Wann auch immer dieser Baumstumpf umgekippt und beschnitten worden ist, aus seinen Überresten ragen schon neue Stämme empor.... (Thomas-Achenbach-Foto) |
Osnabrück/Bonn - Der Sturm hat sie umgerissen und entwurzelt. Die Menschen haben sie zerschnitten. Sie haben am Boden gelegen, abgeschnitten von allem Lebendigen. Und doch haben sie irgendwann neue Triebe aus ihren rumpfigen Stümpfen heraustreiben lassen. Nun ragen sie aus den zerschrundenen Baumresten schnurgerade nach oben und haben eine ahnsehnliche Dicke erreicht. Diese eindrucksvollen Baumstümpfe, die sich nicht unterkriegen lassen wollen, befinden sich nicht weit von unserem Haus entfernt. Und sind damit prädestiniert für meine inoffizielle Teilnahme an dieser offiziellen Fotoaktion.
Die Natur in ihrer unbeugsamen Gestaltungskraft lässt auch dort noch etwas wachsen, wo man es nicht mehr vermutet hat. Es ist der Psychologe und Psychotherapeut Carl Rogers, der dieses Muster auch auf den Menschen übertragen hat. Er hat dafür den wunderbaren Begriff des "Werdewillens" benutzt. Rogers geht davon aus, dass jeder Mensch wieder "heile" werden will und dass er das aus eigener Kraft schaffen kann - so wie ein Kind, das nach der Geburt ganz von sich aus und ohne Anstoß von außen all das erreichen möchte, was die Welt ihm an Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten anbietet. So wie es die Natur eben als Mechanismus in allem eingepflanzt hat, auch in uns Menschen. Deswegen hatte Rogers die die "klientenzentrierte Gesprächstherapie" entwickelt, deren Grundbestandteile aus Empathie, Wertschätzung und der Authentizität des Zuhörenden bestehen und die auch Bestandteil der Ausbildung zum Trauerbegleiter geworden ist. Womit dieses Fotomotiv gleich doppelt gut zum heutigen Anlass passt...
Der Sturm hatte diesen Baum einmal umgeworfen, teils entwurzelt, aber der Überlebens- und Werdewillen darin ist unbeirrbar - auch wenn es sehr viele Jahre dauert (Thomas-Achenbach-Foto). |
Denn der Bundesverband Trauerbegleitung (BVT) - in dem ich ebenfalls Mitglied bin - feiert seinen zehnten Geburtstag in Form einer kreativen Mitmachaktion. Gegründet mit dem Ziel, der Ausbildung zum Trauerbegleiter in Deutschland einen einheitlichen Lehrplan und ein einheitliches Zertifikat verschaffen zu können, versteht sich der Verband inzwischen als Sprachrohr und Interessenvertretung für alle Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise. Sie sind es auch, die sich zur Teilnahme an der Aktion eingeladen fühlen sollen (alle Infos gibt es unter diesem Link). Wer sich ganz kreativ beteiligen möchte, kann sogar versuchen, ganze 365 Beiträge beizusteuern. Also für jeden Tag eines Kalenderjahres einen. Der Kreativität und der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, allein das Oberthema der Aktion gilt es zu beachten:
Menschen wie der Buchautor Peter Wohlleben sehen in solchen Schnitten auch sowas wie Wunden - und vermuten, dass den Wurzeln der Bäume eine immens wichtige Bedeutung zukommt (Thomas-Achenbach-Foto). |
Nämlich die Fragestellung: Was sind Kraftquellen, Stolpersteine, was trägt mich in meiner Achtsamkeit, was ist hilfreich für meine Selbstfürsorge? Was bringt Wut in den Bauch, was streichelt meine Seele? Was lässt mich stolpern und wobei schöpfe ich Kraft? Es geht darum, Gefühle und Ressourcen sichtbar zu machen. In Wort, Bild oder anderen kreativen Ausdrucksformen. Die Idee ist es, aus allen Einsendungen eine bundesweite Wanderausstellung zu schaffen. Gleichermaßen soll die Aktion dazu dienen, wieder fokussierter und konzentrierter durchs Leben gehen zu können. Denn dass sich auf den Smartphones die schnell gemachten Fotos häufen, diese aber kaum mehr wahrgenommen werden, ist ein Phänomen unserer Zeit.
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Erster Beitrag zur Fotoaktion (Januar): Warum auch meine alten ausgelatschten Chucks eine Kraftquelle für mich sind
Zweiter Beitrag zur Fotoaktion (Februar): Kraftquelle Waldeswillen - wie sich ein alter und gestürzter Baum einfach nicht unterkriegen lässt und warum das so gut tut
Dritter Beitrag zur Fotoaktion (März): Kraftquelle Kulturerlebnisse - wie sich mein Leben mit allen Tiefern und Höhen auch in Eintrittskarten abbilden lässt
Vierter Beitrag zur Fotoaktion (April): Kraftquellen Fotografie, Kreativität & Gestaltung: Wie das Fotografieren mir den Zen-Buddhismus näherbringt
Fünfter Beitrag zur Fotoaktion (Mai): Warum blühende Kastanien für mich zu einem Symbol dafür geworden sind, dass sich Krisen auch überstehen lassen
Sechster Beitrag zur Fotoaktion (Juni): Die alte Teekanne meiner Oma als ein Symbol für die Beständigkeit von Geteiltem im Leben - und für erlebtes Leiden
Siebter Beitrag zur Fotoaktion (Juli): Kindheit, die erste Heimat auf dieser Welt - so voller Mysterien und doch so zerbrechlich - von der Wirkmacht der ersten Jahre
Achter Beitrag zur Fotoaktion (August): Eintauchen in andere Welten durch Rock-LPs und ihre Plattencover - wie mir die Vermischung zweier Künste durch die Zeit half
Neunter Beitrag zur Fotoaktion (September): Standfest, sicher und ausgesetzt - warum die Bäume auf einem Osnabrücker Berg einen so hohen Symbolwert haben
Zehnter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die erste): Warum eine fundierte Ausbildung für einen Trauerbegleiter so wichtig ist und warum in meiner Schlümpfe eine Rolle spielen
Elfter Beitrag zur Fotoaktion (Herbst, die zweite): Ein ganzes Leben unter bunten Buchdeckeln - Warum Blanko-Notizbücher eine Kraftquelle sein können
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier.
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