie dafür nicht ganz so viel Gehirnschmalz aufzuwenden. Sie können davon ausgehen, dass alles das, was Sie als Überschrift vorschlagen, sowieso nicht passen wird - weil das Zeilenraster der Zeitung nur eine bestimmte Menge an Buchstaben zulässt im Überschriftenbereich, beispielsweise, oder weil die Onlineredaktion ihre Überschriften immer ganz streng nach Kriterien der Verwertbarkeit für Suchmaschinen texten muss... Jedoch: Je besser und journalistischer der weitere Text der Pressemitteilung verfasst ist, desto höher die Chance, dass er eins zu eins übernommen wird.
Hier geht es zum zweiten Teil der Miniserie zum Thema "Presse- & Öffentlichkeitsarbeit"
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de.
Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
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