Mittwoch, 27. September 2017

Vorgestellt: Drei neue Bücher rund um Trauer und Verlust und persönliche Krisen - Wenn die Eltern sterben, wenn Kollegen trauern, wenn Du Dir mit Schreiben hilfst

Drei Bücher, drei mal vorgestellt... (Thomas-Achenbach-Fotos)

Osnabrück - Drei neue Bücher rund um das Thema Trauer liegen vor mir auf meinem Schreibtisch, die ich hier und heute gerne vorstellen möchte...  

1.) "Trauern, wenn Mutter oder Vater stirbt" / Eva Terhorst

Kurzbeschreibung des Buches: Das neue Buch von Eva Terhorst, mit der ich hier auf diesem Blog auch unsere Dialoge zum Thema Trauer und Verlust gestalten darf, wofür ich sehr dankbar bin. Eva hat sich inzwischen in der Welt der Trauerbuchautoren einen guten Namen machen können und bringt mittlerweile ihr viertes Buch auf den Markt. Bekannt geworden war sie anfangs mit "Das erste Trauerjahr". Trotz der wechselnden Hintergrundfarben lässt sich schon an den Trademarks der Covergestaltung erkennen: Ah, das ist das neue Buch von Eva Terhorst. Geschickt gemacht. Veröffentlicht im Herder Verlag, Taschenbuch, 156 Seiten, 18 Euro.

Wie ich auf das Buch aufmerksam geworden bin: Der Verlag hatte es mir auf Evas Bitte hin zugeschickt. Das war eine schöne Überraschung für mich: Das Buch war irgendwann einfach in der Post, unangekündigt, prima.

Wie ich dieses Buch gelesen habe: Einmal unter dem Gesichtspunkt, ob es für Trauernde oder für Menschen nach einem Verlust hilfreich sein kann, zum zweiten aber auch mit der Neugier, wie das neue Buch geworden ist, weil ich Eva ja nun kenne und wir auch zusammen etwas schreiben.

Was mir an dem Buch gefällt: Das Thema. Ich kenne Menschen, die der Tod ihrer Eltern wirklich hart getroffen hat. Daher glaube ich, dass es durchaus Bedarf für ein solches Buch gibt. Zumal Eva in keinster Weise der Versuchung erliegt, die naturgemäß auch nicht immer einfache Eltern-Kind-Beziehung (die ja auch im Erwachsenenalter eine solche bleibt) irgendwie schönzufärben: Dass es da auch mal schwierig wird, dass es Verletzungen gibt, dass Eltern manchmal auch Dinge tun, die man ihnen vergeben muss und wie schwer das manchmal ist... das und mehr wird nicht ausgespart. Das macht das Buch so gut, weil so realitätsbezogen. Oder die in vielen Trauernde bohrende Frage, welcher immense Schatz an Wissen mit den Eltern ins Grab gegangen ist, Wissen, das jetzt nicht mehr zur Verfügung steht, über Verwandte, Familiengeschichten, aber auch eigene Erfahrungen... das ist tatsächlich ein immer wieder angesprochenes Thema nach dem Tod der Eltern, was für ein enormer Verlust das sein kann. Hierzu findet Eva angenehm klare und gute Worte. Sehr gelungen.

Wo ich beim Lesen noch Fragezeichen hatte: Eva macht einen längeren Exkurs zum Thema Weinen und Tränen. Das ist richtig und wichtig, allerdings müsste das Bestandteil eines jeden Trauerbuchs sein - in einem Buch über den Verlust der Eltern hätte ich persönlich das noch am allerwenigsten erwartet. An einer Stelle zitiert Eva zudem Katie Byrons Methode "The Work"... Da muss ich ehrlicherweise gestehen, dass ich dieser Methode eher mit Skepsis gegenüberstehe. Hat bei mir noch nie funktioniert, wenn ich ehrlich sein soll. Aber das bin nur ich. 




2.) "Die Seelenfeder"/Beatrix Schulte

Kurzbeschreibung des Buches: Im Grunde ein einziges, großes und mit viel Leidenschaft entwickeltes Plädoyer für die Kraft und Magie des Schreibens, verbunden mit zahlreichen Ideen und Anregungen, wie man es für sich selbst entdecken oder mal ausprobieren könnte. Veröffentlicht in der Edition Achtsamkeit des Helmut Lingen Verlags, Taschenbuch, 143 Seiten, 9,95 Euro.

Wie ich auf das Buch aufmerksam geworden bin: Eine das Buch vermarktende Promotionfirma war auf meinen Blog aufmerksam geworden und hatte mich angeschrieben, ob es mich nicht interessieren würde. Ich habe geantwortet, dass ich es mir gerne mal ansehe. Ganz abgesehen davon war das in diesem Blog auch schon Thema: die Frage, wie das Schreiben einem in einer Trauersituation helfen kann.

Wie ich dieses Buch gelesen habe: Rein aus der Perspektive eines Trauerbegleiters - aber weil dieses Thema in dem Buch nur einen Randaspekt darstellt, bin ich damit nicht die eigentliche Zielgruppe des Buches. Das sind alle Menschen jedweder Art, die am Schreiben interessiert sind.  

Was mir an dem Buch gefällt: Die spürbare Leidenschaft, mit der sich die Autorin Beatrix Schulte - gleichzeitig Bloggerin - dafür stark macht, dass man es mit dem Schreiben ruhig einmal versuchen sollte (dem kann ich mich nur aus vollen Herzen anschließen). Und die Liste mit den vielen Anregungen, die sie am Ende des Buches zusammengetragen hat, ist einerseits überraschend vielfältig, andererseits angenehm pointiert zusammengefasst. Das ist tatsächlich sehr gelungen. Dass sie einen wertvollen Schatz an allerlei Zitaten über das Schreiben geschickt mit einbaut in ihre Texte, macht das Buch zusätzlich angenehm.


Wo ich beim Lesen noch Fragezeichen hatte: Für Trauernde bzw. für Menschen in einer Verlustkrise ist das Buch eher ungeeignet. Aus zwei Gründen. Zum einen, weil sich Beatrix Schulte entschieden hat, ihre Reise in die Welt des Schreibens auch als eine persönliche Reise durch Spanien und verschiedene Cafés zu gestalten. So ist das Buch gleichzeitig auch ein mit vielen Details ausgeschmückter Reisebericht aus der Welt des Schönen und Erträglichen - und damit für Menschen in einer Krisensituation eher schwierig zu ertragen. Zum zweiten, weil die Traueraspekte zwar an zwei Stellen im Buch vorkommen, aber nur als Randaspekte. Was Beatrix Schulte hier als Trauertagebuch zum Selberschreiben vorschlägt, ist mehr eine Suche nach biographischen Erinnerungen, also mehr eine Art Familientagebuch. Wertvoll ist das auch, aber es gäbe noch mehr Methoden, mit denen Trauernde arbeiten könnten. Dass sich Beatrix Schulte dafür stark macht, möglichst mit der Hand auf Papier zu schreiben, mag bei ihr gut funktionieren - für mich selbst wäre das indes eine Katastrophe. Meine Handschrift kann selbst ich schon nach kurzer Zeit kaum noch entziffern und als Linkshänder verschmiere ich alles, was irgendwie aus Tinte besteht...  (Anmerkung, 1. 10. 2017: In einer ersten Version dieses Beitrags hatte ich die Reise der Autorin irrtümlich nach Frankreich verlegt - ich danke für den korrigerenden Hinweis).



3.) "Wenn Kollegen trauern"/Franziska Offermann

Kurzbeschreibung des Buches: Mehr eine allgemeine, dabei aber viele wertvolle Details auslotende Reise in die Trauer, liefert dieses Buch einen guten Überblick darüber, was Trauer alles sein kann, was sie mit einem machen kann, welche Gefühle sie auslösen kann und was Menschen in einer Trauersituation helfen könnte. Obwohl das Buch "Wenn Kollegen trauern" heißt und diese Aspekte durchaus nicht unerwähnt bleiben, ist es im Grunde mehr ein ganz allgemeines Buch über den Umgang mit Trauer und Trauernden. Kösel Verlag, fester Einband, 224 Seiten, 19,99 Euro. 

Wie ich auf das Buch aufmerksam geworden bin: Weil ich in diesem Blog schon viele Beiträge für mein Jahresthema "Trauer in der Arbeitswelt/Trauer im Beruf" geschrieben habe und weil das Thema "Was können Kollegen tun?" noch in der Recherche und in der Pipeline steckt, war ich zufällig durch die Suchmaschinen auf das Buch gestoßen und hatte den Kösel Verlag gefragt, ob er mir ein Exemplar zuschicken könnte.

Wie ich dieses Buch gelesen habe: Genau unter diesem Aspekt: Was können Kollegen tun, wenn jemand in einer Trauerkrise steckt und vielleicht wieder in den Arbeitsprozess einsteigt.

Was mir an dem Buch gefällt: Dass es tatsächlich erstmal den großen Bogen aufmacht und die oben gestellte Frage ganz außer acht lässt, sondern zunächst einmal ganz allgemein die Trauer beschreibt. Das ist im ersten Augenblick irritierend, weil ich etwas anderes gesucht hatte, aber wenn man davon ausgeht, dass die Leser des Buches ja auch alle "Neulinge" in diesem Segment sind, ist es genau der richtige Ansatzpunkt. Dass die Autorin im weiteren Verlauf verschiedene Beispielgeschichten von Menschen in verschiedenen Krisensituationen wie einen roten Faden durch das Buch laufen lässt und dabei auch die Knackpunkte aufzeigt, die im Berufsleben auftreten können (u.a. auch Missgunst, Mobbing und Missachtung, das gehört ja leider auch dazu und es ist gut, dass das Buch es nicht ausspart), macht es lesenswert.


Wo ich beim Lesen noch Fragezeichen hatte: Der Titel des Buches ist meiner Meinung nach irreführend. Denn so wie ich gedacht hatte "Ah ja, das Buch richtet sich ausschließlich an Kollegen im Berufskontext und an Führungskräfte"; so wird es ja vielen Lesern gehen. Aber das Buch geht weiter und ist letztlich auch im Familienkontext genauso brauchbar bwz. es gibt auch ganzen Unternehmen Tipps, wie sich eine gute Trauerkultur inklusive Resilienzgedanken aufbauen lässt - letztlich also ein Buch über jeglichen Aspekt von Trauer im Arbeitskontext, nicht alleine unter Kollegen


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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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