Am Anfang war es die Handwerkskammer Koblenz, die diese Idee erstmals in die Öffentlichkeit brachte und einen gewissen Anspruch formulierte - auf Initiative des Palliativmediziners Dr. Martin Fuchs rief sie ein spannendes Projekt zum Thema Trauer in der Arbeitswelt ins Leben, das in einem weiteren Beitrag auf diesem Blog vorgestellt wird. Schon 2012 formulierte der Initiator Martin Fuchs in einem Artikel in der Zeitschrift "Leidfaden" (Ausgabe 3/2012, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht) zum Thema Trauer im Berufsleben: "Sinnvoll wäre es, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das bundesweit zum Einsatz kommt."
Diesen Faden aufnehmend, halte ich es für besonders sinnvoll, eine Notfallmappe anzuregen, die in Unternehmen und Betrieben zum Einsatz kommen kann, wenn ein Trauerfall auftritt. Sei es ein gestorbener Kollege oder ein Mitarbeiter, der mit einem Todesfall im "vermeintlichen Privatleben" konfrontiert ist. Diese Idee ist nicht neu, sie ist auch nicht von mir. Es ist allerdings lange nichts mehr darüber geschrieben worden. Und ich habe mir erlaubt, die bisherigen Inhaltsanregungen um weitere Module zu ergänzen. Ich glaube, das passt so gut in die Zeit. Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement. Betriebliches Gesundheitsmanagement. Betriebliche Gesundheitsförderung. Es tut sich derzeit so viel Wertvolles und Wichtiges im Bereich des Psychosozialen. Arbeitgeber sind offener für diese Themen als noch vor Jahren. Sie wissen: Wer gute Fachkräfte haben will, muss sich auch als sozial kompetent und als attraktiv erweisen. Nur das Thema Trauer hat bislang kaum einer auf dem Schirm. Dabei gehört es in ein betriebliches Sozialmanagement unbedingt mit hinein. Warum?
Trauer ist Chefsache - aber kaum ein Chef ist vorbereitet
Weil der erste Ansprechpartner immer der Vorgesetzte ist und immer sein wird. Oder globaler gesagt: Immer die Führungskräfte sein werden. Allerdings sind in den wenigsten Unternehmen - vermutlich in keinem Unternehmen (steile These)? - die Führungskräfte auf einen solchen Fall vorbereitet. Dann ist es hilfreich, wenn sie eine Notfallmappe des Unternehmens zu diesem Thema vorfinden könnten, die im Intranet hinterlegt ist oder die von der Personalabteilung ausgegeben werden kann.
Menschlich ist es ratsam - betriebswirtschaftlich auch
Sinnvoll ist das alleine schon aus menschlichen Aspekten. Es gibt allerdings auch eine betriebswirtschaftliche Komponente. So schreibt der Referatsleiter Gesundheitsförderung von der gesetzlichen Krankenkasse IKK Südwest, Wilfried Both, in einem Artikel der Zeitschrift "Leidfaden" (dito Ausgabe 3/2012): "Der Produktivitätsverlust durch den so genannten Präsentismus, also die nicht eingebrachte Leistung anwesender Mitarbeiter, ist laut einschlägiger Studien noch bis zu 10-mal größer als bei Fehlzeiten." Menschen in einem Trauerfall sind in der Regel sehr sensibel und hochemotional - sie wissen es daher zu schätzen, wenn man ihnen wertschätzend, offen und kompetent begegnen kann. Für Arbeitgeber ist das eine Chance, sich auch in diesem so schwierigen Segment gut aufzustellen. Und die Arbeitswelt ein wenig menschlicher zu gestalten.
Was muss alles in die Notfallmappe in Sachen Trauer?
Die folgenden Inhalte könnten beispielsweise oder in Teilen Bestandteile einer Firmenmappe über den Umgang mit Tod und Trauer sein, die folgenden Fragen sollten darin beantwortet werden:
- Basisinformationen über Trauer und darüber, wie sie wirkt
- (siehe zu diesem Thema auch die verschiedenen Beiträge auf diesem Blog)
- Telefonnummern für Beratung und Hilfsangebote (Trauerbegleiter, Seelsorge, etc.)
- Unternehmensinterne Regeln für den Trauerfall: Wer schreibt den Kondolenzbrief etc.?
- Formulierungshilfen und Anregungen für die Kondolenzpost (Keine Schablonen!)
- Textvorschläge für die Traueranzeige + Regelungen, wer sich darum kümmert
- Informationen und Anregungen zum öffentlichen Auslegen eines Kondolenzbuches
- Informationen über die im Unternehmen geltenden sozialen Regeln bei Trauer
- Auszüge aus - sofern es einen gibt - dem sozialen Leitfaden des Unternehmens- Rituale/"Best Practice Beispiele" aus der Vergangenheit: Gestaltete Trauerbereiche etc.
- Wie ist die Auflösung des Arbeitsplatzes zu gestalten? Wie die Abteilung einzubinden?
- Literaturanregungen für den Betroffenen, Liste von Büchern/Blogs zum Thema
Es mag sein, dass ein paar der oben angerissenen Ideen (Gestalten eines Trauerbereichs etc.) sich nicht von selbst erklären bzw. zurzeit noch ein wenig kryptisch anmuten - detaillierte Erläuterungen dazu folgen in Kürze in einem weiteren geplanten Beitrag auf diesem Blog zum Thema "Trauer in der Arbeitswelt/Trauer im Berufsleben - was Arbeitgeber tun können", in dem diese Ideen noch vertieft werden. Also: Bald mehr dazu.
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Das Buch zum Thema: "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" von Thomas Achenbach aus dem Campus-Verlag enthält viele Tipps und Anregungen rund um die Themen Trauer am Arbeitsplatz, Mitarbeiter in Pflegeverantwortung und mehr.
Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an. Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de.
Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link
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