Denn der zugrundeliegende seelische Mechanismus, der uns bei den Weltnachrichten das Gefühl vermittelt, überfahren zu werden, ist letztlich identisch mit einer der inneren Reaktionen, die sich bei einem Trauerfall einstellen können. Es geht um Ohnmacht. Und Hilflosigkeit. Als Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, als sich die Engländer für ihren „Brexit“-Ausstieg entschieden, waren viele Deutsche nicht nur überrascht, sondern zum Teil wie gelähmt. Doch es muss gar nicht die große Weltpolitik sein...:
Auch Berichte über tödlich ausgehende Verkehrsunfälle, entführte Menschen oder misshandelte Kinder wecken in manchen Menschen ein Gefühl des Überfahrenseins. Als "klassische Hilflosigkeitssituation“ beschreibt der Psychologie-Professor Jürgen Margraf solche und ähnliche Fälle in einem Artikel der Deutschen Presse-Agentur (dpa) über das„Trump-Tief der Deutschen“ (November 2016).
Ausgeliefert und machtlos und hilflos
Das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Das Gefühl, dass die ganze Welt unwirklich geworden ist und einen nicht mehr erreicht, als sei sie hinter einem Nebelschleier versteckt. Das Gefühl, nichts, aber auch gar nichts, tun zu können, was die aktuelle Lage verändert. Von diesen und ähnlichen Zuständen berichten auch Trauernde oftmals. Aber eben nicht nur sie – auch die Konsumenten von Nachrichten aller Art erleben, wenn auch in einer geringeren Dosis, eine ähnliche Reaktion auf das, was sie da hören. Es ist alles so schrecklich... Es kann doch alles gar nicht wahr sein. Wird dann oft gesagt. Und so wird es auch erlebt.
Was hilft gegen Nachrichtenüberforderung?
Was kann helfen? Schon 2011 hatte ich das Thema der „Nachrichtenüberforderung“ und der dadurch geweckten Ängste mit einer Psychologin und Buchautorin besprechen können – in Form eines Interviews für die „Osnabrücker Nachrichten“. Was die in Bad Essen lebende Dr. Elisabeth Mardorf damals an Tipps parat hatte, ist noch immer hilfreich.
Zum Beispiel das simple Darüber-Reden: „Wenn man das Gefühl hat, man wird überwältigt und ohnmächtig von einem Durcheinander an Ängsten, dann ist es schon sinnvoll, dass man mit diesen Gefühlen nach außen geht.“ Deshalb sollte eine zentrale Frage lauten: „Mit wem kann ich sprechen über meine Ängste? Manchmal ist ja alleine schon das Darüber-Sprechen eine Entlastung.“ Hilfreich dabei ist es vor allem, der Vielfalt der Ängste auf die Spur zu kommen. Denn das hat sicher schon jeder einmal erlebt:
Was immer hilft: Sich verstanden fühlen. Ganz.
Dass sich aus Ängsten so eine Art diffuse Ursuppe zusammenbraut, in der sich vieles vermischt. Das kennen wir alle, oder? In einem E-Mail-Dialog mit einer guten Freundin habe ich neulich noch über "unsere Angst" geredet. SIngular. Dann entschlossen wir, diesen Dingen mal konkreter nachzuspüren. Und siehe da, am Ende waren es 12 und mehr verschiedene Ängste vor ganz unterschiedlichen Dingen - Plural. Große und kleine Ängste, alle durcheinander, aber als empfunden als ein "großes Ganzes".
Die Weltenlage einfach mal aushalten, so wie sie ist
Und das kann auch bei dem Gefühl, von der Weltlage überfahren zu sein, hilfreich sein: Wer seine Ängste (mit-) teilen kann, sich in ihnen verstanden fühlt, der wird eher in die Lage kommen, die Weltenlage so aushalten zu können, wie sie nun einmal ist (und zu akzeptieren, wo die Grenzen sind, wo man nichts mehr tun kann). Es kann sicher niemals schaden, seine Ängste (und alle anderen Gefühle) offen anzusprechen. Das geschieht noch viel zu wenig. Das gilt übrigens auch für Trauernde: Viele erleben es den Angaben von erfahrenen Begleitern zufolge immer wieder als ungemein hilfreich, wenn sie sich einfach verstanden fühlen, wenn sie frei von der Leber einfach über alles sprechen dürfen, ohne das Gefühl haben zu müssen, sich beschränken zu müssen.
Aleinesein ist hilfreich - jedenfalls bei Nicht-Trauernden
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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Mehr Infos gibt es hier.
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