Fundstück des Monats (Foto: Thomas Achenbach).
Sie mag alt sein, aber sie ist weder krank noch sterbend. Sie kann sich weiterhin gut selbst versorgen, aber sie ist einsam. Eine Sterbebegleitung braucht sie nicht. Und auch nicht unbedingt eine Trauerbegleitung, auch wenn sie ihren Mann vor rund drei Jahren verloren hat und die Sehnsucht groß ist. Der Hospizhelfer, der sie regelmäßig besucht, tut dies aus eigenem Antrieb. Er besucht sie einmal die Woche, kocht für sie, spricht mit ihr, ist ihr seelisch nahe. Was ihn dazu motiviert hat, ist ihre große Einsamkeit.
Die Frau, von der die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 7. Februar 2023 im Feuilleton unter der Überschrift "Man sollte sich verabschieden können" berichtet, ist ein Paradebeispiel für eine Betreuungslücke, die in Deutschland zu meist ungefüllt bleibt - und dass es ein Hospizhelfer ist, der sich dieser Aufgabe zuwendet, finde ich absolut passend. Das Hospiz als ein Ort von Reife, vielleicht auch: Lebens-Reife. Das Hospiz als ein Ort von Weisheit und Erfahrung, eben auch. Lebens-Weisheit. Das Hospiz als Sammelpunkt von Lebensverdichtung. Das ist nicht nur marketingtechnisch sinnvoll.
Ein Wort für die benötigte Form von Begleitung gibt es nach meiner Auffassung noch nicht: Einsamkeitsbegleitung wäre vielleicht eine Idee. Einfach-nur-da-sein-Hilfe, das wäre zu sperrig, würde jedoch klar machen, worum es ginge: Eben einfach nur da zu sein, ohne dass es einen akuten lebensverändernden Einschnitt dafür bräuchte. Ich finde das überlegenswert. Mein Fundstück des Monats.
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