Donnerstag, 8. Juli 2021

Wie ein ganz kleiner Dialog aus einem bemerkenswerten Film deutlich macht, was Trauernden gut tun kann (und was nicht) und wie wir gut mit ihnen ins Gespräch kommen können - Von Bill Murray für das Leben lernen

Osnabrück - Er hat gerade seine Frau verloren, der alte Grantler Vincent von nebenan, großartig gespielt vom unvergleichlichen Bill Murray. Und als der Nachbarsjunge Oliver ihm sagt, wie leid ihm das tut, entwickelt sich ein kleiner, aber bemerkenswerter Dialog zwischen den beiden. Es ist die Sorte Dialog, in dem so vieles drinsteckt, was die Menschen tatsächlich erleben, dass er eine nähere Betrachtung lohnt - auch wenn er aus nur vier Zeilen besteht.

Oliver hat gerade erst mitbekommen, dass die Frau von Vincent, die wegen einer Erkrankung in einem Pflegeheim gelebt hat, gestorben ist - und weil Vincent daselbst einen Schlaganfall erlitten hatte, hat er diesen Sterbeprozess ebenfalls gar nicht mitbekommen. In der deutschen Synchronfassung heißt es dann:

Oliver, der Junge: Tut mir leid, Vincent... - mein Beileid.

Vincent, der Nachbar: Hab nie verstanden, warum die Leute das sagen.
Oliver, der Junge: Sie wissen nicht, was sie sonst sagen sollen.
Vincent, der Nachbar: Wie wär's mit: Wie war sie so? Vermisst Du sie? Oder: Was wirst Du jetzt tun?

Alle Filmfotos: Polyband, mit freundlicher Genehmigung bei Abdruck des Hinweises: DVD/Blue-Ray erhältlich via Polyband Medien)



Als Trauerbegleiter kann ich da nur sagen: Von Vincent lässt sich was lernen. Von Bill Murray sowieso. Und weil ich zu denen gehöre, die grundsätzlich alles im Originalton gucken, hier die Original Fassung dieses Dialogs): 

Oliver: Sorry, Vin, for your loss.

Vincent: Never understood... why people say that.

Oliver: They don't know what else to say.

Vincent: How about, "What was she like?" "Do you miss her?" Or: "What are you gonna do now?"



Der Film ist derzeit, im Juni 2021, via Netflix und auf DVD oder Blueray verfügbar


--------------- Alle Folgen aus der Serie "Die besten Trauerfilme": ------------

- Was uns das Teenager-Drama "Vielleicht lieber morgen" mit Emma Watson über Trauer, Trauma, Flashbacks und Trigger erzählt - zur Folge 1 der Serie

- Warum die australisch-französische Filmperle "The Tree" mit Charlotte Gainsbourg eine exakte Studie über das Trauern ist - zur Folge 2 der Serie

- Was uns das US-Drama "Manchester By The Sea" alles über Schuld und Familiensysteme in Trauer erzählt (Oscar-Preisträger) - zur Folge 3 der Serie

- Der Tod zweier Söhne, ein eingestürztes Familiensystem - warum "The Door In The Floor" nach John Irving ein Fim übers Erzählen ist - Folge 4

- Der Suizid der Mama und wie eine Familie weiterzumachen versucht, eindrucksvoll, aber zurückhaltend gezeigt in "Der letzte schöne Tag" - Folge 5

- Ein poetischer Film über Japan, alternde deutsche Ehepaare und die ewige Nähe des Todes - Dorris Dörries "Kirschblüten Hanami" ist eine Wucht - Folge 6

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Auf Youtube ansehen: Vortrag "Männer trauern anders" aus dem Forum St. Peter in Oldenburg (Nidersachsen) aus dem Juni 2021 - Link zum Video  

Ebenfalls auf diesem Blog: Was bedeutet "Personen auf der Fahrbahn", warum hört man das so oft - eine ganz persönliche These dazu, was dahintersteckt

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie der Suizid der Mama das System einer Familie ins Wanken bringt, eindrucksvoll erzählt in einem sensiblen sehenswerten Film

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Ebenfalls auf diesem Blog: Was muss ich machen, wenn ich wegen Trauer krankgeschrieben werden möchte? Geht das überhaupt und wenn ja, wie denn?

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