Weil diese Trauerfeier schon in der Vor-Coronazeit eingeführt worden ist, haben die Mitarbeiter verinnerlicht: Die Teilnahme daran, also auch das Anschauen der Feier über das Intranet, darf gerne als Arbeitszeit gewertet werden. Das gehört dazu und wer es so handhabt, wird nicht schief angeguckt. Auch darin zeigt sich die Wertschätzung, die das Unternehmen ihren Mitarbeitern gegenüber zum Ausdruck bringt und die mit dem Tod nicht enden sollte.
Was Firmen tun können
Wenn ein Mitarbeiter gestorben ist, stellen sich viele Fragen. Auch ganz pragmatische: Wie soll - beispielsweise - das Ausräumen des Schreibtisches geschehen? Wer ist dafür verantwortlich? Wann ist ein guter Zeitpunkt? Denn die vielen emotionalen Fallstricke, die alleine eine solche nur vermeintlich nebensächliche Aufgabe mit sich bringt, sind bitte nicht zu unterschätzen. Wer den Schreibtisch zu früh und ohne Information ausräumen lässt, darf sich der Empörung der Mitarbeiter sicher sein - hier zählt der Mensch wohl nichts mehr, wird es heißen. Klar: Wie in allen Belangen, die die emotionalen Ebenen der Mitarbeiter betreffen, geht es hierbei um Wertschätzung.
Der Tod ist niemals weit weg - je größer die Firma, desto näher
Also um die Frage, ob es einem Unternehmen gelingt, seinen Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie auch als Mensch gesehen und angenommen werden - nicht alleine als Arbeitskraft. Wer seine Mitarbeiter auch in Krisenzeiten gut begleiten kann, positioniert sich als ein guter Arbeitgeber. Wer sich den Themen Tod, Trauer und Sterben dabei nicht verweigert, sondern sie aktiv angeht, besetzt dabei sogar - derzeit noch - eine Nische in Deutschland. Und das ist deswegen so wichtig, weil der Tod viel alltäglicher ist als wir das gerne wahrhaben wollen. Wer sich auf die Suche nach Zahlen macht, der stößt an vielen Orten auf diese Angaben (ich habe sie jedoch nicht selbst nachrecherchiert): Jedes Jahr sterben demzufolge in Deutschland im Durchschnitt 850 000 Menschen. Rund 130 000 bis 140 000 davon sind noch mitten im Beruf. Angestellte. Arbeitnehmer. Mit Kollegen. Und Chefs.
Es muss nicht immer eine große Feier sein - Kleines bringt auch viel
Zugegeben: Die Anzahl von 550 Mitarbeitern in dem Beispiel oben ist frei erfunden. Dass es aber eine Firma gibt, die eine jährliche Trauerfeier veranstaltet, ist Fakt: Von einem Unternehmen aus Linz, bei dem regelmäßig rund 30 Prozent der Mitarbeiter diese Veranstaltung wahrnehmen, berichtet der Erich-Schmidt-Verlag in einem Newsletter zum Thema Trauer am Arbeitsplatz. Dabei muss es gar nicht etwas so Großes sein wie eine eigene Trauerfeier. Es lässt sich schon mit recht wenig sehr viel tun... Und das ist gut so. Denn das Thema wird in der Zukunft immer wichtiger werden, da bin ich mir sehr sicher. Dass es für Unternehmen wichtig ist, sich hier gut aufzustellen, habe ich in diesem Blog schon oft als Credo formuliert. Dass es einfacher ist als man glaubt - trotz der Schwere des Themas - ebenfalls.
Auch die Mitarbeiter in Trauer mitberücksichtigen
Berücksichtigt werden müssen immer alle Möglichkeiten: Was tun, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens stirbt? Was tun, wenn ein Mitarbeiter, der einen Angehörigen verloren hat, an den Arbeitsplatz zurückkehrt? Denn wenn ein trauernden Mitarbeiter zurückkehrt, darf das Ziel nicht lauten, die Trauer und die Gefühle möglichst rasch zu überwinden um zu größtmöglicher Effizienz zurückzufinden, sondern einen Weg zu finden, wie die Gefühle einen Raum finden können - auch auf der Arbeit! - und der Mensch dahinter sich anerkannt und gesehen fühlt. Wem das gelingt, der punktet ungemein als Arbeitgeber. Und unvermeidlich ist es sowieso: "„Trauer lässt sich nich t auf den Feierabend verschieben“ -so formuliert es Annika Schlichting von der Charon-Beratungsstelle, Hamburg, in einem Vortrag auf der Messe "Leben und Tod" 2017 in Bremen. Hier nun also eine kurze Ideenliste für Firmen, was alles getan werden kann im Falle von gestorbenen Mitarbeitern und im Falle von Trauernden am Arbeitsplatz:
Tipps und Ideen für Arbeitgeber - eine erste Sammlung
- Eine firmeninterne Trauerkultur entwickeln und etablieren, zu der gehören kann, dass Arbeitsplätze von gestorbenen Mitarbeitern einen besonderen Schmuck erhalten, dass es regelmäßige Schulungen von Führungskräften zu dem Thema gibt und dass eine firmeninterne Notfallmappe für Trauerfälle bei Mitarbeitern oder Todesfälle angelegt wird, die in Personalabteilung und im Intranet für alle zugänglich gemacht wird.
- Ein Kondolenzbuch am Arbeitsplatz des Verstorbenen auslegen oder ggf. eine eigene Trauerecke einrichten, wo ein Foto der Verstorbenen mit etwas Schmuck stehen kann.
- Einen Paten benennen, der sich um die Pflege und den Zustand der Trauerecke bzw. des Arbeitsplatzes kümmert.
- Sich mit Material zum Schmücken eines Arbeitsplatzes bevorraten (LED-Trauerkerzen, schwarzes Band, schwarze Bilderrahmen zum Aufstellen) und dieses Material an zentraler Stelle (Personalabteilung) hinterlegen, diese Information zugänglich machen, so dass alle Führungskräfte wissen, wo sie und wie sie an das Material kommen können.
- Die von der Firma aufgegebenen Traueranzeigen unbedingt individuell formulieren und sich nur auf wenige Standard-Textblöcke verlassen. Die in Oberhausen als Coach und Trauerbegleiterin arbeitende Christine Kempkes berichtete von einem Tag, als in einer Zeitung im Ruhrgebiet von einer Firma gleich zwei Todesanzeigen veröffentlicht wurden. Textlich identisch. Bis auf den Namen und den zu würdigenden Verstorbenen. Sowas geht natürlich nach hinten los. Noch besser, empfiehlt Kempkes, wäre es, die Anzeige mit den Angehörigen abzustimmen - und die private Anzeige hat immer Vorrang vor der Firmenanzeige.
- Auch im Intranet die Traueranzeige des Verstorbenen veröffentlichen, kombiniert mit der Möglichkeit, dort Kondolenz-Einträge zu hinterlassen - falls kein Intranet vorhanden, über einen öffentlichen Aushang der Traueranzeige nachdenken.
- Auch die Pensionäre und Aussteiger aus der Firma im Todesfall als integralen Bestandteil mit erwähnen, nicht nur, aber auch wenn es sich um vor kurzem aus der Firma ausgeschiedene Pensionäre handelt (so empfahl es die Fachfrau Annika Schlichting von der Trauerberatungsstelle Charaus Hamburg auf der Messe Leben und Tod 2017).
- Nicht nur eine firmeninterne Trauerfeier etablieren - etwa einmal im Jahr -, sondern diese auch aufzeichnen und, falls vorhanden, im Intranet übertragen oder später zeigen für alle, die nicht hingehen können. Die Aufzeichnung könnte außerdem als DVD an die Angehörigen als Geschenk der Firma übermittelt werden.
- Trauernden Mitarbeiten die Möglichkeit zum Rückzug geben, wenn die Gefühle sie übermannen, ggf. - in größeren Firmen - einen Ruheraum oder "Raum der Stille" einrichten und anbieten, der für solche Zwecke genutzt werden kann. Denn die Frage "Wie halte ich meine Gefühle unter Kontrolle" kann für Mitarbeiter bei Trauer eine besonders schwierige Frage sein. Da ist es gut, wenn sich nicht alleine das Klo als Rückzugsort anbietet.
- Regelungen treffen und schriftlich hinterlegen: ist es den Mitarbeitern erlaubt zur Beerdigung zu gehen (eines Kollegen, beispielsweise, oder eines Angehörigen eines Kollegen). Wird diese dennoch als Arbeitszeit gewertet und wenn ja, in welchem Fall? Wichtig ist hier: Klarheit und Transparenz. Genauso wichtig: Diese Infos nicht einfach nur irgendwo hinterlegen, sondern sie nochmal mitteilen, ansprechen, kommunizieren, wenn es soweit ist (hierfür die Führungskräfte auf regelmäßigen Schulungen sensibilisieren).
- Großer Knackpunkt: Ausräumen des Schreibtisches im Todesfall eines Mitarbeiters. Ganz wichtig hierbei: Klarheit und Transparenz. Anzukündigen, wann das geschehen wird und wer es machen wird, was mit den Dingen darin geschehen wird. Keine geheimnisvolle Nacht-und-Nebel-Aktion. Immer den guten alten Arbeitgeberspruch mitbedenken: Information breeds confidence (grob übersetzt: Informationen erzeugen Sicherheit).
- An den Jahrestag des Verstorbenen denken, auch dann ein Kärtchen an die Angehörigen schicken, am besten dies nach einem Erinnerungsimpuls durch die Personalabteilung von den ehemaligen Vorgesetzten eines verstorbenen Mitarbeiters erledigen lassen.
- Das Erstgespräch mit einem Trauernden, der zur Arbeit zurückkommt, nur unter vier Augen führen, dies als feste firmeninterne Regel zu hinterlegen. Ggf. danach ein Gespräch gemeinsam mit dem Team führen. Erst dann das Team und den Trauernden wieder zusammen arbeiten zu lassen.
- Führungskräfte sensibilisieren: Wie können Trauernde am Arbeitsplatz Signale verabreden, ob sie gerade ansprechbar sind oder lieber nicht angesprochen werden sollen. Vor allem in Großraumbüros bieten sich hierfür beispielsweise Spielzeugampeln an, bei denen die Farbe gewechselt werden kann. Grünes Licht = ansprechbar, Rotes Licht = bitte nicht ansprechen.
- Für Trauernde, die an den Arbeitsplatz zurückkehren, ggf. ein Arbeitszeitkonto einrichten, auch die Möglichkeit von Teilzeit oder Wiedereingliederungszeit anbieten, je nach Schwere und Intensität des Trauerfalls.
- Regelungen zu finden, die in sozialen Leitfäden hinterlegt sind: Dürfen Mitarbeiter einer Abteilung mit auf die Trauerfeier eines Kollegen gehen, wenn sie das wollen? Gilt das als Arbeitszeit?
- Das Thema Trauer in die Sozialen Leitfäden mit aufnehmen, falls vorhanden, Regelungen treffen über Abwesenheiten, Wiedereingliederungen, etc. (Die Firma Facebook beispielsweise gewährt mittlerweile bei Trauerfällen ihren Angestellten 20 Tage Abwesenheitszeit zum Trauern)
- Und natürlich, ein solcher Hinweis in eigener Sache muss mir an dieser Stelle erlaubt sein: Darüber nachdenken, externe Fachkräfte wie ausgebildete Trauerbegleiter zur Beratung und Begleitung in diese firmeninternen Prozesse mit dazuzuholen oder sie als Referenten für firmeninterne Workshops zu diesem Thema zu verpflichten - oder ggf. auch einzelne Mitarbeiter zu begleiten.
- Eine Idee von Christine Kempkes: Firmen könnten Mitarbeitern anbieten, dass sie fünf Einheiten Trauerbegleitung übernehmen - dies könnte ebenfalls im Sozialen Leitfaden hinterlegt sein.
- Übrigens: Ab 2018 soll es möglich sein, sich auch wegen Trauer als Diagnose krankschreiben zu lassen, so sehen es Pläne der WHO vor. Auch zu diesem Thema findet sich schon mehr auf diesem Blog.
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Das Buch zum Thema: "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" von Thomas Achenbach aus dem Campus-Verlag enthält viele Tipps und Anregungen rund um die Themen Trauer am Arbeitsplatz, Mitarbeiter in Pflegeverantwortung und mehr.
Ebenfalls auf diesem Blog: Serie zum Thema "Trauer am Arbeitsplatz":
Folge 1: In fünf bis zehn Jahren braucht jedes Unternehmen ein tragfähiges Konzept
Folge 2: England macht es vor: Das Jack's Law hilft Eltern beim Verlust eines Kindes
Folge 3: Damit ganz Europa sprachfähig wird in Sachen Trauer - eine neue Initiative
Folge 4: Warum "Trauer am Arbeitsplatz" jetzt Thema im Schulunterricht wird
Folge 5: Die deutschlandweit erste Trauer-Betriebsvereinbarung - so funktioniert sie
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de.
Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
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Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich Trauernde förmlich zerrissen fühlen müssen - eine Einführung in das "Duale Prozessmodell der Trauer" und seine Fallstricke
Ebenfalls auf diesem Blog: Gibt es so etwas wie Leichengift? Und stimmt es, dass die Nägel von Toten noch lange weiterwachsen? Ein paar Antworten auf sechs große Fragen
Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann
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Ebenfalls auf diesem Blog: Darf ich einen Menschen in Trauer eigentlich auf seinen Trauerfall ansprechen oder mache ich damit alles nur noch schlimmer? Ein paar Tipps...
Ebenfalls auf diesem Blog: 27 gute Rituale für eine Trauerfeier - wie sich eine Gedenkfeier so gestalten lässt, das sie den Angehörigen/Trauenden gut tun kann
Ebenfalls auf diesem Blog: Was muss ich machen, wenn ich wegen Trauer krankgeschrieben werden möchte? Geht das überhaupt und wenn ja, wie denn?
Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de.
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