Das ungleiche Freundespaar, vom Leben zusammengeschweißt: Alan Arkin als Norman Newlander und Michael Douglas als Sandy Kominsky (Netflix-Media-Center-Fotos). |
"Natürlich rede ich mit ihr - und ich bin nicht verrückt!", sagt Newlander kurz danach zu seinem besten Freund, dem von Michael Douglas gespielten Schauspieltrainer Sandy Kominsky. Dieser ist der abgehalfterte, gerade pleite gehende Womanizer, also mehr so der Antiheld, während sein Freund Norman als wohlhabender Mann den Erfolg des "American Dreams" verkörpert, obwohl innerlich gebrochen. Die Serie, die als klassische Sitcom angelegt ist, bezieht einen Großteil ihres Charmes aus diesem Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Charaktere und der Reibungspunkte, die das mit sich bringt sowie der zynisch-grimmigen Wortgefechte. Denn noch am Sterbebett hatte der von Douglas herrlich ironisch gespielte Sandy der Ehefrau seines Freundes, Eileen, ein Versprechen gegeben: Dass er auf ihren Norman achtgeben wird. Was er dann auch tut.
Schlüsselszene und Ausgangsszene der Serie: Sandy verspricht der sterbenden Gattin Eileen, auf ihren Norman aufzupassen. |
Danny De Vito als quirliger Urologe ist nur einer von mehreren prominenten Gast-Stars. |
So ist das Meiste, was hier geschieht, auf den nächsten guten Gag und die nächste treffsichere Dialogzeile ausgerichtet. Und doch geht die Serie andererseits weiter und tiefer als man es von einer Sitcom erwarten könnte und es gelingt den Machern scheinbar lockerleicht, das Gezeigte ins Tragische auszudehnen, ohne den Bogen zu überspannen oder jemals die Unterhaltungswerte zu verlieren. Eine Episode endet sogar mit einem weinend zusammenbrechenden Witwer - weil er in der Reinigung unerwarteterweise das vergessene Kleid seiner gestorbenen Frau ausgehändigt bekommt. Das muss man erstmal wagen - in einer eigentlich komödiantisch angelegten TV-Serie mit einem weinenden Mann aufhören. Respekt! Und so ist "The Kominsky Method" - übrigens vom Produzenten der Serienhits "Big Bang Theory" und "Two And A Half Man" verantwortet - eben doch mehr als nur eine Komödienserie. Zumal sie dankbarerweise auf die eingespielten Publikumslacher verzichtet. Was gut ist, bleibt einem das Lachen trotz allem Charmes doch oft auch im Halse stecken (vor allem, wenn es um geschwollene Prostatas und andere Probleme des Alterns geht).
Kaum Witwer, schon umschwärmt: Norman Newlander ist mit seinen neuen Rollen wenig zufrieden. |
Update im September 2021: Nachdem Netflix mittlerweile ganze drei Staffeln dieser Serie veröffentlicht hat (und es dabei auch belassen wird), muss gesagt sein: Der Trauerkontext wird von Folge zu Folge, vor allem von Staffel zu Staffel leider immer unbedeutender. Als ob die Autoren gerade mit diesem so spannenden Aspekt dieses Settings am Wenigsten hätten anfangen können. Vielleicht liegt es daran, dass der grandiose Hauptdarsteller Alan Arkin die Serie bereits nach der zweiten Staffel verlassen hat, womit sie auch einen Großteil ihres Charmes eingebüßt hat. Staffel Zwei legt den Fokus auf Norman und seine Tochter, in Staffel Drei scheint es dann vor allem um Sandy Kominskys Sexleben zu gehen - schwer zu sagen, ich bin nach Folge Drei dort ausgestiegen. Hätten sich die Autoren getraut, eine echte Trauer-Sitcom abzuliefern - was hätte das für ein großartiges Projekt werden können. Nun denn, es gilt, was für viele Serien gilt: Staffel Eins angucken. Danach was Anderes. Reicht doch.
----------------------------------------------------------------------------------------
Der Autor dieser Zeilen steht in Osnabrück und im Osnabrücker Land als Trauerbegleiter zur Verfügung. Thomas Achenbach ist zertifizierter Trauerbegleiter nach den Standards des BVT (Große Basisqualifikation).
Thomas Achenbach ist der Autor dieser drei Bücher:
-> "Das ABC der Trauer - 77 Rituale und Impulse" (Patmos-Verlag)
-> "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" (Campus-Verlag)
-> "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut" (Patmos-Verlag)
Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de.
Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
-------------------------------------------------------------------------------------------
Ebenfalls auf diesem Blog: Ist Trauerbegleitung ein echter Beruf? Kann man von Trauerbegleitung leben? Und wie werde ich überhaupt Trauerbegleiter?
Ebenfalls auf diesem Blog: Macht es die Hinterbliebenen nicht noch trauriger, wenn wir sie auf ihren Verlust ansprechen? - Impulse bei großer Unsicherheit
Ebenfalls auf diesem Blog: Warum die Formulierung "Mein Beileid" immer noch das Beste ist, was Du einem Menschen mit einem Verlust sagen kannst
Ebenfalls auf diesem Blog: Wie lange darf Trauer dauern? Ist es normal, wenn es jahrelang weh tut? Und ab wann wird trauern krankhaft?
Ebenfalls auf diesem Blog: Trauer und Schuldgefühle gehören zusammen - warum sich so viele Trauernde nach dem Tod eines Menschen schuldig fühlen
Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde alles so vermeintlich "Merkwürdiges" tun und warum das nicht peinlich ist
Ebenfalls auf diesem Blog: Wie uns die Trauer vor Aufgaben stellt und was das für den Trauerprozess bedeuten kann - über die "Aufgaben der Trauer"
Ebenfalls auf diesem Blog: Entrümpeln, Ausmisten und Aufräumen nach dem Tod eines Menschen - was mache ich damit und warum ist das so hart?
Ebenfalls auf diesem Blog: Professionelle Gesprächsführung mit Menschen in einer Krise - was wir von der Spiegeltechnik fürs Leben lernen können
Ebenfalls auf diesem Blog: Wir sind auf dem Weg in eine Sterbegesellschaft - Zahlen, Fakten und Daten darüber, wir eine gute Trauerkultur brauchen werden
Ebenfalls auf diesem Blog: Wer ein Kind verloren hat, sollte nicht arbeiten gehen müssen - was wir von einer britischen Rechtsprechung lernen können
-------------------------------------------------------------------------------------------
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen