Osnabrück (eb) - Sich alte Fotos anzusehen, auf denen auch die Verstorbenen zu sehen sind, ist ein zweischneidiges Schwert. Vielen Trauernden fällt das besonders schwer. Eine so radikale, weil unmittelbare Auseinandersetzung mit dem, was einstmals so schön gewesen ist, fährt dann oftmals wie ein Messerstich in die Seele. Der Boden tut sich auf, der erlittene Verlust wird überdeutlich. Und das ist verständlich so: Denn jedes Mal, wenn wir etwas fotografieren, ist der Verlust des Erlebten ja bereits in dem entstehenden Bild angelegt. Weil sich ja gar nicht alles festhalten lässt, was einen Augenblick des Lebens so ausmacht. Daraus lässt sich viel lernen - über das Leben und über das Trauern...
Der
Fotograf Clark Little – bekannt für seine Fotos sich brechender Meereswellen –
hat einmal gesagt: "Ich gehe dorthin, wo es wunderschön ist – und wehtut" („I’m going
where it’s beautiful – and hurts“). In diesem kleinen Satz steckt mehr Weisheit
drin als es zunächst den Anschein macht. Denn die Formulierung lässt bewusst
offen, ob der Fotograf hier zwei unterschiedliche Orte beschreibt, zu denen er
geht – oder ob es sich um ein- und denselben Ort handelt. Kann Schönheit weh
tun? Kann das Foto eines großartigen Lebensaugenblicks auch Schmerz vermitteln? Vermutlich kann es das. Man muss nicht einmal in einer Trauerphase sein, um das zu ahnen.
"Jedes Foto enthält den kommenden Schmerz des Verlusts - schon in seinem Entstehen": So oder so ähnlich lautet ein Satz, den ich jüngstens im Internet entdeckt hatte. Und den aufzuschreiben ich leider, leider versäumt habe (und das, obwohl ich dauerhaft ein "Supernotizbuch" für alle Angelegenheit bei mir herumtrage, sehr ärgerlich), weswegen ich leider nicht mehr sagen kann, von wem die Worte stammen. Aber die dahinter liegende Philosophie spricht mich an. Denn was ist ein Foto? Es ist das Abbild eines als wertvoll erlebten Augenblicks, einer Glückssekunde. Und wie nicht nur Trauernde erleben: Jeder Augenblick kann ebenso schnell vorbei sein wie er gekommen ist - und Deine ganze Welt kann sich von einem Moment auf den anderen genauso radikal verändern.
Insofern kann die Fotografie eben auch eines sein: Eine Wahrnehumgsschulung. Meinend: Eine Schulung darin, den soeben erlebten Augenblick (oder, um den Bogen in zen-philosophischer Hinsicht noch weiter zu spannen: Atemzug) bewusst wahrzunehmen und zu würdigen. Das ist übrigens eine Fähigkeit, die richtig trainiert werden muss und die nicht automatisch kommt - meiner Meinung nach muss sie ständig trainiert werden. Denn wir Menschen sind schon rein evolutionstechnisch darauf gepolt, vor allem auf das Negative zu achten (Achtung, Gefahr, jetzt das Überleben sichern). Idealerweise beginnt ein solches Training in einer Nicht-Trauerphase, es ist aber auch während des Trauerns - in begrenztem Umfang - möglich (dazu später mehr auf diesem Blog).
Was Trauernden besonders weh tut, ist ein unbedachter Satz wie "Ihr hattet doch eine schöne gemeinsame Zeit, dafür kann man ja dankbar sein". Es gibt einen Verlustschmerz, der das Gefühl von Dankbarkeit für eine Weile aus dem Leben ausschließt. Trauernde sind für einen dankbaren Rückblick auf Erlebtes dann kaum in der Lage, weil alles andere noch zu groß ist. Vielleicht kommt es irgendwann zurück, wenn die Wellen des Schmerzes nicht mehr alles mit sich fortspülen - aber das braucht eine - unter Umständen lange - Zeit. In der Zwischenzeit ist es verständlich, wenn die Bilder erstmal liegenbleiben. Unangesehen. Und letztlich gilt auch für Fotos doch auch das, was für alle Dinge gilt: Das wirklich Wichtige hat man im Herzen. Oder?
Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück sowie im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Mehr Infos gibt es hier.
Ebenfalls auf diesem Blog: Wie funktioniert eigentlich Trauerbegleitung? Was bringt sie? Und wird das Ganze von den Krankenkassen bezahlt - hier klicken...
Ebenfalls auf diesem Blog: Menschen können wieder lernen, Trauernden unbefangen zu begegnen - neues Buch macht sich für eine neue Trauer- und Bestattungskultur stark
Ebenfalls auf diesem Blog: Zehn Tipps für einen hilfreichen Umgang mit Trauernden - für Angehörige, Freunde und Kollegen
Und im Kultur-Blog des Autors: Wie man als Autor vom Schreiben leben kann - Tipps für Hobbyautoren von einem echten Profi (und ein Plädoyer fürs Selfpublishing)
Und außerdem im Kultur-Blog des Autors: Warum die "Live-im-Kino"-Ereignisse ein großer Wachstumsmarkt, was die Branche noch Spannendes plant und warum sie medial gesehen zwischen allen Stühlen sitzt - ein Interview rund um Rock'n'Roll & Oper im Kino
Tut weh: Alte Fotos angucken. (Thomas-Achenbach-Foto) |
"Jedes Foto enthält den kommenden Schmerz des Verlusts - schon in seinem Entstehen": So oder so ähnlich lautet ein Satz, den ich jüngstens im Internet entdeckt hatte. Und den aufzuschreiben ich leider, leider versäumt habe (und das, obwohl ich dauerhaft ein "Supernotizbuch" für alle Angelegenheit bei mir herumtrage, sehr ärgerlich), weswegen ich leider nicht mehr sagen kann, von wem die Worte stammen. Aber die dahinter liegende Philosophie spricht mich an. Denn was ist ein Foto? Es ist das Abbild eines als wertvoll erlebten Augenblicks, einer Glückssekunde. Und wie nicht nur Trauernde erleben: Jeder Augenblick kann ebenso schnell vorbei sein wie er gekommen ist - und Deine ganze Welt kann sich von einem Moment auf den anderen genauso radikal verändern.
Das muss trainiert werden: Das Gute im Leben wahrzunehmen
Insofern kann die Fotografie eben auch eines sein: Eine Wahrnehumgsschulung. Meinend: Eine Schulung darin, den soeben erlebten Augenblick (oder, um den Bogen in zen-philosophischer Hinsicht noch weiter zu spannen: Atemzug) bewusst wahrzunehmen und zu würdigen. Das ist übrigens eine Fähigkeit, die richtig trainiert werden muss und die nicht automatisch kommt - meiner Meinung nach muss sie ständig trainiert werden. Denn wir Menschen sind schon rein evolutionstechnisch darauf gepolt, vor allem auf das Negative zu achten (Achtung, Gefahr, jetzt das Überleben sichern). Idealerweise beginnt ein solches Training in einer Nicht-Trauerphase, es ist aber auch während des Trauerns - in begrenztem Umfang - möglich (dazu später mehr auf diesem Blog).
Nicht hilfreich: "Ihr hattet doch eine so schöne Zeit..."
Was Trauernden besonders weh tut, ist ein unbedachter Satz wie "Ihr hattet doch eine schöne gemeinsame Zeit, dafür kann man ja dankbar sein". Es gibt einen Verlustschmerz, der das Gefühl von Dankbarkeit für eine Weile aus dem Leben ausschließt. Trauernde sind für einen dankbaren Rückblick auf Erlebtes dann kaum in der Lage, weil alles andere noch zu groß ist. Vielleicht kommt es irgendwann zurück, wenn die Wellen des Schmerzes nicht mehr alles mit sich fortspülen - aber das braucht eine - unter Umständen lange - Zeit. In der Zwischenzeit ist es verständlich, wenn die Bilder erstmal liegenbleiben. Unangesehen. Und letztlich gilt auch für Fotos doch auch das, was für alle Dinge gilt: Das wirklich Wichtige hat man im Herzen. Oder?
Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück sowie im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Mehr Infos gibt es hier.
Ebenfalls auf diesem Blog: Wie funktioniert eigentlich Trauerbegleitung? Was bringt sie? Und wird das Ganze von den Krankenkassen bezahlt - hier klicken...
Ebenfalls auf diesem Blog: Menschen können wieder lernen, Trauernden unbefangen zu begegnen - neues Buch macht sich für eine neue Trauer- und Bestattungskultur stark
Ebenfalls auf diesem Blog: Zehn Tipps für einen hilfreichen Umgang mit Trauernden - für Angehörige, Freunde und Kollegen
Und im Kultur-Blog des Autors: Wie man als Autor vom Schreiben leben kann - Tipps für Hobbyautoren von einem echten Profi (und ein Plädoyer fürs Selfpublishing)
Und außerdem im Kultur-Blog des Autors: Warum die "Live-im-Kino"-Ereignisse ein großer Wachstumsmarkt, was die Branche noch Spannendes plant und warum sie medial gesehen zwischen allen Stühlen sitzt - ein Interview rund um Rock'n'Roll & Oper im Kino
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen